Praxis: RZ-Kühlung der Uni Mannheim

Kühler Kopf rechnet schnell

19. Februar 2016, 7:00 Uhr | Simon Federte, als freier Journalist in Augsburg tätig./jos

Rund 12.000 Studierende und 1.600 Mitarbeiter, von denen montags bis freitags bis zu 6.000 mit unterschiedlichen Devices gleichzeitig online sind: Hoch über den Köpfen der Studenten und des Mannheimer Schlosses, im elften Stockwerk des RUM-Gebäudes, muss das Rechenzentrum der Universität Mannheim in etwa die gleiche Leistung erbringen wie die RZs von Unternehmen wie Kuka oder Zalando.

Ein 15-köpfiges Team ist im RZ der Universität Mannheim dafür zuständig, den laufenden Betrieb des Datennetzes und der Medientechnik sowie der Infrastruktur zu gewährleisten. Keine triviale Aufgabe, bei einer Auslastung des Backbones mit 10 GBit/s, 6.000 am LAN angeschlossenen Rechnern, 600 Switches und 500 WLAN-APs. Für die Leistungsfähigkeit des Rechenzentrums sollen dabei unter anderem zwei wichtige Komponenten sorgen: der Forschungs-Cluster-Rechner der Universität und eine smarte Kühllösung.
Die Universität in Mannheim hatte im Jahr 2010 ursprünglich geplant, die Klimatechnik und die Kühlleiter im Maschinenraum zu erneuern, um sie der gestiegenen Rechenleistung anzupassen. Nach der Analyse der Ist-Situation entschied sich Ralf-Peter Winkens, Leiter der Abteilung Datennetz und Medientechnik im Rechenzentrum, dann doch für die Neuplanung des kompletten Datacenters.
Um den laufenden Betrieb zu gewährleisten, wurde das Projekt in fünf Bauabschnitte unterteilt. Pro Abschnitt galt es zunächst, einen Bereich freizuräumen und anschließend mit der neuen Hardware zu bestücken. Seit August 2015 stehen nun auf 100 Quadratmetern insgesamt 53 Racks und 21 Seitenkühler. Für den Ausbau des Rechenzentrums war mit insgesamt vier Teilaufträgen Schäfer IT-Systems betraut. Als Hersteller von Netzwerk-, Server-Schrank- sowie Rechenzentrumslösungen lieferte und installierte das Unternehmen auch die Hardware.
"Ausschlaggebend war dabei das Konzept. Schäfer verbaute schon 2010 die Kühler nicht in den einzelnen Schränken, sondern setzte auf einen zentralen Kaltgang. Diese Variante finden wir besser und sicherer. Heute sind Kaltgangeinhausungen Standard", sagt Winkens. Die Qualität und Leistungsfähigkeit der Kühlung spielte für ihn eine maßgebende Rolle, denn eine Besonderheit des Rechenzentrums der Universität Mannheim ist ihr "Superrechner". Er belegt Platz 80 unter den Top 100 schnellsten Rechnern der Welt. Bei voller Nutzung aller Leistungen entsteht eine maximale Wärmelast von 220 Kilowatt, von der allein der Superrechner 150 Kilowatt beansprucht.
Dies steigert die Anforderung an die Klimatechnik. Das Rechenzentrum befindet mitten in der Quadratestadt im elften Stockwerk des RUM-Gebäudes, andererseits auch direkt unter dem Dach, um die Wege für die Kühlung kurz zu halten. Diese erzeugt die Kälte durch drei Teilelemente: Die konventionelle Kühlung sichert ein Kompressor mit rund 220 Kilowatt Kälteleistung, der direkt auf dem Dach des Gebäudes steht. Eine zusätzliche indirekte freie Kühlung mit 20 Quadratmetern Kühlerfläche auf dem Dach nimmt durch Ventilatoren die Umgebungskälte aus der Luft und kühlt den Gesamtkreislauf zusätzlich zu den Loopus-Coolern. Dabei handelt es sich um eine wasserbasierende Rack-Klimatisierungslösung, die in diesem Fall seitlich geschlossen, jedoch vorne und hinten offen sind. Die Seitenkühler saugen erwärmte Luft von hinten aus dem Raum an und blasen sie gekühlt in den eingehausten Kaltgang.
Auf diese Weise lassen sich hohe Wärmelasten pro Rack und zugleich eine flexible und energetische Klimatisierung bewältigen. Eine direkte freie Kühlung bläst als drittes Element der Kühlung zudem 8.800 m³/h Außenluft direkt in den Warmgangbereich ein und entlastet damit wiederum gleichzeitig den Kompressor auf dem Dach.
Schließlich gewährleistet eine Notkühlung mit insgesamt 70 kW den Betrieb der Systeme für den Fall einer Störung. Sie besteht aus sechs unabhängigen Split-Klimageräten, die an einem Notstromdieselgenerator angeschlossen sind. Winkens: "Die Leistungsstärke der Klimatisierung respektive die Qualität der Arbeit zeigen sich zunächst in der lückenlosen Versorgung, aber auch in Details und in nicht planbaren Umständen. So musste der Superrechner in diesem Sommer mit maximaler Auslastung und daraus resultierend auch maximaler Kühlung getestet werden. Am dafür vorgesehenen Tag herrschten zusätzlich 35 Grad Außentemperatur. Die Kühlung hat den Test mit Bravour bestanden."
Im Regelbetrieb geht es jedoch meist gemäßigter zu. Die 15.000 User nutzen im Wesentlichen den schnellen Internetzugang für ihre Web- und Mail-Anwendungen sowie die virtualisierte Server-Infrastruktur hauptsächlich für Verwaltungs- und E-Learning-Dienste. Mit einer durchschnittlichen Wärmelast von 120 kW im Rechnerraum können dann auch die Köpfe der Plattenschränke kühl bleiben.
 
Viel Verkehr braucht viele Spuren
Parallel ging auf dem Campus ein Notfallrechenzentrum in Betrieb. Rund 500 Meter vom eigentlichen Rechenzentrum entfernt stehen weitere Racks des Herstellers. Die sieben Notfalldatenschränke halten drei weitere Loopus Side-Cooler kühl. Im Notfallrechenzentrum ist jedoch nicht allein das Backup, sondern auch der Eingang der eigentlichen Leistung untergebracht. So ist die Universität auch dort breitbandig mit dem "Bel Wü" (Baden-Württembergs Extended LAN) verbunden. Dies ist das wissenschaftliche Netzwerk des Bundeslandes, dem alle Universitäten und Fachhochschulen sowie über 1.000 Schulen angeschlossen sind. Gleichzeitig führt vom Notfallrechenzentrum eine eigene Leitung zum zentralen Internet-Knotenpunkt Deutschlands, dem DE-CIX, nach Frankfurt.

Für die Leistungsfähigkeit des Rechenzentrums sorgen unter anderem zwei wichtige Komponenten: der Forschungs-Cluster-Rechner der Universität und eine smarte Kühllösung.

Backbone mit 10 GBit/s, 6.000 ans LAN angeschlossene Rechner, 600 Switches und 500 WLAN-APs stellten hohe Anforderungen an das Projekt. Bild: Universität Mannheim

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Wi-Fi Alliance

Matchmaker+