Was es zu beachten gilt

Risikofaktoren beim RZ-Umbau

28. Februar 2017, 8:11 Uhr | Von Stefan Maier.

Die zentrale IT-Infrastruktur eines Unternehmens oder einer Organisation unterliegt einem ständigen Wandel und somit sich ändernden Anforderungen. Wer sich anschaut, wie sich die IT in den letzten Jahren gewandelt hat, erkennt, welcher Flexibilität Rechenzentren ausgesetzt sind. Dies bedeutet, dass mit einem recht statischen Konstrukt (Gebäude) wirtschaftliche, sichere und effiziente Lösungen für ein sehr variables System (TK/IT) geschaffen werden müssen. Daher überrascht es nicht, dass Rechenzentren regelmäßig den geänderten Ansprüchen anzupassen sind.

Doch welche Gewerke haben Einfluss auf die Gestaltung und Effizienz eines Rechenzentrums und welcher Nutzungsdauer unterliegen diese jeweils?

Zunächst sind da natürlich die IT-Systeme, die technische Gebäudeausrichtung (TGA) und letztendlich die Hülle sowie das Gebäude. Bei Betrachtung der jeweiligen Lebenszyklen oder Abschreibungszeiträume der Technologien ist ersichtlich, dass mit langlebigen und teilweise sehr statischen Lösungen auf sich schnell verändernde Technologien zu reagieren ist.

Es gibt diverse Anlässe und Faktoren, die Unternehmen oder einen IT-Manager veranlassen, sein Rechenzentrum nach einer gewissen Zeit umzugestalten, umzubauen oder aufzugeben. Letztlich handelt es sich immer um geänderte Anforderungen an den zentralen IT-Betrieb, die entweder von innen, also aus der IT selbst heraus entstehen oder von außen herangetragen werden.

Bevor jedoch die Frage gestellt wird, ob und wie das Rechenzentrum umgestalten werden soll, ist exakt zu definieren, was das Ziel der geplanten Maßnahme ist. Was soll am Ende erreicht und sichergestellt werden? Die Zielsetzung ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und individuell.

Da verschiedene Ziele hierbei konkurrieren können, sollten diese nicht nur möglichst konkret benannt, sondern auch priorisiert werden. So ist beispielsweise eine flexible Gestaltung des Rechenzentrums, bei gleichzeitigem Hochverfügbarkeitsanspruch und möglichst geringen Investitionskosten schwer realisierbar. Ebenso erschwert eine Hochverfügbarkeitslösung mit einem Redundanzkonzept 2N oder höher die Erreichung eines ausgezeichneten PUE (Power Usage Effectiveness). Eine solche Priorisierung als Reaktion auf einen Zielkonflikt fällt nicht leicht, da der RZ-Verantwortliche im Grunde alle Anforderungen optimieren möchte. Da kann es schmerzen, dass eine oder andere Thema in der Wertigkeit heruntersetzen zu müssen. Jedoch sind diese Entscheidungen und Festlegungen in der frühen Projektphase erfolgs- und kostenentscheidend.

Auch sollte nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass ein Gebäude oder spezielle Räume die bisher als Rechenzentrum gedient haben, für eine RZ-Nutzung in der Zukunft geeignet sind. Wie bereits ausgeführt, hat sich die IT/TK über die letzten Jahre verändert, somit auch die Bedingungen für deren sicheren Betrieb.

Ferner ist dabei die Frage entscheidend, ob der Umbau eines Bestands-Rechenzentrums im laufenden Betrieb stattfinden muss und ob dies überhaupt möglich ist. Ein Austausch der Klimatechnik ist beispielsweise durchführbar, wenn die neuen Anlagen parallel zu bestehenden Systemen aufgebaut und in Betrieb genommen werden können. Soll bei dem Umbau allerdings auch der Doppelboden erneuert und erhöht werden, ist dies zwar technisch möglich und durchaus bereits in der Praxis erprobt, aber natürlich mit erheblichen Risiken für den laufenden IT-Betrieb verbunden. Gesteigert wird dies noch durch häufig anzutreffende "gewachsene" und nicht dokumentierte Verkabelungsstrukturen. Die Abwägung und Betrachtung dieser Risiken muss wesentlicher Bestandteil der Umbauplanung sein.

Nutzung bestehender Komponenten

Wird ein bestehendes Rechenzentrum umgebaut, stellt sich zwangsläufig die Frage, welche Komponenten weiterhin nutzbar sind. Hier gilt es, jedes einzelne Gewerk entsprechend zu prüfen. Themen wie Nutzungsdauer, Zustand und Alter spielen eine offensichtliche Rolle. Darüber hinaus ist die Frage zu stellen, wann und wie sich Komponenten austauschen lassen.

Warum beispielsweise neue Racks anschaffen und nicht die vorhandenen weiter nutzen? Im Besonderen, wenn man mit diesem System in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht hat. Technisch ist das in der Regel gar kein Problem. Doch es stellt sich die Frage, wie der Umzug realisiert werden kann. Denn eine weitere Verwendung ist nur möglich, wenn die Zeit besteht, die Systeme herunterzufahren, die Racks zu verschieben und gegebenenfalls umzubauen, zu verkabeln und dann die Systeme wieder einzubauen und hochzufahren. Es ist also ein größeres Fenster für die Downtime nötig. Ist dieses mit einem einzukalkulierenden Puffer vorhanden, ist dies kein Problem. Ansonsten führt kein Weg an der Neuanschaffung vorbei.

Zudem ist zu prüfen, ob das vorhandene Rack überhaupt in das neue RZ-Design passt. Es ergibt zum Beispiel wenig Sinn ein geschlossenes Rack-System mit einer Glastür weiterverwenden zu wollen, wenn zukünftig eine Kaltganglösung angewendet werden soll. Ferner sind die Einbautiefen heutiger IT-Systeme zu berücksichtigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage, wie die Betriebssicherheit gewährleistet wird, wenn einzelne Versorgungskomponenten umgebaut werden, beziehungsweise diese umziehen? Welche Aufhebungen in der Redundanz sind in der Umbauphase über welche Zeitdauer gegeben und wie kann man diesen entgegenwirken? Hier muss frühzeitig ein Betriebssicherungskonzept erstellt werden, das die einzelnen Prozesse exakt beschreibt.

Grundsätzlich sollte man eine Weiterverwendung immer einer Neuanschaffung vorziehen. Jedoch muss die technische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit geprüft werden. Gerade bei Technik und Zuverlässigkeit von Komponenten im Rechenzentrum ist es besonders ratsam, jeglichen Kompromiss zu vermeiden. Daher sind intensive Prüfungen der Anlagen unabdingbar.

Prior1_GAP_Grafik
Alle für den Umbau relevanten Themen sollten in einer ganzheitlichen, also alle Prozesse, Gewerke und Systeme umfassenden Gap-Analyse mit den gesetzten Zielen abgeglichen werden, um den ganzen Umfang des Projekts absehen zu können.

Nachfolgend soll dieser Punkt für die Bereiche Klimatechnik und USV-Systeme betrachtet werden.

Klimaanlagen sind in aller Regel robust, langlebig und können theoretisch in den weiteren RZ-Betrieb übernommen werden. Jedoch gibt es einige Faktoren, welche Sie im Vorfeld, etwa mithilfe einer Fachfirma oder eines Gutachters bewerten sollten. Sind Wartung und der Service für die nächsten Jahre sichergestellt? Sind Ersatzteile aktuell und wie lange in der Zukunft verfügbar? Wenn Wartung und Service gesichert ist, sollte man die Service-Kosten für mindestens vier Jahre anfragen. Dadurch können möglicherweise böse Überraschungen vermieden werden. Ebenso muss gilt es zu prüfen, ob die Bestandsanlage mit ebenfalls geplanten modernen und neuen Anlagen kommunizieren kann.

Zudem muss berücksichtigt werden, ob eine ausreichende Energieeffizienz der Anlagen gegeben ist und diese den heutigen sowie den eigenen Ansprüchen genügt. Dies ist natürlich auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Ein realistischer Amortisationszeitraum von zwei bis drei Jahren einer neuen und deutlich effizienteren Anlage gegenüber einer veralteten Bestandstechnik ist keine Seltenheit und über die geplante Nutzungsdauer gesehen meist die günstigere Alternative. In dem Zusammenhang ist auch zu prüfen, in wie weit die Anlage, unter Anbetracht der F-Gase-Verordnung, mittel- und langfristig wirtschaftlich betrieben werden kann. Des Weiteren sind Themen wie Schallemissionen, Baugruppengrößen oder die Luftführung der Anlage zu bewerten.

Wie bei der Klimatisierung sind auch bei USV-Anlagen ähnliche Themen wie Wartung, Service, Ersatzteile oder Kommunikationsfähigkeit etc. zu berücksichtigen. Auch dabei spielt der Wirkungsgrad und damit die Energieeffizienz eine entscheidende Rolle. Heute werden die USV-Systeme in der Regel aufgrund der Redundanzkonzepte mit einer Auslastung von maximal 50 Prozent betrieben. In der Praxis meist sogar deutlich darunter. Ältere Anlagen haben in diesem Teillastbereich einen besonders schlechten Wirkungsgrad. So kann sich allein durch die Energiekosteneinsparung eine neue Anlage schnell amortisieren.

Um die Wirtschaftlichkeit einer Bestandsanlage weiter zu betrachten, spielt das Lebensalter und der Zustand der Batterien eine entscheidende Rolle. Je nach Größe der Batterieanlage hat dies massiven Einfluss auf die Kosten.

Gap-Analyse

Die angedeuteten Themen sind in einer ganzheitlichen, das heißt sämtliche Prozesse, Gewerke und Systeme umfassenden, Gap-Analyse mit den gesetzten Zielen abzugleichen. Daraufhin lässt sich der mögliche Umfang des Projekts einschätzen. Was wird benötigt, und wie sind diese Ansprüche mit der gegebenen Situation zu erfüllen? Welche noch in Betrieb befindlichen Komponenten können auch zukünftig genutzt werden? Wird diese Analyse gewissenhaft und ganzheitlich durchgeführt, wird sich zeigen, ob kleine Korrekturen ausreichen oder umfassende Umgestaltungsmaßnahmen notwendig sind. Bei der Analyse könnte sich auch herausstellen, dass ein Umbau wenig Sinn macht und eher über einen Neubau nachgedacht werden sollte.

In jedem Fall lassen sich nach Durchführung der Gap-Analyse, die notwendigen Maßnahmen schnell herausarbeiten und ein Budgetrahmen erstellen. Dabei ist zu beachten, dass beim Umbau im Bestand unvorhergesehene Risiken auftreten können. Diese können schnell zu einer Sprengung des geplanten Kosten- und des Zeitbudgets führen. Um sich diese zu ersparen, ist eine Planung im Vorfeld mit möglichst großer Detailtiefe ratsam.

Unvorhergesehenes und Besonderheiten

Beim Umbau im laufenden Betrieb ist die Risikolage im Vergleich zum Neubau hoch. Die Gefahr von Überraschungen ist nicht auszuschließen und zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich daher, ein Budget für Unvorhergesehenes einzuplanen. Im Vorfeld sind viele Fragen zu klären und für deren Organisation zu sorgen. Fehlt bei der Planung die besondere Sorgfalt, führt dies fast immer zu Schäden, Mehrkosten und Zeitverzug und letztlich Ärger für alle Beteiligten.

Wenn das Tagesgeschäft nicht die notwendige Zeit zulässt oder die spezifischen Fachkenntnisse zu den Themen fehlen, sollte man auf externe Unterstützung durch Experten zurückgreifen. Die hierfür anzusetzenden Kosten sind, verglichen mit dem Budget für einen RZ-Um- oder -Neubau, überschaubar und exakt planbar. Das Übersehen von einzelnen Punkten kann das Projekt dagegen kläglich scheitern lassen und beträchtlichen Schaden nach sich ziehen.

Stefan Maier ist Geschäftsführer Prior1 ().

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