Kompakte IT-Infrastruktur

Packungsdichte und Flexibilität

20. August 2018, 7:00 Uhr | Dirk Traeger

Die Zeiten, in denen es großzügige Platzreserven in den Verteilern der Rechenzentren und Technikräume gab, sind vorbei, denn Platz ist in den klimatisierten und technisch abgesicherten Räumen so kostbar wie nie zuvor. High-Density-Verteilfeldsysteme, die nicht nur höchste Packungsdichten bieten, sondern auch einen vielfältigen Medienmix und einen schnellen, flexiblen Medienwechsel erlauben, sind die logische Folge dieser Entwicklung.

Die Erkenntnis, dass die Datenmenge stetig und unaufhörlich zunimmt, ist so alt wie die IT selbst. Alle fünf Jahre verzehnfache sich die Übertragungsrate, so die Erkenntnis, die dem Amerikaner Gordon Moore zugeschrieben wird. Sie stammt aus der Zeit, als die IT noch EDV hieß, doch bis heute hat sie nichts von ihrer Gültigkeit verloren: Mit der Einführung der Kategorie 5 im Jahre 1995 waren 10 MBit/s Standard, heute, etwas mehr als 20 Jahre später, sind Anschlüsse mit 100 GBit/s verfügbar.

Mit höheren Datenraten geht der Trend zur Miniaturisierung einher. Immer mehr ist auf immer weniger Raum unterzubringen. Dies gilt für Schaltkreise in Prozessoren genauso wie für Anschlüsse in Datenverteilern. Platz ist teuer wie nie zuvor, denn IT-System-Räume sind längst keine untergeordneten Räume mehr, sondern mit hochwertiger Technik ausgestattet: unterbrechungsfreie Stromversorgung, Klimatisierung, Sicherheitstechnik, Kabelwegsysteme - alles redundant, hochverfügbar und möglichst ausfallsicher.

Heterogene Infrastrukturen

Anwender fordern daher immer höhere Anschlussdichten. Im einfachsten Fall sind die Anschlüsse in den Switches und Verteilfeldern zusammengedrängt. Kaum ein größeres Netz besteht jedoch nur aus einem Kabel- und einem Steckertyp. Kupfer- und Glasfaserkabel, RJ45-, LC-, SC-, ST- und MPO-Stecker sind in den meisten Netzen anzutreffen, dazu kommen häufig noch Coax-Stecker wie beispielsweise SMA und BNC von Funknetzen und von der Videoüberwachung. In solch heterogenen Umgebungen sind unterschiedliche Medien gerne auf verschiedene Verteilfelder aufgeteilt. Dies sorgt zwar für Ordnung, beansprucht jedoch Platz. Und nur selten sind die Verteilfelder voll belegt.

Hinzu kommt, dass bei einem Medienwechsel, beispielsweise von Multimode-OM2-Fasern mit SC-Steckern zu OM4 mit LC oder von einer Videoüberwachung mit Coax-Kabeln zu einer IP-Videolösung auch ein Wechsel des kompletten Verteilfelds nötig ist, was bisweilen hohe Kosten verursachen kann.

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Dank einer langen und flexiblen Lasche lassen sich LC-HD-Duplex-Stecker auch dort sicher entriegeln und ausstecken, wo für die Finger nicht genügend Platz ist. Bild: Telegärtner

Gefragt sind folglich Lösungen mit hoher Packungsdichte, die einen Medienmix und einen einfachen Medienwechsel erlauben und die sich bedarfsabhängig erweitern lassen. Wo früher wenige Standardtypen genügten, sind heute Lösungen mit breitem Produktspektrum nötig. Dies bedeutet verschiedene Gehäusegrößen von 0,5 HE bis 3 HE, um dem jeweiligen Anforderungen und Platzverhältnissen optimal zu entsprechen, verschiedene Modulgrößen mit unterschiedlichen Anschlusszahlen und verschiedene Anschlussmöglichkeiten für die Kabel. Kurz: Produkt- und Lösungsvielfalt sind gefragt.

Lösungen für Glasfasern?

Ein vielseitiges Verteilsystem ermöglicht es dem Anwender, im selben Verteilfeld Kabel an Pigtails zu spleißen, Breakout-Kabel vor Ort mit Steckern zu versehen und auch vorkonfektionierte Kabel zu verwenden, und zwar sowohl Bündeladerkabel mit Kabelaufteilern und Einzelsteckern als auch MPO-Trunk-Kabel - all dies in den Ausführungen Singlemode PC, Singlemode APC und Multimode der Kategorien OM2 bis OM5 - und dies alles der besseren Übersicht farblich gekennzeichnet.

? und für Kupferkabel

Komponenten der Kategorie 6A für Datenraten bis 10 GBit/s über Entfernungen von bis zu 100 Metern sind mittlerweile Standard. Wer noch mehr benötigt, greift zur Kategorie 8.1, die bis zu 40 GBit/s mit RJ45-Steckern bietet, jedoch auf 30 Meter begrenzt ist. Haben die RJ45-Module der verschiedenen Kategorien dieselbe Bauform, kann der Betreiber sie in einem Verteilfeld bedarfsgerecht mischen.

Bei Koaxialkabeln dominieren BNC-/TNC- und SMA-Stecker in Videoüberwachungsanlagen und Funklösungen wie den Distributed Antenna Systems (DAS, auch bekannt als In-Building Wireless, IBW). Andere Steckertypen wie beispielsweise N, 4.3-10 und 2.2-5 sind in Gebäuden ebenfalls anzutreffen. In einer auch langfristig wirtschaftlichen Lösung müssen die koaxialen Anschlüsse schnell und einfach gegen RJ45-Module austauschbar sein, wenn ein Betreiber beispielsweise von analoger Videotechnik auf IP-Video umstellen will.

Auswirkungen auf Stecker und Patch-Kabel

Bei aller Freude über den gewonnenen Platz durch höchste Packungsdichten muss der Anwender das Ganze jedoch auch noch handhaben können. In High-Density-Verteilfeldern, in denen die Glasfaserkupplungen so dicht beieinander liegen, dass sie sich berühren, wird der Mensch zum beschränkenden Faktor: Die Finger sind zu groß, um Patch-Kabel zu entriegeln und sicher ein- und auszustecken. Spezialwerkzeuge wie Flachzangen mit extra langen, dünnen Backen oder übergroße Pinzetten haben sich in der Praxis nicht durchsetzen können. High-Density-LC-Duplex-Stecker mit langen, dünnen und gleichzeitig stabilen Laschen ermöglichen dagegen ein sicheres Entriegeln und ein einfaches Ein- und Ausstecken auch in vollbelegten Verteilfeldern.

Auch die Patch-Kabel selbst unterliegen dem Wandel. Sie sind zunehmend in kundenspezifischen Längen zu haben, und der Anwender kann die Kabellänge nahezu frei bestimmen. Der Mehraufwand dafür ist durchaus gerechtfertigt. Ein Beispiel: Ein Datenverteilerschrank mit 42 Höheneinheiten enthält leicht 30 Glasfaserverteilfelder für je 144 Fasern. Ist jedes Patch-Kabel im Schnitt nur 50 cm zu lang, ergibt das bei Vollbelegung 1.080 Meter Überlänge. In jedem Schrank muss also über ein Kilometer Kabelreserve passen, was der Anforderung nach Platzersparnis völlig widerspricht.

Checkliste für die Auswahl von Verteilfeldsystemen
  • Sind Chassis/Baugruppenträger in verschiedenen Höhen verfügbar, beispielsweise 0,5 HE, 1 HE und 3 HE?
  • Verfügt das Chassis/der Baugruppenträger über ausreichende Möglichkeiten zum schonenden Abfangen aller zugeführten Kabel?
  • Lassen sich Haltewinkel für vorkonfektionierte Kabelstrecken am Chassis/Baugruppenträger befestigen?
  • Hat das Chassis/der Baugruppenträger eine elektrisch leitende Oberfläche für einen impedanzarmen Potenzialausgleich?
  • Kann das Chassis/der Baugruppenträger rückversetzt montiert werden?
  • Ist das Chassis/der Baugruppenträger von vorn und von hinten mit Anschlussmodulen zu bestücken?
  • Lassen sich die Anschlussmodule innerhalb des Chassis/Baugruppenträgers rückversetzt montieren?
  • Lassen sich Module für verschiedene Verkabelungsmedien im selben Chassis/Baugruppenträger mischen?
  • Sind Glasfasermodule für vorkonfektionierte Leitungen verfügbar?
  • Sind Module für verschiedene Verkabelungsmedien verfügbar?
  • Sind Glasfasermodule mit integrierter Spleißkassette verfügbar?
  • Sind Glasfaser-Fanout-Module mit MPO-Kupplung und mit verschiedenen Faserpolaritäten (Typ A, Typ B, Typ C) verfügbar?
  • Sind Glasfaser-Fanout-Module mit kundenspezifischer Faserzugordnung verfügbar?
  • Sind RJ45-Module der Kategorien 6A, 8 (ANSI/TIA) und 8.1 (ISO/IEC) verfügbar?
  • Lassen sich die RJ45-Module einzeln erden?
  • Sind Module mit Coax-Steckern für die Videoüberwachung und Funknetze verfügbar (BNC, TNC, SMA, N, 4.3-10, 2.2-5 etc.)?
  • Sind die Module werkzeuglos montierbar/demontierbar?
  • Sind anwenderspezifische Module möglich?
  • Welche Anschlussdichte bietet das Verteilfeldsystem?
  • Ist eine Kabelführung ohne Verlust an Einbauhöhe verfügbar?
  • Ist die Kabelführung werkzeuglos montierbar und demontierbar?

Mehrfaserstecker für noch größere Platzersparnis

Glasfaserstecker können durchaus mehr als nur eine Faser enthalten. Dies machen sich parallel-optische Anschlüsse zu Nutze, die mehrere Glasfasern gleichzeitig für die Übertragung verwenden. Die Ethernet-Variante 40GBase-SR4 nutzt acht Multimode-Fasern für die Übertragung von 40 GBit/s, 100GBase-SR10 nutzt zwanzig Fasern für 100 GBit/s. Bei beiden überträgt jede Faser 10 GBit/s in eine Richtung und ist mit weiteren Fasern zu einem logischen Anschluss zusammengefasst. Varianten mit 25 GBit/s pro Faser und Richtung sind in Arbeit.

40GBase-SR4 greift auf den zwölffaserigen MPO-Stecker zurück und lässt dabei die Fasern fünf bis acht ungenutzt. 100GBase-SR10 kann mit zwei zwölffaserigen oder einem 24-faserigen MPO-Stecker arbeiten, wobei jeweils die erste und die letzte Faser einer Reihe nicht zum Einsatz kommen.

Zwölf- und 24-faserige MPO-Variante verwenden das gleiche Steckergehäuse und passen in die gleiche Kupplung.

MPO-Steckverbinder mit noch höheren Faserzahlen sind in den zuständigen Gremien derzeit Beratungsthema, ebenso Ethernet-Varianten mit höheren Datenraten pro Glasfaser oder Adernpaar. Es ist jedoch zu erwarten, dass dies lediglich zu höheren Datenraten bei gleicher Anschlusszahl führen wird. Mit einer höheren Anschlussdichte rechnen die Experten kaum.

Die Stecker in der Bauform MPO, LC-Duplex oder RJ45 zu verkleinern ist technisch schwierig und von der Handhabung nahezu ausgeschlossen. Damit muss das Verteilfeld einen wirtschaftlichen und flexiblen Netzbetrieb mit hoher Anschlussdichte ermöglichen.

Das klassische Verteilfeld entwickelt sich damit zur Systemlösung mit verschiedenen High-Density-Modulen, die sich flexibel gegeneinander austauschen lassen und die einen bedarfsabhängigen und damit besonders wirtschaftlichen Auf- und Ausbau des Netzes ermöglichen.

Dirk Traeger ist Technical Solutions Manager DataVoice bei Telegärtner Karl Gärtner, www.telegaertner.de.


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