Senkung der CO2-Emission

Rote oder schwarze Zahlen für das grüne RZ

29. Juli 2011, 6:00 Uhr | Carrie Higbie/jos, Global Director of Data Centre Solutions and Services bei Siemon

Grün ist absolut in Mode gekommen - auch für Rechenzentren. Wie aber können RZ-Verantwortliche Ausgaben für potenziell teure Umweltinitiativen rechtfertigen, wo auf dem Markt noch ganz andere Schwerpunkte im Vordergrund stehen? In Wahrheit muss "Grün" ein Rechenzentrum keinesfalls geradewegs in die roten Zahlen katapultieren. Es gibt kostengünstige Maßnahmen, die es ermöglichen, dem Budget entsprechend Schritt für Schritt vorzugehen und dennoch spürbare Verbesserungen zu erzielen.Jeder will heute umweltbewusst wirtschaften. Das Problem ist nur der Preis. Alle derzeit verfügbaren Lösungen stellen eine große Herausforderung für den Geldbeutel dar. Gewiss sind Investitionen erforderlich, jedoch sollten sich IT-Verantwortliche von den Ausgaben für Umweltinitiativen nicht entmutigen lassen - mit klugen Entscheidungen zahlen sich Umweltprojekte durch die erzielten Verbesserungen in erstaunlich kurzer Zeit aus Die folgenden Tipps sollen dem Anwender helfen, die preisgünstigste Lösung zu finden. Wenn entsprechende Gelder zur Verfügung stehen, lassen sich später einschneidendere Umweltmaßnahmen umsetzen.

Die vorhandene Kapazität optimal nutzen: Wichtig zu wissen ist, wie viel Kapazität wirklich zur Verfügung steht und an welcher Stelle Redundanz nötig ist. Die vorhandenen Anwendungen, Risiken, Netzwerk-Ports und deren Flexibilität müssen genau unter die Lupe genommen werden. Viele Rechenzentren wandern an neue Standorte, gehen zum Cloud-Computing über, werden sogar neu gebaut in der Annahme, die Kapazitätsgrenzen seien erreicht. Tatsächlich ist dies jedoch oft noch lange nicht der Fall. Jeder Server, der in einem RZ arbeitet, hat zwei Netzwerkkarten, zwei Stromversorgungen, und auch bei den Speicherverbindungen gibt es Redundanz. Welcher Server braucht wirklich alles doppelt? In Wahrheit gibt es eine Menge Anwendungen, die nur manuell umzupatchen wären, oder ein anderweitig verwendeter Server könnte als Kaltreserve dienen.

Stromverbrauch richtig verstehen: Es lohnt sich, einen Blick auf den Stromverbrauch zu werfen - und damit ist nicht die Ausgangsleistung der PDUs gemeint. Der Stromverbrauch ist mit der Ausgangsleistung zu vergleichen, um herauszufinden, wie effizient die Server arbeiten und wann sie Stromressourcen verbrauchen. Dies kann eingangs etwas Geld kosten, doch die Verwendung von Stromleisten, die langfristige Statistiken über Inbetriebnahme und Stromnutzung geben, ist eine äußerst nützliche Investition. Ohnedem bleibt nichts anderes übrig, als den Stromverbrauch zu verschiedenen Zeiten stichprobenartig zu messen. Dies ist besser als gar nichts, kann am Ende jedoch teurer ausfallen, wenn dazu eigens ein Elektriker hinzugezogen wird. Für gewöhnlich gibt es den einen oder anderen Server, der nur wenige Male im Monat benötigt wird und nicht ununterbrochen laufen muss. Diese Server lassen sich virtualisieren oder zumindest über intelligente Stromleisten bedarfsgerecht schalten. Server nachts abzuschalten, kann schon eine Variante sein.

Wenn das RZ auf Virtualisierung setzt, darf sich die Betrachtung nicht allein auf die Stromaufnahme der CPU richten, sondern auf den Stromverbrauch generell. Der Betreiber sollte sich zuerst von den Stromfressern unter den Servern trennen. Dies bedeutet bisweilen, sich von einigen Ressourcen zu trennen, führt im Endeffekt aber zu wirksamen Einsparungen.

Standort der Geräte: Im Fall einer "Any-to-All"-Verkabelungskonfiguration ist es möglich, die Server dort aufzustellen, wo es für Stromversorgung und Kühlung am sinnvollsten ist, und nicht dort, wo ein Switchport verfügbar ist. ToR-Switching (Top of Rack) schränkt die Stellmöglichkeiten für Geräte mitunter erheblich ein und schafft Wärmenester (Hotspots), die zusätzliche Kühlung erfordern. Nur weil die für Server zuständige Abteilung das Budget für einen neuen Server bekommen hat, bedeutet dies nicht, dass auch die für Vernetzung zuständige Abteilung das Budget für einen neuen Switch hat, um diesen an der günstigsten Stelle im RZ zu platzieren.

Wenn der Bereich bereits vorverkabelt ist, kann der Server überall aufgestellt und über den zentralen Patch-Bereich angeschlossen werden. Dies reduziert die Anzahl der erforderlichen Switchports und erhöht die Flexibilität des RZs. Unter gewissen Umständen sind ein paar zusätzliche Kabel nötig. Die Verkabelung ist jedoch passiv, verursacht keine Wartungskosten, und wenn sich durch ein paar extra Kabel zusätzliche Kühlung vermeiden lässt, zahlt sich das kräftig aus.

Kühl ist nicht gleich kalt: Es ist zu prüfen, ob wirklich alle CRAC-Einheiten (Computer Room Air Conditioning) laufen müssen und ob die Temperatur eventuell höher eingestellt werden kann. CRACs arbeiten effektiver, wenn sie wärmere Luft aufnehmen und altern dabei langsamer. RZs müssen nicht auf Kühlschranktemperatur gekühlt sein, damit die Geräte zuverlässig funktionieren. Betreiber könne sich an der vom Hersteller angegebenen maximalen Betriebstemperatur orientieren. Die Aktivkomponenten der meisten Hersteller unterstützen höhere Temperaturen, als in den RZ vorhanden sind.

Warm- und Kaltluft dürfen sich nicht vermischen: Wenn das RZ nach dem Prinzip Warm-/Kaltgang arbeitet, sollten die Schränke zusammengefasst und überall Blindplatten angebracht sein, wo keine Geräte vorhanden sind. Warm- und Kaltluft dürfen sich bei der Luftzufuhr der Geräte nicht vermischen.

Verlust von Kaltluft vermeiden: Die Installation von Bürstenleisten oder Luftkissen im Boden bietet sich an den Stellen an, wo es Kabeleinführungen gibt. Die Öffnungen befinden sich im Allgemeinen auf der Schrankrückseite, wo es keinesfalls zu einem starken Verlust an kalter Luft kommen darf. Bei der Verwendung von Luftkissen muss sichergestellt sein, dass nach der Durchführung von Steckungen (MACs) die Öffnungen wieder richtig abgedichtet sind. Bürstenleisten lassen sich einfacher handhaben und tragen dazu bei, den statischen Druck im Doppelboden aufrecht zu erhalten.

Geräte klug anordnen: Geräte, die mehr Wärme erzeugen, sollten im unteren Bereich der Racks platziert werden, sofern es sich um Systeme mit Doppelboden handelt und möglichst dicht an den CRAC-Einheiten. Server in RZ sind oft nach Funktion oder Verantwortlichkeit zusammengefasst oder einfach dort aufgestellt, wo Platz vorhanden ist. Nicht immer sind diese Standorte auch am besten für die Kühlung der Server und Vermeidung von Hotspots geeignet.

Alte Verkabelung entsorgen: Kabel, die im Doppelboden und in Kabelführungssystemen über den Schränken verlegt sind, können mit der Zeit zum Problem werden, wenn es keine Strategie zum Rückbau der Verkabelung gibt. Bei sorgfältiger Planung wirken sich Unterbodensysteme nicht negativ auf die Kühlung aus. Ähnlich sieht es bei den Kabelführungen aus, die über den Schränken verlaufen und an der Schrankrückseite enden, wenn weitere Kabelwannen ergänzt werden. Sie wirken wie ein Deckel auf der heißen Luft und verhindern, dass sich diese durch die Entlüftungssysteme effizient aus dem Raum saugen lässt.

Server außer Betrieb nehmen: Server, die für bestimmte Anwendungen nicht mehr dienlich sind, sollten ausgesondert werden. In vielen RZ stehen Server, die schon lange keinen Datenverkehr mehr gesehen haben und dennoch in Betrieb sind, typischerweise dann, wenn ein Ersatz-Server aufgestellt wird und der alte für den Fall der Fälle weiterläuft.

Mit neuen Switches und Server-Karten vom energieeffizienten Ethernet profitieren: Im September 2010 hat die IEEE das energieeffiziente Ethernet verabschiedet. Damit ist es möglich, dass Ports das Burst-Verhalten der Ethernet-Übertragungen ausnutzen und in den Ruhezustand übergehen, wenn kein Datenverkehr stattfindet. Im Ergebnis wird der durchschnittliche Nettostromverbrauch signifikant niedriger sein.

Stromrabatte erfragen: Betreiber sollten sich an den Energieversorger wenden und nach Rabatten fragen, um von der effizienteren Technik zu profitieren. Der von staatlicher Seite ausgeübte Druck auf die Energieversorger soll die Anwender in Fragen Stromeinsparung unterstützen. Ob diese ein offizielles Umweltprogramm haben oder nicht - es kann nicht schaden, nach günstigen Konditionen zu fragen. Dies lohnt sich selbst dann noch, wenn der Anbieter nur zu Nebenzeiten niedrigere Preise anbietet. Die intensiven Rechnerprozesse und Backups in die verkehrsschwachen Zeiten zu verlegen, kann schon ein stattliches Sümmchen auf der Jahresstromrechnung ausmachen.

Verkabelung kaufen, die sich lange nutzen lässt: Es liegt im ureigenen Interesse des Anwenders und leistet einen großen Beitrag für die Umwelt, Verkabelungssysteme mit maximaler Lebensdauer und hohen Bandbreiten zu installieren, sodass weniger Kabelmaterial über die Zeit auszutauschen ist. Die spart wertvolle Rohstoffe wie Kupfer oder Aluminium.

Der im Februar 2008 verabschiedete Kategorie-7A/Klasse-FA-Standard spezifiziert 1 GHz pro Übertragungskanal, wodurch beträchtlich mehr Bandbreite bereitgestellt wird als bei der derzeitigen Netzwerkgeschwindigkeit von 10 GBit/s (erfordert 500 MHz). Mit leistungsfähigeren Verkabelungssystemen der Kategorien 6A, 7 und 7A und Klassen EA, F und FA lassen sich die Vorzüge des Short Reach Mode bei 10GBase-T Übertragungen bis 30 Meter nutzen, der als Energiesparmodus mit niedrigeren Leistungspegeln für Server und Netzwerk-Ports arbeitet.

Von den Vorteilen höherer Übertragungsraten profitieren: Netzwerkverbindungen über Ports mit höherer Übertragungsgeschwindigkeit zwischen Servern, Switches und SAN verbrauchen weitaus weniger Strom als über mehrere Ports mit niedrigerer Datenrate. Als Beispiel sind das bei 10GBase-T-Energiesparchips im Kurzstreckenmodus etwa 2,5 W pro Port. Im Vergleich benötigen zehn einzelne GbE-Ports für die gleiche Übertragungsleistung 5 W. Die neue Chiptechnik verspricht massive Einsparungen bei gleichzeitig höheren Datenraten.

Einsparungen in der Summe sehen: Entscheidungen sollten im Vorfeld in ihrer Gesamtheit betrachtet und mit allen finanzierenden Abteilungen abgestimmt werden. Neben Energieverbrauch sind auch die im Laufe der Zeit anfallenden Wartungskosten (basierend auf dem Anschaffungspreis der Geräte) und der Stromverbrauch der Server-NICs im Vergleich zu dem der Switchports zu sehen. Was wird benötigt, um eine einzelne Stromversorgung umzurüsten? Ist dies im Feld machbar oder ist das komplette Chassis zu tauschen? Vorsicht bei Anbietern, die behaupten, dass dies allein ausreicht, um Geld zu sparen. Später Komponenten zu einem teureren Preis zu ergänzen oder im laufenden Betrieb zu tauschen, weil man der Aussage blind vertraut hat, kann schnell in einem negativen ROI resultieren.

Viele RZs gehen zu einem einzelnen Gesamtbudget über, anstatt jeweils ein Budget für Gebäude, Server, Netzwerk, Sicherheit und Anwendungen zu verwenden. Die kurzsichtige Entscheidung einer einzelnen Abteilung kann ungeahnte Konsequenzen für alle anderen haben. Ein kluges Herangehen macht Einsparungen in Größenordnungen möglich, dass sich davon Umweltprojekte finanzieren lassen.

Die Vorzüge der Fernüberwachung und Abschaltung nutzen: Intelligentes Infrastruktur-Management (IIM) hilft durch Netzwerk-Monitoring, auf der physischen Ebene Ausfallzeiten zu minimieren. Es zeigt, welche Geräte zwar an das Netzwerk angeschlossen sind, aber nicht genutzt werden, und beschleunigt darüber hinaus die Fehlersuche. Erhebliche Einsparungen lassen sich an überbuchten Ports realisieren, die Geld und Strom kosten und zu warten sind, selbst wenn sie ungenutzt bleiben.

Fazit

Es gibt viele Gründe für mehr Umweltbewusstsein. Wichtig für den Klimaschutz, schont es auch Rohstoffe und Portemonnaie und beweist potenziellen Kunden eine verantwortungsvolle, ethische Herangehensweise. Am 15. April 2010 ist das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) in Kraft getreten. Große Unternehmen und staatliche Organisationen sind danach verpflichtet, den jährlichen Energieverbrauch zu messen, aufzuzeichnen, zu überwachen und die sich daraus ergebende jährliche CO2-Bilanz zu errechnen. Zur Kompensation der Auswirkungen werden demnächst CO2-Emissionsrechte im Voraus zu kaufen sein (Emissionszertifikate). Sind noch mehr Fakten nötig?

Moderne Switch-Technik schaltet inaktive Ports in den Sparmodus.

Eine Verkabelung mit hoher Lebensdauer spart langfristig Geld.

Server und Switches lassen sich im RZ durchaus auch nach kühltechnischen Anfordrungen platzieren.
LANline.

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