Energieeffizienz im Rechenzentrum

Wege zum "Klimawandel" im RZ

17. Februar 2016, 7:00 Uhr | Peter Dümig, Sr. Server Product Manager, Server Center of Competence - Germany, Dell/EMEA Enterprise Solutions Group, www.dell.de./pf

Die Nachfrage nach Server- und Speicherleistung in den Rechenzentren wächst unaufhörlich - und damit auch der Energiebedarf. Trotz einiger Fortschritte sind weitere Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz nötig. Ansatzpunkte ergeben sich etwa durch die Nutzung energiesparender Server- und Speicherkomponenten, den Einsatz fortschrittlichen Infrastruktur-Managements sowie moderne, umweltfreundlichere Kühlverfahren.Die gute Nachricht vorab: Als Folge von Effizienzmaßnahmen hat sich in den letzten Jahren der Anteil der Klimatisierung - gleichzeitig der größte Einzelposten - am gesamten Stromverbrauch von Rechenzentren deutlich reduziert. In einem typischen, 1.000 Quadratmeter großen Rechenzentrum nahm er von 33 Prozent im Jahr 2008 auf 22 Prozent im Jahr 2015 ab - und sank damit um ein Drittel. Zugleich aber ist in diesem Zeitraum der Anteil der Server, Speichersysteme und Netzwerkkomponenten am gesamten Stromverbrauch spürbar angestiegen, nämlich von 45 auf nunmehr 59 Prozent [1]. Diese strukturellen Veränderungen bringen für Unternehmen mit Rechenzentren in der genannten Größenordnung erhebliche Herausforderungen bezüglich Konzeption, Planung und Betrieb mit sich. Die naheliegenden Anknüpfungspunkte ergeben sich dort, wo kurzfristig die größte Wirkung zu erzielen ist. Der Bereich der Klimatisierung zeigt, welche Fortschritte bei einer konsequenten Vorgehensweise möglich sind. Der nächste große Posten ist die Optimierung der IT-Hardware. Vereinfacht ausgedrückt muss jedes Watt an Energieverbrauch, das sich bei Servern, Speichersystemen und Netzkomponenten einsparen lässt, nicht gekühlt und mit einer USV abgesichert werden. Energieeffizientere IT-Komponenten führen so in gleich zwei Bereichen zu Einsparungen.   Energieverbrauch bei der Beschaffung berücksichtigen Im Grunde genommen setzt die Frage der Energieeffizienz bereits bei der Auswahl und Beschaffung der Komponenten an. Als Folge eines höheren Verbrauchs einiger aktueller Systeme und steigender Strompreise spielen die Energiekosten einer IT-Komponente eine wichtige Rolle. Eine allgemeine Kenngröße dafür ist die IT-Leistung pro Energieeinheit - beispielsweise eine Kilowattstunde. Informationen für eine energiebewusste Beschaffung liefert unter anderem die Veröffentlichung "Blauer Engel. Energiebewusster Rechenzentrumsbetrieb" [2]. Zusätzliche Informationsquellen sind die Specpower-Benchmarks für Server [3] oder Angaben zum Wirkungsgrad einzelner Netzteile in den IT-Komponenten [4].   Ansatzpunkte bei Servern und Speichersystemen In der Server-Einstiegsklasse lassen sich beachtliche Einsparpotenziale zur Senkung des Energiebedarfs erschließen, da viele Einzelsysteme nur sehr gering ausgelastet sind - zehn Prozent stellen durchaus keine Seltenheit dar. Gleichzeitig bedeutet die niedrige Auslastung einen geringeren Wirkungsgrad. Die Server-Konsolidierung und -Virtualisierung, bei der Ressourcen gemeinsam zur Nutzung kommen, liefert einen wirksamen Hebel für Energieeinsparung. Durch die höhere Auslastung der physischen Server, auf denen die virtuellen Maschinen laufen, sind weniger Systeme nötig, und als Folge reduziert sich dadurch der Energieverbrauch. Mit einer optimalen Planung und Umsetzung der Server-Virtualisierung sind Unternehmen in der Lage, bis zu 80 Prozent des Energiebedarfs eines Systems einzusparen. Dies ist aber noch nicht alles, denn auch bei den Server-Komponenten ergeben sich noch Optionen zur Einsparung. 2,5-Zoll-Festplatten verbrauchen weniger Strom als 3,5-Zoll-Festplatten - und solche mit geringeren Drehzahlen weniger als entsprechende mit hohen Umdrehungszahlen. Durch eine genaue Analyse des Bedarfs in einzelnen Anwendungsszenarien können Unternehmen mit der Auswahl der am besten geeigneten Komponenten eine deutliche Einsparung des Energieverbrauchs erzielen. Eine erste Möglichkeit, bei Storage-Systemen den Energieverbrauch zu senken, besteht darin, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen und ältere Modelle gegen neuere auszutauschen. Beim Stromverbrauch hat sich bei Herstellern von Speichersystemen in den vergangen Jahren einiges getan. Durch den Einsatz energiesparender Techniken können Festplatten in einen Sparmodus schalten und sind bei Bedarf schnell wieder zu aktivieren.   Energiesparende Techniken für Festplatten Grundlage für einen solchen Eco-Sparmodus bildet die MAID-Technik (Massive Array of Idle Disks). Damit lassen sich die Festplattenmotoren je nach Bedarf an- und abschalten. Die Regeln dafür legt ein Administrator fest. Bei der Datensicherung auf Disk wird eine Festplatte erst dann aktiviert, wenn sie als Zielmedium für ein Backup erforderlich ist. Nach erfolgreichem Abschluss der Sicherung schaltet das System den Festplattenmotor wieder aus. Im optimalen Fall lässt sich so der Energiebedarf eines Speichersystems um bis zu 25 Prozent senken.   Erfassung und Überwachung des tatsächlichen Verbrauchs Die Beschaffung energieeffizienter Server und Storage-Systeme bietet einen wichtigen Angriffspunkt zur Energieeinsparung. Der nächste Schritt ist der eigentliche Betrieb, genauer gesagt eine kontinuierliche Erfassung und Überwachung des tatsächlichen Verbrauchs. Dazu lassen sich im Asset-Management Stammdaten zu Servern, Speichersystemen, Switches und anderen IT-Komponenten erfassen. Ein solches Asset-Management ist ein zentraler Bestandteil einer DCIM-Lösung (Datacenter-Infrastructure-Management). Deren Ziel ist es, alle Bestands- und Verlaufsdaten in einer Datenbank zusammenzufassen und auszuwerten. Einige DCIM-Lösungen unterstützen Administratoren bei der Planung von Änderungen. Auf der Basis der vorhandenen Infrastruktur können sie die Auswirkungen der Änderungen in einem Modell simulieren, bevor diese tatsächlich zur Umsetzung kommen. Damit lassen sich frühzeitig Redundanzen, eine Unterversorgung in der Klimatisierung oder Hotspots ermitteln und vermeiden. Andere DCIM-Lösungen ermöglichen es, den Luftfluss auf der Basis einer Computational-Fluid-Dynamics-(CFD-)Software zu simulieren. Ein solches Verfahren, das die thermischen Auswirkungen von IT-Komponenten analysiert, eignet sich für Unternehmen, die bereits grundlegende Maßnahmen umgesetzt haben. CFD berechnet die zu erwartende Temperaturverteilung und unterstützt Administratoren dabei, den Server-Raum besser auszulasten.   Ganzheitliches Energie-Management erforderlich Für den möglichst effizienten Betrieb eines Rechenzentrums ist es notwendig, alle IT- und Infrastrukturkomponenten und deren Energiebedarf in ein ganzheitliches Energie-Management einzubeziehen. Den größten Kostenblock im Infrastrukturbereich bildet nach wie vor die Klimatisierung. Auch wenn es in diesem Bereich in den letzten Jahren Fortschritte gab, bleibt noch viel zu tun. Bei der Klimatisierung beziehungsweise der Kühlung lassen sich zwei Varianten unterscheiden: die direkte und die indirekte freie Kühlung. Bei der direkten freien Kühlung wird die Außenluft über Luftklappen in das Rechenzentrum geleitet und die wärmere Innenluft auf umgekehrtem Weg abgeleitet. Die indirekte freie Kühlung hingegen überträgt die Wärme aus den Server-Räumen über Wärmetauscher in einen zweiten Kühlkreislauf. Letzterer gibt über einen Rückkühler die Wärme an die Außenluft ab. Der Vorteil der freien Kühlung liegt grundsätzlich in dem deutlich niedrigeren Stromverbrauch des gesamten Kühlsystems im Vergleich zur klassischen Klimaanlage. Im optimalen Fall einer niedrigen Außentemperatur kann das Gesamtsystem die notwendige Kühlleistung vollständig durch die freie Kühlung sicherstellen. Die Temperaturregelung der IT mit Frischluft spart Rechenzentren Energie und macht vielerorts die stromfressenden Klimaanlagen überflüssig.   Fazit Die Anforderungen an die IT-Komponenten und deren technische Funktionen haben sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt, und diese Entwicklung wird sich weiter rasch fortsetzen. Bei der Modernisierung und dem Neubau von Rechenzentren sollten Unternehmen in allen Bereichen Lösungen einsetzen, mit denen sie flexibel auf neue Gegebenheiten und IT-Architekturen reagieren können.

Zur Bestimmung der IT-Leistung pro Energieeinheit dienen bei Servern die Specpower-Benchmarks: So brachte es beispielsweise der Dell Poweredge R730, ausgestattet mit 64 GByte RAM und Intel Xeon E5-2699 v3 mit 2,30 GHz, im Specpower-Benchmark "ssj2008" auf 10.206 "Overall ssj_ops/watt". Bild: Dell/spec.org

Änderungen beim Energieverbrauch eines exemplarischen Rechenzentrums mit 1.000 Quadratmetern im Zeitraum von 2008 bis 2015. Bild: Borderstep

Die Entwicklung des Energieverbrauchs von Rechenzentren in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2020. Bild: Borderstep

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