Steigerung der Energieeffizienz im Überblick

Checkliste für den Energieeinsatz

17. April 2012, 6:00 Uhr | Andreas Müller/jos, Manager Operations bei Interxion Deutschland.

Ökologische Aspekte, steigende Energiekosten und die politische Diskussion rund um die Energiewende geben Betreibern von Rechenzentren verstärkt Anlass, sämtliche Stellschrauben zum stromsparenden Betrieb ihrer Infrastruktur zu identifizieren und zu justieren. Wer denkt, dass die Energieeffizienz eines Rechenzentrums mit den eingesetzten Komponenten wie Servern und Routern steht und fällt, hat weit gefehlt. Das Stichwort lautet: ganzheitliche Betrachtung.

Dem Energiehunger einer modernen Rechner-WG ist zuvorderst durch das intelligente Zusammenspiel sämtlicher Ebenen wie IT, Kühlung und unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) zu begegnen. Voraussetzung für die Bewertung und Optimierung der Energieaufnahme ist eine Kennzahl, die den Status quo definiert und anhand derer sich ein avisierter Zielwert festlegen lässt. Eine der zentralen Messgrößen im Rechenzentrum stellt die Einheit „Power Usage Effectiveness“ (PUE) dar. PUE beziffert die Energieeffizienz im Rechenzentrum. Der Wert ist ein Quotient, der die insgesamt im Rechenzentrum verbrauchte Energie in Relation zur Energieaufnahme der dort betriebenen Rechner setzt.
 
Es handelt sich dabei um einen theoretischen Wert, denn es entstehen bereits Verlustleistungen auf den Versorgungswegen und dieser Wert ist somit nicht erreichbar. Wie jedoch ist den großen und kleinen Stromfressern beizukommen, um sich der perfekten 1 im Rechenzentrum zu nähern? 
 
Check 1: Rechenzentrumsdesign
 
Der beste Weg, Energie zu sparen, ist, diese nicht zu verschwenden. Was ein wenig nach Ringelnatz oder Morgenstern klingt, lässt sich in ein schlichtes Schlagwort packen: Modularität. Für ein Rechenzentrum sind das A und O des effizienten Betriebs, Ressourcen zunächst vollständig auszulasten, bevor neue bereitgestellt werden. Konkret ist dabei die Vorhaltung nicht benötigter Kapazitäten zu vermeiden. Die Basis dafür ist eine sehr detaillierte Planung, die sich am besten von Rechenzentrumsbetreibern umsetzen lässt, die für Konzeption und Bau selbst verantwortlich zeichnen.
 
Als Beispiel können Colocation-Anbieter wie Interxion dienen, wo die modulare Architektur es erlaubt, die tatsächlich genutzte Infrastruktur der jeweils gegebenen Auslastung durch die IT anzupassen. So ist auch die Energieeffizienz bereits in der Startphase optimierbar. Da sich die IT immer stärker verändert, besteht die Herausforderung darin, das Rechenzentrum baulich immer auf dem neuesten Stand zu halten. Da Prognosen über künftige Entwicklungen selten zu 100 Prozent zutreffend sind, liegt die Lösung in kontinuierlichen Investitionen in Infrastrukturen und entsprechende Upgrades.
 
Check 2: IT-Infrastruktur
 
Ein unabhängiges Rechenzentrum hat nur begrenzt Einfluss auf die IT-Komponenten, die die Kunden dort betreiben wollen. Dennoch liegt ein Schlüssel zu höherer Energieeffizienz im sukzessiven Update der Peripherie zum einen und dem Betrieb und Einsatz moderner Server und Cabinets sowie deren optimaler Einhausung zum anderen. Was die von Kunden betriebenen Systeme betrifft, sollte ein RZ-Anbieter in Form von Beratung und Workshops auf alle Möglichkeiten zum effizienten Betrieb der IT-Anlagen hinweisen.
 
Dies erfolgt am besten über die Darlegung von Best Practices zur energieeffizienten Installation, Überwachung und zum Management der Systeme. Auch die Hardwarehersteller haben sich inzwischen der Notwendigkeit von mehr Energieeffizienz beim Betrieb ihrer Produkte in Rechenzentren gestellt. In den vergangenen Jahren haben sie dafür die garantierelevanten Grenzwerte für die ideale Umgebungstemperatur erhöht. Bei einer Steigerung der Zulufttemperatur im Rechenzentrum verringert sich automatisch der notwendige Output der genutzten Klimaanlagen. Auch so trägt Hardware zusätzlich zur Optimierung der eigenen Energieaufnahme und zu mehr Energieeffizienz in Rechenzentren bei.
 
Check 3: Klimatisierung
 
Beim Gesamtstromverbrauch eines Rechenzentrums entfällt ein erheblicher Anteil auf die Klimatisierung. Dieser beträgt im Mittel mindestens 20, kann aber auch bei 60 Prozent des Energiebedarfs liegen. Die Bandbreite der Optimierungsmöglichkeiten ist daher in diesem Bereich die höchste. Bei der Klimaanlagentechnik gehört dazu unter anderem die Anpassung der Volumenströmung. Weitere Maßnahmen umfassen folgende Punkte:
 
Natürliche Kühlung und Freikühlung: Wenn die standortabhängigen Gegebenheiten es erlauben, sollten Rechenzentrumsbetreiber auf die Nutzung natürlicher Ressourcen zur Kühlung zurückgreifen. So wird die Klimatisierung des Interxion-Rechenzentrums in Stockholm beispielsweise durch Meerwasser unterstützt. An den Standorten Frankfurt und Düsseldorf setzt der Betreiber auf klimafreundliche Freikühlung
 
Kaltgangeinhausung und Warmgangeinhausung: Bei der Luftkühlung im Rechenzentrum ist eine wirkungsvolle Anordnung der Server-Schränke mit abwechselnden Warm- und Kaltgängen mit Luftzuführung durch Doppelböden erforderlich. Um die positiven Effekte zu unterstützen, muss die zur Kühlung benötigte kalte gegen die warme Abluft abgeschottet werden. Abhängig von der Konstruktion und dem Aufbau des Rechenzentrums bietet sich dazu die Kaltgang- oder Warmgangeinhausung an.
 
Die Kaltgangeinhausung umfasst mechanische, selbst schließende Türen sowie Lüftungsplatten im Doppelboden. Die Cabinet-Reihen können somit auch bei hoher IT-Last effizient gekühlt werden, da sich höhere Wärmelasten abführen lassen. Bei der Warmgangeinhausung dagegen ist die warme Luft durch gezielte Absaugung isoliert und so in die Klimaanlagen eingespeist. Dadurch entsteht ein sehr effizienter, geschlossener Kreislauf. Beide Varianten ermöglichen höhere Leistungsdichten und resultieren in größerer Effizienz. Gleichzeitig tragen Maßnahmen wie die Vermeidung von Verkabelungen im Doppelboden und intelligente Konzepte in den Doppelböden, die hohe Widerstände oder Verwirbelungen der durchgeführten Luft vermeiden, zu einer noch höheren Effektivität bei.
 
Der Einsatz moderner Programme zur Simulation von Strömungsvorgängen, um die Effizienz der Anlagen zu maximieren und gleichzeitig den Bedarf der Kunden an Energie und Kühlung optimal abzudecken, unterstützt diese Maßnahmen erheblich.
 
Check 4: USV
 
Ein essenzieller Bestandteil für den Betrieb eines Rechenzentrums ist die unterbrechungsfreie Stromversorgung. Aufgrund ihrer Bestimmung besteht die Herausforderung darin, den Widerspruch Sicherheit vs. Energieeffizienz aufzulösen. Am wirkungsvollsten ist dabei ein skalierbarer Ansatz, bei dem verschiedene Einheiten ihren Dienst verrichten, die jeweils mit der aktuell erreichten Auslastung zu erweitern sind. Auch dabei gilt, dass eine höhere Auslastung einen höheren Wirkungsgrad erzielt. Kleinere Anlagen bieten zudem den Vorteil, dass sie bei etwaigen Ausfällen als Backups konfigurierbar sind.
 
Check 5: Versteckte Verbraucher
 
Neben den Energieverbrauchern, die sich auf den ersten Blick als Hauptverantwortliche ausmachen lassen, ist das Augenmerk auch auf die versteckten oder vermeintlich kleinen Posten zu richten. Ein Beispiel betrifft die Beleuchtung im Rechenzentrum. Energiesparende und langlebige Leuchtstofflampen mit Bewegungsmelder in Anlagen und Büros senken zusätzlich den Energiebedarf. Generatoren für die USV benötigen Kühlwasser, das kontinuierlich auf Temperatur zu halten ist, um bei Bedarf direkt bereit zu stehen. Außerdem ist durch geschlossene Energiekreisläufe die Wärme, die in den Rechenzentren entsteht, für eine anderweitige Nutzung wiederverwertbar. Schließlich lassen sich Emissionen bedeutend verringern, wenn der Rechenzentrumsbetreiber einen großen Anteil erneuerbarer Energien bezieht.

Die Basis für ein effizientes RZ ist eine sehr detaillierte Planung, die sich am besten von den Betreibern umsetzen lässt, die für Konzeption und Bau selbst verantwortlich zeichnen.
LANline.

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