Grundlagen der RZ-Klimatisierung

Kühlen mit Präzision

25. Juni 2013, 6:00 Uhr | Frank Trautmann, Key Account Manager bei Stulz./jos

Die Kühltechnik für das RZ unterscheidet sich deutlich von den Verfahren, die im Wohnbereich oder Auto zum Einsatz kommen. Richtig verwendet kann die Präzisionsklimatisierung im Rechenzentrum nicht nur eine hohe Lebensdauer der Hardware garantieren, sondern auch messbar beim Energiesparen helfen.Rechenzentren sind die heiligen Hallen moderner Kommunikation. Dort reiht sich Server-Schrank an Server-Schrank, was Abwärmemengen erzeugt, die vor einiger Zeit noch unvorstellbar waren. Steigende Energiekosten und zunehmende Leistungsdichten stellen gerade an die Klimatisierung hohe Anforderungen, denn diese macht immerhin bis zu 50 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs eines RZs aus. Präzisionsklimatisierungssysteme und zentrale Kälteerzeugung sparen Energiekosten und sorgen gleichzeitig für einen sicheren Betrieb. Klassischerweise erfolgt die Kühlung eines RZs über einen Doppelboden. Dies hat vor allem sicherheitstechnische Vorteile, da so Klimatechnik und IT-Systeme sauber voneinander getrennt sind. Bei einem Doppelbodenumluftsystem wird ein etwa 50 Zentimeter hoher Druckboden über ein Präzisionsklimagerät mit kalter Luft versorgt. Perforierte Bleche im Doppelboden führen die Kaltluft dann vor die 19-Zoll-Ebene, wo sie in die Server-Schränke gelangt. Nachdem die Kaltluft den Server-Schrank durchströmt hat, tritt sie auf der Oberseite des Schranks als Warmluft aus. Abhängig vom Luftführungskonzept erfolgt über eine Einhausung die Separation von Warm- und Kaltluft. Diese sorgfältige Trennung gehört heute zu den Best Practices und reduziert maßgeblich die Energiekosten für die RZ-Kühlung. Neben der Luftführung ist auch die Wahl des passenden Kälteerzeugungsverfahrens entscheidend für die Betriebssicherheit und den Energieverbrauch der RZ-Klimatisierung. Zwei wesentliche Verfahren haben sich durchgesetzt: Kaltwassersysteme und Direktexpansionsgeräte. Die Kälteerzeugung selbst beruht bei beiden Systemen auf dem Prinzip einer herkömmlichen Klimaanlage mit Kompressorkühlung. Ein Kältemittel nimmt dazu über einen Wärmetauscher Wärmeenergie auf und wechselt dabei den Aggregatszustand von flüssig auf gasförmig. Anschließend verflüssigt das Gerät das gasförmige Kältemittel über einen Verdichter wieder, und der Kreislauf startet erneut. Herkömmliche Direktexpansionsgeräte er-zeugen Kälte über einen integrierten Verdichter direkt im Innenbereich. Beim Kaltwassersystem findet die Kälteerzeugung jedoch räumlich getrennt von den zu kühlenden Servern statt. Dazu sind mehrere Kaltwassersätze im Außenbereich beispielsweise auf einem Dach installiert. Diese Kaltwassersätze verfügen über eine zentrale Kälteerzeugung und entsprechend große Verdichter. Das erzeugte Kaltwasser gelangt per Rohrleitung dann an die Kaltwasserinnengeräte, die selbst keine eigene Kälteerzeugung aufweisen. Vorteile eines solchen Kaltwassersystems sind vor allem die hohe Leistungsfähigkeit und Robustheit. Kaltwassersätze sind heute mit einer Kühlleistung von über einem MW verfügbar und kühlen selbst die größten Rechenzentren zuverlässig - und dank einer Freikühleinrichtung heute sogar sehr effizient. Da ein Kaltwassersatz im Freien steht, lassen sich die durchschnittlich kühlen Temperaturen in Deutschland nämlich dazu nutzen, zusätzliche Kühlleistung zu erzielen. Dazu läuft das ankommende Warmwasser über ein Freikühlregister, und Ventilatoren kühlen es herunter. Die Verdichter müssen dann während der meteorlogischen Übergangszeiten nur unterstützend zur Freikühlleistung arbeiten. Auf diese Weise lassen sich maßgebliche Einsparungen im Energieverbrauch erreichen.   Höhere Anforderungen Lag die durchschnittliche Nennleistung eines Server-Racks vor wenigen Jahren noch bei durchschnittlich 5 bis 8 kW/h, so bringen es moderne Blade-Server heute schon auf 25 bis 40 kW/h pro 19-Zoll-Schrank. Betrachtet man diese rasante Entwicklung, wird eines schnell klar: An Präzisionsklimatisierungslösungen für Rechenzentren gelten deutlich höhere Anforderungen als etwa an herkömmliche Mono-Split-Komfortklimaanlagen, wie sie in Bürogebäuden oder Gewerberäumen zum Einsatz kommen. Schon die unterschiedlichen Bezeichnungen machen es deutlich: Präzisionsklimageräte und Komfortklimageräte sind in Konzept und Funktionsweise zwei völlig verschiedene Systeme, die gezielt für den spezifischen Einsatz in unterschiedlichen Anwendungsumgebungen entwickelt und optimiert sind. Ziel der Komfortklimatechnik ist es, für den Menschen ein "humanes" Raumklima mit angenehmer Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu schaffen. Ganz anders die Situation im Umfeld Präzisionsklima: Damit die empfindliche IT-Technik zuverlässig funktionieren kann, verfügen Präzisionsklimatisierungssysteme über eine sehr hohe Regelgenauigkeit mit einer maximalen Abweichung von nur 1 °C Celsius. Denn anders als bei der Raumklimatisierung dient die Kühlung im Rechenzentrum in erster Linie der uneingeschränkten Betriebssicherheit. Dabei gilt es, die Sollwerte für Temperatur und Luftfeuchtigkeit ohne Unterbrechung, auf das Genaueste einzuhalten. Schon bei einem Ausfall der Klimatisierung von nur wenigen Minuten müsste aufgrund der hohen Abwärmemengen ein Herunterfahren des gesamten RZs auslösen, um einer Beschädigung der Hardware vorzubeugen. Damit dies nie geschieht, sind Präzisionsklimatisierungsanlagen in professionellen Rechenzentren grundsätzlich redundant ausgelegt. Liegt die Anzahl der installierten Klimasysteme dabei genau eine Geräteeinheit über der maximal benötigten Kühlleistung, spricht man von der so genannten n+1-Redundanz. Fällt eines der Klimageräte aus oder geht in Wartung, übernehmen die Leistungsreserven der übrigen Geräte automatisch die Kühlleistung der ausgefallenen Einheit, indem sie ihre Leistung einfach stufenlos herauf regeln. Ein weiterer Vorteil: Die zusätzlichen Klimatisierungssysteme stehen nicht nur als Notfallreserve bereit, sondern laufen permanent mit. Dadurch arbeitet die gesamte RZ-Klimatisierung insgesamt auf einem niedrigeren Leistungsniveau und verbraucht so merklich weniger Energie. Durch die immensen Abwärmemengen kann es in Rechenzentren zu gefährlichen Wärmenestern kommen, den so genannten Hot-Spots. Diese gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, da Netzteile von Servern oder auch Festplattenspeicher auf stehende Hitze besonders empfindlich reagieren. Um die konzentrierten Wärmelasten verlässlich abführen zu können, muss die RZ-Klimatisierung deshalb immense Luftmengen umwälzen. Mit durchschnittlich 300 m³/h pro kW ist die bewegte Luftmenge eines Präzisionsklimatisierungsgerätes dabei rund zehn Mal so hoch wie die einer herkömmlichen Komfortklimaanlage. Um dies überhaupt leisten zu können, verwenden RZ-Klimalösungen mehr als 90 Prozent ihrer verfügbaren Kühlleistung zur reinen Temperaturabsenkung, der so genannten sensiblen Kühlung. Die hohe sensible Kühlleistung ist einer der Hauptunterschiede zum Wirkprinzip herkömmlicher Raumklimasysteme. Denn Komfortklimageräte erzeugen etwa die Hälfte ihrer Kühlleistung über eine permanente Entfeuchtung der Raumluft. Dieses auch als latente Kühlung bezeichnete Prinzip setzt jedoch voraus, dass die Raumluft auch genügend Luftfeuchte aufweist, um eine ausreichend hohe Temperaturabsenkung erzielen zu können. Da dies in IT-Räumen jedoch so gut wie nie der Fall ist, eignen sich Split-Klimasysteme eher schlecht, um Server-Räume zuverlässig und effizient zu kühlen.

Effizienz durch Trennung: Warme und kalte Luft sollten separiert strömen.

Die so genannte latente Kälteleistung spielt im RZ eine wesentlich geringere Rolle als bei der Komfortklimatisierung.
LANline.

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