De-RUPS-System für das Energie-Management

Stromversorgung mit Schwungmasse

31. August 2016, 8:00 Uhr | Von Armin Höfner.

Für große Rechenzentren ist eine sogenannte De-RUPS-Anlage eine interessante Variante, um eine wirtschaftliche Form der unterbrechungsfreien Stromversorgung zu installieren und auf dieser Basis kritische Anlagen stabil und unterbrechungsfrei mit Energie zu versorgen. De-RUPS bedeutet Diesel Rotary Uninterruptible Power Source.

Für eine redundante Versorgung und zur Gewährleistung des Energie-Managements sind in diesem Fall die IT-Systeme der RZ-Kunden in den Colocation-Flächen im RZ über ein den De-RUPS nachgeschaltetes IP-Bus-System (Isolated Parallel) bedarfskonform versorgt. Die Anlage nutzt kinetische Energie - also Schwungmassen - anstatt der typischerweise zur Überbrückung eingesetzten Batterien für die elektrische Energie. In einer Powerbridge erfolgt die Umwandlung der zugeführten elektrische Energie in kinetische Form. Die dabei entstehende rotierende Schwungmasse erzeugt bei Bedarf wieder elektrische Energie. Diese kann anstelle einer klassischen Diesel-USV-Anlage und vorgehaltenen Batterien zur Überbrückung mit Notstrom dienen.

IT-Komponenten sind sehr sensibel, was die Stromversorgung betrifft. Sie gelten als kritische Verbraucher, da sie bei Netzausfällen, die größer zehn Millisekunden andauern, sofort reagieren und Daten verloren gehen können. Datenverlust oder ein Totalausfall eines Servers oder mehrerer IT-Systeme sind ein hohes Risiko für jedes Unternehmen. Eine unterbrechungsfreie Stromversorgung im Millisekunden-Bereich ist für professionelle Rechenzentrumsbetreiber Pflicht. In den Service Level Agreements (SLAs) sind die Verfügbarkeitsklassen definiert, sodass die Sicherstellung der unterbrechungsfreien Energieversorgung - und somit auch eine USV-Anlage - in einem Rechenzentrum notwendig sind.

Herausforderung durch die Energiewende

In Deutschland ist die Stromversorgung weitgehend stabil. Die kontinuierlich umgesetzte Energiewende birgt allerdings durch die Einspeisung alternativer Energievarianten einen Risikofaktor. Die diversifizierte Energieerzeugung mischt verschiedene Energiearten und geografisch die Erzeugerquellen im bundesweiten Stromnetz. Die Verteilung der Energie innerhalb der verschiedenen Stromnetze der Energieversorger ist durch bestehende Übertragungskapazitätsgrenzen auf der Infrastrukturseite eine Herausforderung. Die existenten Stromnetze sind noch nicht so ausgelegt, um große Mengen durch Wind erzeugter Energie vom Norden in den Süden transportieren zu können. Das Trassennetz ist für mehr Transportkapazitäten deutlich auszubauen.

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Die vorgestellte Konfiguration führt zu einer hohen Redundanz, gesteigerter Wartungsfreundlichkeit und sehr großer Fehlertoleranz der USV-Anlage: Die Last der Verbraucher verteilt das System über den IP-Bus an alle angeschlossenen De-RUPS.

Die Betreiber fahren die Kraftwerke für ein ausgleichendes Energie-Management bei erzeugter Überkapazität an Energie temporär herunter. Als Sicherheitsfaktor ist ein übergreifendes Verbundnetz zur Abstützung über die Länder der Europäischen Union hinweg verteilt. Durch die auftretenden Frequenzschwankungen kommt es bei dem Zusammenspiel zu kurzen "Wischern". Diese können sowohl bei einer Zu- oder Abschaltung einzelner Kraftwerke als auch bei einer typischen Umschaltung zwischen verschiedenen Kraftwerken auftreten. Darüber hinaus können Kurzschlüsse oder andere Defekte und damit verbundene kurzfristige Schalthandlungen in einem Kraftwerk oder Stromnetz solche störenden Effekte erzeugen.

Die großen Energieversorgungsunternehmen greifen bei der Stromversorgung ständig im Betrieb regulierend ein. Rechenzentrumsbetreiber sind als große Stromabnehmer davon betroffen. Sie nutzen immer häufiger grünen Strom. Die technische Leitung hat die wichtige Aufgabe, die Spannung der Stromversorgung für das reibungslose Funktionieren der IT-Systeme der Kunden stabil zu halten. Eine USV-Lösung soll also nicht nur bei einem Stromausfall greifen, sondern auch im Normalbetrieb als Ausgleichsfunktion dienen.

Eine wirtschaftliche USV-Lösung für Überbrückungen

Das De-RUPS-System liefert Energie zum Ausgleich von Kurzzeitunterbrechungen wie "Wischer" oder "Flicker" und für andere Szenarien im Netzbetrieb. Eine De-RUPS-Anlage ist als Überbrückungsquelle sehr gut geeignet, da sich der "kinetische" Strom gut speichern und unmittelbar abrufen lässt. Das nachgeschaltete IP-Bus-System regelt die Verteilung flexibel und abhängig davon, wo die Energie erforderlich ist.

Es gibt zudem Vorteile beim Lifecycle-Management. Standard-Batterien haben eine normale Lebensdauer von etwa sieben Jahren. Für eine höhere Lebensdauer müssen Batterien zum Einsatz kommen, die wesentlich teurer in der Anschaffung sind. Typische Verschleißteile der De-RUPS-Anlagen sind dagegen ihre Lager. Die Nutzungsdauer liegt bei mindestens zehn Jahren. Ein Austausch erfolgt bei Bedarf, sodass diese Zeitspanne auch deutlich höher ausfallen kann.

Elektrotechnisch bewertet sind De-RUPS im Vergleich zu Batterien stabiler, denn diese lassen über die Lebensdauer in der Leistung nach. Bei einer hundertprozentigen Funktionsfähigkeit ist der Einsatz von De-RUPS als Schwungmassenspeicher wirtschaftlich betrachtet gegenüber Batterien - als konventionelle Akkumulatoren - auf lange Sicht günstiger. Diese Kalkulation ergibt sich trotz höherer Anschaffungskosten der De-RUPS-Methode.

Klimatisierte, relativ große Batterieräume sind nicht mehr nötig und lassen sich anderweitig nutzen. Definitiver Nachteil dieser Schwungmassenanlagen ist die höhere Geräuschentwicklung. Reine Batteriesysteme sind wesentlich leiser. In Verbindung mit der dazu erforderlichen Kühlung relativiert sich dieser Nachteil allerdings.

Funktionsweise: De-RUPS-Anlage mit IP-Bus Ergänzung

Zur Sicherstellung der Versorgung dienen sogenannte Gen-Sets als Netzersatzanlage in Kombination mit rotierenden Schwungmassen (RUPS). Die Powerbridge der De-RUPS-Anlage ist ständig in Bewegung und kann sofort kinetische Energie in Form von elektrischem Strom bereitstellen. Die Steuerung der Schwungmasse übernimmt eine elektrischen Maschine mit einer Wechselrichtersteuerung und variabler Frequenz.

Die kinetische Energie ist in einem Schwungmassenspeicher in einer rotierenden Schwungmasse gespeichert. Bei Bedarf wird sie in elektrische Energie zurückgewandelt. Die Energie steht sofort zur Verfügung, sodass eine unterbrechungsfreie Versorgung gewährleistet ist - eine erprobte Schutzmaßnahme für kritische Verbraucher in einem Rechenzentrum. Die Gen-Sets starten bei Verlust der Netzseite oder längerfristigen Unregelmäßigkeiten von mehr als einer Sekunde und übernehmen gleitend die Stromversorgung der Verbraucher. Die Gen-Sets laden die De-RUPS-Systeme wieder auf. Über eine solche Lösung lässt sich eine stabile Versorgung für den Rechenzentrumsbetrieb aufrechterhalten, solange bis die originäre Stromversorgung des externen Energieversorgers wieder zur Verfügung steht oder temporäre Netzfrequenzschwankungen ausgeglichen sind.

IP-Bus-Systems zur optimalen Lastverteilung

Zur Sicherstellung der jeweiligen Redundanz sind die Maschinen in einem speziellen IP-Bus-System eingebunden. Die Lastverteilung erfolgt automatisch und ohne Schalthandlungen. Die an die Anlage angeschlossenen IT-Systeme erhalten bei einer Störung der externen Netzversorgung unterbrechungsfrei die nötige Energie. Die automatische Lastverteilung zwischen den Anlagen läuft über ein Ringsystem mittels zwischengeschalteter Drosseln. Der IP-Bus ist als ringförmiges System konzipiert.

Diese Konfiguration führt zu hoher Redundanz, gesteigerter Wartungsfreundlichkeit und sehr großer Fehlertoleranz der USV-Anlage. Die Last der Verbraucher verteilt das System über den IP-Bus an alle angeschlossenen De-RUPS. Alle De-RUPS-Anlagen sind daher mit einer relativ gleichmäßigen Last belegt. Bei einem Ausfall einer Anlage übernimmt die verbleibenden De-RUPS-Einheit die entsprechende Last automatisch. Dadurch ist auch im Störfall auf der Verbraucherseite die Versorgung und Redundanz gewährleistet.

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Die großen Energieversorgungsunternehmen greifen bei der Stromversorgung ständig im Betrieb regulierend ein. Rechenzentrumsbetreiber sind als große Stromabnehmer davon betroffen.

Bei einem Kurzschluss auf der Verbraucherseite ist hauptsächlich die diesen Pfad versorgende Anlage mit dem Hauptkurzschlussstrom beaufschlagt. Bei einem Ausfall der externen Versorgung liefert nun die USV-Anlage die benötigte Energie unterbrechungsfrei an die Verbraucher. Bei Netzwiederkehr erfolgt eine synchronisierte und weiche Rückschaltung. Die Netzersatzanlage, die gegebenenfalls startet, schaltet nach einer Nachlaufzeit von in der Regel fünf Minuten Dauer aus.

Bezüglich der Einsatzzeit einer Netzersatzanlage ist zu beachten, dass der Start auch lastabhängig erfolgen kann. Der Start kann in Abhängigkeit von der Schwungmassenenergie erfolgen und verzögert sein. Der Start der Gen-Sets kann zum Beispiel erst bei 60 Prozent erfolgen, was mehrere Sekunden ausmachen kann.

Energie-Management der USV-Anlage

Die Lastverteilung erfolgt ausschließlich über Drosseln und den angeschlossenen IP-Bus. Bei gleichmäßiger Verteilung der Verbraucher ist die Energielast im IP-Bus gleich Null. Lediglich bei unterschiedlichen Lasten an den Verbraucherabgängen ist sie über den IP-Bus gezielt verteilt. Im Ergebnis liefern alle USV-Anlagen eine relativ gleichmäßige Leistung entweder in den IP-Bus oder direkt an die angeschlossenen Verbraucher.

Die Hersteller haben die De-RUPS-Anlagen in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Durch die Energiewende und die damit extrem gestiegenen Energiekosten sind alle Hersteller von USV-Systemen in der Pflicht, die Verluste (die sogenannte Verlustenergie) auf ein Minimum zu reduzieren. Bei Batterieanlagen führt dies bisweilen zum Beispiel zu Spezialzuständen, die einen Wirkungsgrad nahe 1 darstellen, was Experten jedoch kritisch sehen. Solche Anlagen sind dann nicht online, jedoch sofort verfügbar, falls nötig. De-RUPS-Anlagen können abhängig von der Last im IP-Bus-System ebenfalls in einen Standby-Modus gehen. Eine übergeordnete Steuerung überwacht die Zustände und fordert bei Bedarf die auf eine Standby-Funktion geschaltete Anlage an. Dies ist sicher ein positiver Aspekt, solange er im Einklang mit den SLAs und den darin festgehaltenen Verfügbarkeiten steht, je nach Definition (n+1, n+2) oder noch höherer Redundanz (n+n).

Der Wirkungsgrad einer De-RUPS-Anlage liegt ab 50 Prozent Last bei 95 Prozent oder mehr. Dabei sind nicht allein die Verluste der Anlagen ausschlaggebend, sondern die Gesamtheit nachstehender Faktoren:

hoher elektrischer Wirkungsgrad und

natürliche Kühlung reicht aus, keine zusätzlichen Kühlsysteme sind nötig.

Für den operativen Bereich ebenfalls wichtige Argumente bezüglich Kosten und Lifecycle-Management sind eine einfache Wartung, die geringe Stellfläche, eine hohe Lebensdauer sowie eine hohe Flexibilität beim Anlagendesign.

In der Regel sind vom ersten Tag an RZ-kundenseitig nicht 100 Prozent Last in den Verträgen gefordert, jedoch mit Beginn des Betriebs eine nahezu einhundertprozentige Verfügbarkeit. Die Anlagen in einem Rechenzentrum müssen einer Tier-3- oder Tier-4-Konfiguration entsprechen. De-RUPS-Anlagen lassen sich über den IP-Bus nachträglich zuschalten. Dies bedeutet, dass beim Erstausbau nur die unbedingt notwendigen Anlagen zur Gewährleistung der Redundanzanforderung vorhanden sein müssen. Die Schaltanlage für den IP-Bus muss für den weiteren Aus- und Einbau der De-RUPS allerdings skalierbar vorbereitet sein. Wenn dies planerisch beachtet ist, lassen sich nachträglich Anlagen in den Verbund schalten, ohne dass diese wie bei Batteriesystemen in einem übergeordneten Verbundsystem mittels Softwareänderungen zu konfigurieren sind. Eine Erweiterung ist durch zusätzliche De-RUPS-Einheiten bei Erhöhung der Lastbereitstellung - zum Beispiel bei RZ-Ausbau oder steigendem Leistungsbedarf bei den RZ-Kunden - ohne großen Aufwand umsetzbar.

Empfehlung

Ab einem Stromverbrauch von 1,5 Megawatt empfehlen Experten eine De-RUPS-Anlage. Im Vergleich zu Batterien ergibt sich eine höhere Energieeffizienz bei geringerem Platzbedarf und durch höhere Energiedichte. Ist der benötigte Leistungsbedarf ermittelt, kommt es darauf an, dass die De-RUPS-Anlage entsprechend der gesamt benötigten Leistung skaliert. Dann können Systeme zum Einsatz kommen, die im Betrieb einen Wirkungsgrad von mehr als 97 Prozent erreichen. Dies spart nicht nur Kosten für den Erstausbau, sondern auch laufende betriebliche Ausgaben wie unter anderem die Kosten für Strom, Diesel und Wartung. Zudem können lassen sich bei steigendem Leistungsbedarf einzelne Anlagen in einen Verbund einfügen, ohne dass dies zu betrieblichen Einschränkungen führt - dieses Risiko ist dann minimal.

Armin Höfner ist technischer Leiter bei Telehouse Deutschland ().

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