Nachhaltig mit Hardware und Umwelt umgehen

Heiß kühlt besser

3. August 2022, 7:00 Uhr | Bernhard Seibold und Conrad Wächter/am
Bild 1. Die 2HE-Intel-Dual-CPU RI2208-LCS Scalable verfügt über eine Direkt-Heißwasserkühlung.
© Thomas.Krenn

Auch die effizienteste Hardware braucht Kühlung – und genau an dieser Stelle verschenken Unternehmen noch zu oft viel Potenzial. Bei der Umsetzung eines energetischen Ende-zu-Ende-Konzepts können Unternehmen nicht nur die Hardware schonen, sondern auch die Umwelt und den Geldbeutel.

Kosten, Ökologie, mehr energetische Unabhängigkeit – es gibt viele gute Gründe, ein Rechenzentrum nicht nur im Hinblick auf die Leistung, sondern auch auf den Stromverbrauch zu optimieren. Je geringer der Kühlaufwand von leistungsstarken Chipsätzen ist und je mehr sich nutzbare Wärme abführen lässt, desto positiver wirkt sich das auch auf die Gesamtenergiebilanz aus. Doch selbst beim besten Wirkungsgrad entstehen immer Verluste. ­Daher muss ein ganzheitliches Energie-konzept zusätzlich die Frage beantworten: Wie lässt sich die Abwärme nicht nur reduzieren, sondern auch bestmöglich verwerten?

Nachverwertung

Die Lösung kann in einer Vielzahl von Fällen eine Heißwasserkühlung in Kombination mit entsprechender Zweit- oder Nebennutzung sein. Damit eine solche Nachverwertung erfolgreich funktioniert, ist die effektive Ableitung der Wärme von den Chipoberflächen die Grundvoraussetzung. Die erwähnte Heißwasserkühlung stellt hierbei neben sogenannten Engineering-Fluids eine effektive Lösung dar: Wasser ist aufgrund seiner hervorragenden Wärmetransporteigenschaften als Kühlmedium zirka 3.800-mal besser als Luft; und die Nutzung des bereits im Kühlsystem befindlichen heißen Wassers ist energetisch ideal für Folgeprozesse wie die Abgabe der Energie in ein Nahwärmenetz. Weitere Beispiele für eine Nachnutzung sind die Aufbereitung von Trinkwasser oder die Heizung von direkt angeschlossenen Gebäudeteilen.

Temperaturfenster und Wärmetausch

Als besonders effizient für eine Kühlung mit Nachnutzung hat sich eine Eingangstemperatur von etwa 50 bis 55 °C erwiesen, die in einer resultierenden Ausgangstemperatur von etwa 60 °C mündet. Auf diese Weise lässt sich der Bedarf an zusätzlicher Kühlung durch eine Klimaanlage minimieren und gleichzeitig ist eine sinnvolle Verarbeitung der Wärmeenergie möglich. Mit besagten 60 °C lässt sich vor allem fast ganzjährig überall auf der Welt ein Kühleffekt direkt gegen die Umgebungsluft erreichen, selbst wenn keine direkte Nachnutzung möglich ist. Grundsätzlich ist eine Spreizung von zehn Kelvin in jede Richtung ein anzustrebender Zielwert.

Der eigentliche Transport der Energie erfolgt über einen Wärmeüberträger. Auf diese Weise entsteht ein geschlossenes Kühlsystem, bei dem kein Arbeitsfluid verdunstet. Die Kühlkörper sind in der Regel zerspanend aus Kupfer oder aus Aluminium hergestellt. Grundsätzlich ist zudem eine Produktion per 3D-Druck möglich, sollten besondere Anforderungen an das Design der Kühlkanäle bestehen. Generell gilt jedoch, dass für die meisten Rechenzentrums-Szenarien mit Heißwasserkühlung Produkte ab Werk geeignet sind. Sonderfertigungen sind meist nur für bestimmte Softwareprojekte oder Extremumgebungen nötig.

Planung und Realisierung

Um die energetischen Vorteile eines solchen Kühlkonzepts bestmöglich nutzen zu können, ist zwar eine gewisse Vorplanung nötig. Prinzipiell ist eine Realisierung auf der grünen Wiese aber ebenso möglich wie eine Nachrüstung von Bestandssystemen. Empfehlenswert ist für den zweitgenannten Fall, zu Beginn ein luftgekühltes Evaluierungssystem zu verwenden, mit dessen Hilfe sich eine Verprobung über Burn-in-Tests bei definierten Zuluft-Temperaturen durchführen lässt. Ein genauem Blick auf die Temperaturentwicklung auf den Chips ist hierbei besonders zu erwähnen. Mit diesem Referenzpunkt lassen sich alle relevanten Systemparameter der Server untersuchen, wobei man nicht nur die einzelnen Chips, sondern die gesamten thermodynamischen Randbedingungen der Geräte berücksichtigen sollte.

So kann etwa ein Netzwerkchip lediglich 45 °C als Höchsttemperatur aushalten, wohingegen eine CPU etliche Kelvin höher laufen darf. Generell gilt, immer alle Randbedingungen sehr sorgfältig zu prüfen und für die Auslegung das Gesamtdesign zu beachten. Mit diesen Informationen lassen sich die Kühlpfade planen, wobei die Fertigung und Verwendung von Kühlkörper wegen der Vielzahl von Parametern ein Fall für Spezialisten ist: Temperaturen, Druckniveaus, Dauerlasten etc. Besonders hohe Leistungen erfordern auch eine Kühlung der Spannungswandler von CPUs. Ist der Board-Plan in 3D erstellt, geht es an den Umsetzungsentwurf und häufig auch an eine Simulation, gefolgt vom Proto­typenaufbau der direkt heißwassergekühlten Lösung. Selbiger findet in einer speziellen Testumgebung Verwendung, um ein identisches Lastregime zu prüfen und mit dem Vorwert des luftgekühlten Referenztests abzugleichen. So lässt sich auch die sogenannte Heat-Capture-Rate ermitteln. Hierbei handelt es sich um das Verhältnis der investierten und nachnutzbaren Energie. Die Werte differieren hier je nach Server zwischen 60 bis 90 Prozent – und sind umso besser, je mehr Komponenten flüssigkeitsgekühlt sind.

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