Optimierung der Energieeffizienz eines RZs

Die wahren Werte der Energiebilanz

2. Dezember 2016, 8:00 Uhr | Von Bernd Hanstein.

Einer der großen Kostenblöcke im laufenden IT-Betrieb ist die Kühlung. Abhängig von der Gesamteffizienz der Anlage kann bis zu einem Drittel der zugeführten Energie auf die Kühltechnik entfallen. Daher ist es sehr sinnvoll, das Betriebskonzept von Zeit zu Zeit unter die Lupe zu nehmen und das Rechenzentrum im Hinblick auf Optimierungspotenzial zu untersuchen. Wichtigster Pluspunkt: Ökonomie und Ökologie lassen sich perfekt in Einklang bringen.

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Die Temperaturüberwachung stellt eine Minimalanforderung für den sicheren IT-Betrieb dar. Über Monitoring-Systeme wie das modular aufgebaute Computer Multi Control (CMC) III von Rittal lassen sich IT-Umgebungen überwachen.

Der ständig wachsende Bedarf nach mehr IT-Leistung treibt den Aufwand für die Klimatisierung im Rechenzentrum nach oben. Wer heute ein Rechenzentrum betreibt, muss daher kontinuierlich die Energiekosten im Blick haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Unternehmen nur ein IT-Rack in einem klimatisierten Technikraum betreibt oder eine High-Performance-Computing-Umgebung aufgebaut hat. Der rasante technische Fortschritt führt dazu, dass es sich schon nach wenigen Jahren lohnt, das bestehende Kühlkonzept im Hinblick auf das Optimierungspotenzial zu untersuchen.

Die Basis schaffen

Um ein bestehendes System zu optimieren, müssen die Verantwortlichen zunächst Vergleichswerte ermitteln. Mithilfe einiger weniger zentraler Kennzahlen können sie den Status quo ihrer Anlage eruieren. Einer der bekanntesten Angaben ist die Power Usage Effectiveness (PUE), die als ein Leitwert für die Energieeffizienz gilt. Bei einem Rechenzentrum gibt dieser Wert den Anteil an zusätzlicher elektrischer Energie an, die nicht in Rechenleistung umgewandelt wird. Ein PUE von 2 bedeutet also, dass für jedes Kilowatt, das die Server und die IT-Infrastruktur nutzen, ein weiteres Kilowatt durch Umgebungsdienste wie Kühlung, Stromabsicherung und Stromverteilung verbraucht werden. Der Industriestandard liegt bei einem PUE-Wert von 1,4, während sehr homogen aufgebaute und mit weitgehend konstanter Leistung betriebene und entsprechend optimierte Rechenzentren Werte von 1,2 erreichen. Dass Rechenzentren hinter die Industrievorgaben zurückfallen, kann eine ganze Reihe von Gründen haben. Doch fast immer sind ineffiziente Kühlsysteme daran beteiligt.

Für sich allein genommen macht der PUE-Wert als Metrik keine Aussage darüber, ob der Betreiber wirklich Strom einspart. Die PUE-Angabe sagt nämlich nichts über den Gesamtverbrauch eines Rechenzentrums aus. Ist zum Beispiel die Server-Einblastemperatur höher angelegt, dann sinkt der zur Kälteerzeugung benötigte Stromanteil. Ist die Temperatur jedoch so hoch, dass die Ventilatoren der Server auf Volllast gehen, steigt der Stromverbrauch der IT-Geräte an. Damit verbessert sich zwar der PUE-Wert vordergründig, der Stromverbrauch steigt jedoch ebenso. Der PUE-Wert eines Rechenzentrums ist daher immer lastabhängig zu betrachten.

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CMC III ist ein Alarmsystem für Netzwerk und Server-Schränke, Schaltschränke, Rechenzentrumscontainer sowie IT-Sicherheitsräume. Es überwacht Temperaturen, Luftfeuchtigkeit, Zugang, Rauch, Energie und viele weitere physische Umgebungsparameter. Es kann bis zu 32 Sensoren oder 162 digitale Eingänge und 65 Relaisausgänge verknüpfen.

Für die interne Verbrauchsmessung eignet sich der Wert pPUE (partial Power Usage Effectiveness), der nur einen Teilbereich des Rechenzentrums betrachtet. So ist es zum Beispiel zulässig, bei der Berechnung eines pPUE-Werts die Kälteerzeugung mithilfe eines Freikühlers oder Chillers nicht zu berücksichtigen. Das Ergebnis zeigt, wie effizient ein Rechenzentrum oder ein Modul ohne die externe Kälteerzeugung arbeitet. Die Schnittstelle des pPUEs wäre in diesem Falle die Gebäudegrenze der Technik- und Server-Räume.

Eine weitere sinnvolle Kennzahl ist der Wert DCiE (Data Center Infrastructure Efficiency). Dieser ist als der Kehrwert des PUEs definiert: Alle IT-Geräte wie Server, Switches oder Storage-Systeme stehen in Relation zur Gesamtleistung des Rechenzentrums (IT-Infrastruktur und IT-Geräte). Der DCiE-Wert erscheint als Prozentzahl - ein ideales Rechenzentrum hätte somit einen DCiE-Wert von 100 Prozent. Um die Nachhaltigkeit abzusichern, sollte eine Betrachtung von PUE und DCiE anhand von Trendanalysen erfolgen, die den Jahresverlauf wiedergeben. Dies ist notwendig, da die Kälteerzeugung von den äußeren klimatischen Einflüssen des jeweiligen Standorts abhängig ist.

Kältemaschinen im Blick

Wer gezielt das Kühlsystem analysieren will, greift auf Werte wie die Energy Efficiency Ratio zurück. Die EER-Kennzahl definiert das Verhältnis der Kühlleistung zur aufgenommenen elektrischen Leistung. Je größer der EER-Wert ausfällt, desto effizienter ist die elektrische Energie genutzt, um Kälte zu erzeugen. Darüber hinaus kommt die sogenannte COP-Metrik (Coefficient of Performance) zum Einsatz. Dieser Wert gibt bei einer Wärmepumpe oder Kältemaschine das Verhältnis der Änderung der Wärme zu der dazu aufgewandten Arbeit (Kühlleistung/aufgewandte Arbeit) an. Die Normen DIN EN 255 und DIN EN 14511 beschreiben, wie COP und EER zu ermitteln sind, sodass Leistungsdaten zu Kältemaschinen miteinander vergleichbar werden.

Zehn wichtige Kennzahlen zur Effizienz von Rechenzentren
  • Power Usage Effectiveness (PUE)
  • partial Power Usage Effectiveness (pPUE)
  • Data Center Infrastructure Efficiency (DCiE)
  • Carbon Usage Effectiveness (CUE)
  • Water Usage Effectiveness (WUE)
  • Energy Efficiency Ratio (EER)
  • Coefficient of Performance (COP)
  • European Seasonal Energy Efficiency Ratio (ESEER/SEER)
  • USV-Leistungsfaktor (cos)
  • AC-AC-Effizienz

Da die Effizienz eines Kältesystems auch von den äußeren klimatischen Bedingungen abhängig ist, gibt es mit der ESEER/SEER (European/Seasonal Energy Efficiency Ratio) zudem eine Kennzahl, um die Temperaturschwankungen der Jahreszeiten zu berücksichtigen. Damit lässt sich der EER auf äußere Temperatureinflüsse anpassen.

Trendanalysen helfen bei der Bewertung

Auf Basis dieser und weiterer Kenngrößen sind IT-Verantwortliche in der Lage, eine systematische Analyse der IT-Infrastruktur vorzunehmen. Dies macht dann Verbesserungen gegenüber den Vergleichsmonaten des Vorjahrs sichtbar, und Ursachen für Abweichungen von den Zielwerten sind erkennbar. Eine Aufbereitung als Trendanalyse hilft dabei, die Ursachen für Abweichungen so darzustellen, dass die Informationen auch für andere Fachbereiche sowie für das Management verständlich werden. Weiterhin lassen sich über Metriken einzelne Komponenten und ganze Gewerke einstufen, um so die Lösungen verschiedener Anbieter zu vergleichen.

Strategische Betrachtung

Mit diesen Kennzahlen und Statistiken ausgestattet, sollte im nächsten Schritt das Betriebskonzept als Ganzes analysiert werden. Dabei geht es beispielsweise darum, zu betrachten, welcher Grad an Ausfallsicherheit für die IT-Umgebung nötig ist. Ist es tatsächlich notwendig, ein komplett redundantes Kühlsystem zu betreiben, oder reicht auch eine einfach redundante Lösung? Dabei stehen zwar die Investitionskosten im Vordergrund, die aber auch in Relation zum Einsatzzweck der IT zu betrachten sind. Bekanntlich benötigt ein rund um die Uhr verfügbarer Onlineshop eine höhere Ausfallsicherheit als eine interne Bestellplattform für Büromaterial. Weitere Aspekte können sein, wie hoch die Umsatz- und Reputationseinbußen bei einem IT-Ausfall tatsächlich sind oder ob Produktionsprozesse ohne eine funktionierende IT stillstehen würden. Auf Basis dieser Antworten entsteht ein Nutzungskonzept mit Anforderungen an die IT-Verfügbarkeit, wodurch sich erste Parameter für ein Klimakonzept ableiten lassen.

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Abhängig vom Einsatzzweck kann es kostengünstiger sein, gezielt einzelne Racks zu kühlen, anstatt einen kompletten Raum zu klimatisieren. Das LCU DX bietet als Split-Kühlgerät eine kältemittelbasierende Schrankkühlung.

Im nächsten Schritt wird das Projektteam das Monitoring sowie die Alarmmeldekette definieren: Was passiert genau, wenn sich ein Klimagerät nicht mehr meldet und offenbar ausgefallen ist? Eine Lösung zur Temperaturüberwachung stellt eine Minimalanforderung für den sicheren IT-Betrieb dar und ist für wenige Hundert Euro realisierbar.

Steht ausreichend Strom bereit?

Bei der Planung der benötigten Kühlleistung ist darauf zu achten, dass diese auch über die vorhandene Stromverteilung realisierbar ist. Für die Planung addieren die Techniker meist einfach die Wärmeleistung der installierten IT-Komponenten. Angaben dazu finden sich in den Datenblättern. Hat zum Beispiel ein Server eine elektrische Leistung von 500 Watt und sind in einem IT-Schrank von diesem Typ vier Stück verbaut, ergibt sich daraus eine zu kühlende Leistung von 2.000 Watt. Erfahrungen von Herstellern wie Rittal haben gezeigt, dass ein Wert von rund 5 kW pro IT-Schrank ein gängiger Mittelwert bei kleineren IT-Umgebungen ist. Um nicht zu viel Kühlleistung zu installieren, hilft auch ein Blick auf die dem Rechenzentrum zugeführte Gesamtenergie, denn mehr als diese müssen die Systeme definitiv nicht kühlen.

So gelingt der Start

IT-Manager sollten bei der Planung frühzeitig alle am IT-Betrieb beteiligten Abteilungen mit ins Boot holen. Bei Klimatisierung und Energieversorgung sind häufig Spezialisten aus dem Facility-Management notwendig, um die Integration des Rechenzentrums oder auch nur einzelner IT-Schränke in die bestehende Haustechnik sicherzustellen. Nur durch die enge und kontinuierliche Zusammenarbeit stellen IT-Verantwortliche sicher, dass die Verfügbarkeit der IT-Umgebung dauerhaft gesichert ist und dass sich auch innovative Lösungen zur Energieoptimierung realisieren lassen.

Bernd Hanstein ist Hauptabteilungsleiter Produkt-Management IT bei Rittal in Herborn ().

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