Server-Räume und RZs effizient planen

Hohe Effizienz auch im kleineren RZ

31. Mai 2012, 6:00 Uhr | Jan Moll/jos, Geschäftsführer von Dtm Datentechnik Moll.

Eine zeitgemäße und somit auch energieeffiziente Planung von Rechenzentrumsinfrastruktur muss alle Gewerke in ihrem Zusammenspiel betrachten. Dass sich alle Systeme in einem Datacenter gegenseitig beeinflussen, wird nirgends so deutlich wie am Zusammenspiel von Stromversorgung und Klimatisierung.Zahlenmäßig fassbar wird die Energieeffizienz im PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) oder dessen Kehrwert, dem DCIE-Index, der den Stromverbrauch von IT-Hardware in Beziehung zur Gesamtenergieaufnahme des Rechenzentrums setzt. Potenzial in der Entwicklung von Strategien zu einem effizienten Rechenzentrum bilden die Art der Klimatisierung, damit verbunden der Rack-Reihenaufbau und das Rack selbst. Im Rack bleibt das Kabel-Management in vielen Betrachtungen vernachlässigt, obwohl dort ein hohes Potenzial im Bereich der Luftführung, Abwärme und des Platzbedarfs besteht.

Nicht nur Server, sondern auch aktive Komponenten wie Switches nehmen Energie auf und erzeugen damit Wärme. Diese gilt es, unter Kontrolle zu halten, um einen reibungslosen Betrieb der IT-Geräte zu gewährleisten. Ähnlich wie beim Thema Brandschutz ist Prävention dabei die technisch sinnvollste und häufig auch wirtschaftlichste Lösung.

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Eine optimale Planung kann jedoch immer nur von der Betrachtung des konkreten Einzelfalls ausgehen. In hochgradig virtualisierten IT-Umgebungen mit hoher Packungsdichte können durch die Konzentration von sehr viel Rechenleistung auf kleinem Raum zwar "Hotspots" mit hoher Wärmelast entstehen, dennoch ist der Energieverbrauch der Anlage um ein Vielfaches geringer als bei einem herkömmlichen System. Schon bei einem mittelständischen Unternehmen wie dem Sportartikelhersteller Vaude, der in Deutschland rund 600 Mitarbeiter beschäftigt, hat sich durch konsequente Virtualisierung der Systeme am Hauptsitz im baden-württembergischen Tettnang die IT-Hardware auf zwei virtuelle Cluster mit insgesamt rund 55 virtuellen Servern "verdichten" lassen.

Im neuen Rechenzentrumsraum von Vaude, der Anfang März 2012 in Betrieb ging, finden daher sämtliche aktiven Komponenten in zwei Racks mit je 45 HE Platz. Der gesamte Raum mit einer Größe von 3,25 × 4,10 Metern wurde bereits von Anfang an maximal ausgebaut. Im Interesse einer effizienten Rack-Klimatisierung richteten die Planer die Racks im Hinblick auf eine strikte Trennung von Kalt- und Warmgängen aus, wobei auf den Warmgangbereich etwa ein Drittel, auf den Kaltgangbereich etwa zwei Drittel der Grundfläche entfallen. Klimatisiert ist der Raum mit einer Kombination aus Kompressionskältemaschinen und freier Kühlung.

Eine intelligent gesteuerte Freikühlung sorgt in zweifacher Hinsicht für "Cooling on Demand": Sie passt die Leistung der Klimageräte an den aktuellen Bedarf an, schaltet also den Kompressor bei Bedarf zu oder ab. Sie bietet aber auch die Möglichkeit, das Kälteniveau langfristig anzupassen, wenn etwa das Rechenzentrum mit weiteren Servern bestückt wird. Im Beispielfall ist nicht nur Rackspace für weitere Server vorhanden, auch in Bezug auf die Kälteleistung der gesamten Klimaanlage sind rund 50 Prozent Reserve nach oben verfügbar. "Wir gehen davon aus, dass die Ressourcen unseres Rechenzentrums für die nächsten zehn bis 15 Jahre ausreichen", erklärt Harald Reiser, CIO von Vaude.

Das Konzept der Freikühlung macht es möglich, die aktiven Systeme bei Außentemperaturen unter 25 Grad Celsius - also den größten Teil des Jahres - mit der Umgebungsluft zu kühlen, ohne den Kompressor überhaupt einzuschalten. Somit ist es möglich, die IT sogar bei Belastungsspitzen mit einem sehr geringen Energieverbrauch zu betreiben - etwa bei Server-Backups, die typischerweise nachts stattfinden, wenn die Außenluft kühler und deshalb für die Klimatisierung besonders effektiv ist.

Integriertes Kabel-Management

Als Planer und Errichter des Vaude-Rechenzentrums konnte Dtm Racks und Einhausungskomponenten aus eigener Entwicklung und Fertigung einsetzen. Das System basiert auf dem Standverteilersystem STV40n/45n, das ursprünglich primär für die übersichtliche Bündelung und Führung von Strom- und Kommunikationskabeln entwickelt wurde, da intelligentes Kabel-Management zu den traditionellen Kernkompetenzen des Netzwerkspezialisten zählt.

Als Planer und Installateur von Kommunikations-Verkabelungen ist DTM nach eigenen Angaben aber auch seit Jahren in die Konzeption von Rechenzentren unterschiedlicher Größenordnungen und skalierbarer Lösungen eingebunden und kennt die Schnittstellen zwischen den Gewerken und die sich dort bisweilen ergebenden Probleme aus erster Hand. Eines dieser Probleme besteht darin, dass bei der Aufstellung von Serverracks in Kalt-/Warmgangarchitekturen häufig der Raumverlust durch Kabel vernachlässigt ist. Wenn sich in der Praxis dann ein mehrere Zentimeter breites Kabelbündel quer durch den Rahmen eines an dieser Seite theoretisch offenen Racks zieht, verändert dies die Luftströme, die durch das Rack zu- oder abzuführen sind. Damit kann es zu unerwünschten Vermischungen von kalter und warmer Luft im Rack kommen, was die Effizienz des Klimasystems in der Regel deutlich reduziert.

Um diesen Effekt zu vermeiden, war bei der Erweiterung des Standverteilers zu einer kompletten Rack-Kühlungs-Lösung von vornherein ein abgeschlossener Kabelkanal an der Ober- und Unterseite des Racks vorgesehen. Die Kabel verlaufen somit senkrecht entlang des Rahmens und waagrecht innerhalb der Einhausung, um eine optimale Führung und Trennung der Kalt- und Warmluftströme zu ermöglichen. Dies bildet die Voraussetzung für eine optimale Energiebilanz. Weiterhin schafft das Kabel-Management im hinteren Bereich des Racks die Basis dafür, dass aktive Komponenten ihre Abwärme ohne eine Barriere von verschiedenartigen Kabeln abgeben können, was das interne Kühlungssystem der Komponente weniger beansprucht, somit Energie spart und die Lebenszeit erhöht.

Das patentierte Design ist auf der Basis intensiver Strömungsmessungen an Prototypen sowie von Simulationen unterschiedlicher Klimakonzepte entstanden. Dadurch kann die effiziente Rack-Klimatisierung abhängig von den baulichen und IT-technischen Voraussetzungen sehr flexibel mit Raumklimaanlagen, Front- oder Seitenkühler inklusive Freikühlung sowie Doppelbodenkühlung mit aktiven und passiven Elementen arbeiten. Jedoch setzt das System STV40/45n keinen Doppelboden im Rechenzentrum voraus.

Das System (Rack plus Komponenten zur Trennung von kalter und warmer Luft) bringt für RZ-Planer eine komfortable Variabilität der Rechenzentrumsarchitektur mit sich und ist auf die Bedürfnisse des Kunden und die räumlichen Gegebenheiten exakt anpassbar. Die Möglichkeiten erstrecken sich von Doppelbodenkonzepten - unter anderem mit Warm- und Kaltgangeinhausungen - bis hin zum In-Rack-Cooling von Standalone-Bladecentern, die mit einem Sidecooler bis zu 30 kW/Rack Wärmeleistung abbauen können. Alle Konzepte entstehen unter dem Vorzeichen einer sauberen Trennung von Kalt- und Warmluft, um die optimale Energieeffizienz zu erreichen. Die Flexibilität des Systems macht sich auch im laufenden Betrieb bemerkbar, da ein Tausch von Hardware sehr vereinfacht wird, Patchungen ablaufen können und Erweiterungen im System vorgesehen sind.

Praktische Umsetzung

Der Auftrag zur Planung und Installation der Infrastruktur für das neue Rechenzentrum bot Dtm die Möglichkeit, seine bereits in mehreren Großrechenzentren eingesetzte Lösung für die Rack-Klimatisierung in einem vergleichsweise kleinen Datacenter zu erproben. "Obwohl Dtm ganz in unserer Nähe ansässig ist, hatten wir sie als Dienstleister für unser kleines Rechenzentrum zunächst nicht in Erwägung gezogen, weil die Referenzen eher im Bereich Großrechenzentren liegen", räumt Harald Reiser ein. Die allzu konventionellen Klimatisierungskonzepte der Erstanbieter hätten ihn dann aber veranlasst, nach Alternativen zu suchen, denn bei Vaude sei Green IT ein strategisches Thema, bei dem es nicht nur um Kostensenkung geht, sondern darum, dass die IT-Abteilung ihren Beitrag zur ökologischen Ausrichtung des gesamten Unternehmens leistet.

Durch den Umzug des Rechenzentrums in einen komplett leeren, frei gestaltbaren Raum bot sich die Möglichkeit, eine Infrastruktur nach dem neuesten Stand der Technik zu bauen. Dtm nutzte die Gelegenheit, um anhand von individuellen Strömungssimulationen für diesen konkreten Raum eine thermisch optimierte Rack-Architektur zu entwickeln. Nach Abnahme des Konzepts erfolgte die Installation der Systeme.

Seither erheben die Techniker mithilfe des Infrastruktur-Management-Systems APC Netbotz, das direkt in die Rack-Klimatisierungs-Lösung integriert ist, regelmäßig die PUE-Werte des neuen Systems. Die Zahlen belegen, dass mit einer energieeffizienten Rack-Klimatisierung auch in kleinen Rechenzentren PUE-Werte nahe am theoretischen Idealwert 1 möglich sind. So berechneten die Techniker für den Zeitraum vom 3. März bis zum 5. April 2012 einen gemittelten PUE von 1,136. Am 5. April 2012 wurde im Volllastbetrieb um 12:00 Uhr ein PUE von 1,286 gemessen. Harald Reiser sieht in der Lösung ein "Kühlsystem, mit dem wir wirklich etwas erreicht haben", wobei die "Investitionen im Rahmen" blieben. Als besonders vorteilhaft für die termingerechte Abwicklung des Projekts bewertet der IT-Leiter die doppelte Kompetenz seines Partners als Hersteller und Installateur, die sich nicht zuletzt in der "mehr als professionellen" Abwicklung des RZ-Umzugs gezeigt habe, so Reiser.

Wirtschaftlicher Nutzen

Die PUE-Werte aus dem Datacenter entkräften das immer noch verbreitete Vorurteil, dass sich Investitionen in effizientere Klimatisierung nur bei großflächigen Rechenzentren mit Hunderten von Servern wirklich auszahlen. Ein eher konservatives Rechenbeispiel widerlegt diese Annahme auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Der PUE errechnet sich bekanntermaßen, indem man den Gesamtverbrauch des Rechenzentrums (zum Beispiel 100 kWh) durch den Energieverbrauch der IT (zu Beispiel 50 kWh) teilt. Bei einem PUE von 2, wie er nicht nur in diesem Beispiel, sondern auch in der Praxis häufig vorkommt, sind nur 50 Prozent der verbrauchten Energie produktiv genutzt. Diese Quote bezeichnet man auch als DCiE (Datacenter Infrastructure Efficiency). Die Prozentzahl ergibt sich, wenn man den Energieverbrauch der IT durch den Gesamtverbrauch des Rechenzentrums teilt und dann mit 100 multipliziert.

Der Einsatz energieeffizienterer Systeme bringt nicht nur eine ökologische Dividende, sondern zeigt auch finanziell sehr schnell positive Resultate. So kann die einmalige Investition von 15.000 Euro in eine Einhausung zu einer Einsparung von bespielsweise insgesamt 11,6 kWh führen. Bei einem angenommenen Strompreis von 16,92 Cent pro Kilowattstunde erbringt dies eine jährliche Kostenersparnis von 17.045,21 Euro. Der Return on Invest für die Einhausung ist somit bereits nach elf Monaten erreicht. Die modulare Skalierbarkeit des Systems ermöglicht zudem ein hohes Maß an Investitionssicherheit, weil sich Rackspace und Klimaleistung jederzeit erweitern lassen.

 

 

Bild 4: Das Standverteilersystem STV40n/45n, ursprünglich primär für die übersichtliche Bündelung und Führung von Strom- und Kommunikationskabeln entwickelt, ist die Basis der energieeffizienten Rack-Kühlung. Bild: Dtm

 

Bild 4: Das Standverteilersystem STV40n/45n, ursprünglich primär für die übersichtliche Bündelung und Führung von Strom- und Kommunikationskabeln entwickelt, ist die Basis der energieeffizienten Rack-Kühlung. Bild: Dtm

 

Bild 3: Die energieeffiziente Rack-Kühlung lässt sich auf die Bedürfnisse des Kunden und die räumlichen Gegebenheiten exakt zuschneiden. Bild: Dtm

 

Bild 1: Der neue Rechenzentrumsraum von Vaude in Tettnang ging Anfang März 2012 in Betrieb. Bild: Dtm

 

Bild 2: Installation der Racks im neuen Rechenzentrum. Bild: Dtm
LANline.

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