Ein Großabnehmer von Strom sind Rechenzentren: Laut einer Bitkom-Studie liegt der Bedarf aktuell bei 16 Milliarden kWh im Jahr. Doch während die Kapazität – gemessen an der IT-Leistung – von 2010 bis 2020 um 84 Prozent gestiegen ist, hat der tatsächliche Stromverbrauch zwar ebenfalls zugelegt, aber nicht einmal ansatzweise im gleichen Tempo. So hat sich die Zahl installierter Workloads pro Kilowattstunde Strom seit 2010 verfünffacht. Moderne Rechenzentren erreichen heute mit PUE-Werten (Power Usage Effectiveness) zwischen 1,1 und 1,4 bereits eine sehr gute Energieeffizienz – nur ein kleiner Teil ihres Verbrauchs entfällt auf die Infrastruktur zur Stromversorgung oder die Kühlung der IT-Systeme. CO2-Einsparmöglichkeiten gibt es allerdings noch bei der benötigten Energie, die oftmals nicht aus regenerativen Quellen stammt. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag das Ziel festgeschrieben, ab 2027 nur noch klimaneutrale Rechenzentren neu in Betrieb zu nehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, kommt die Branche an einer vollständigen Versorgung mit Strom aus Wind-, Wasser- oder Sonnenkraft nicht vorbei. Richtig viel Potenzial steckt zudem in der Nutzung der Abwärme von Rechenzentren. Lediglich ein Bruchteil der für die Bitkom-Studie Befragten speist die industrielle Abwärme bislang in die Fernwärmeversorgung von Wohnungen und Gebäuden ein. Dies liegt an fehlenden Abnehmern (56 Prozent) und geringer Wirtschaftlichkeit (52 Prozent).
Stellschraube Rohstoffe
Die IT-Branche hängt zudem stark von wertvollen Rohstoffen wie Seltenen Erden, Lithium oder Platin ab, die oft nicht nachhaltig sind und deren Gewinnung einen hohen Energie- und Wasserverbrauch verursacht. Viele Stufen des Wertschöpfungsprozesses eines Produkts finden zudem in unterschiedlichen Ländern mit ihren jeweiligen gesetzlichen Rahmenbedingungen statt – auf globale Lieferketten können Unternehmen aber nicht immer direkt Einfluss nehmen. Aus der Verantwortung kann sich die IT-Industrie dennoch nicht stehlen; vielmehr muss sie ihren ökologischen Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen hinweg weiter verbessern. Hier hat sich in den vergangenen Jahren gerade bei Alternativen zu den bislang verwendeten Materialien viel getan: So finden beispielsweise recycelte Kohlefasern aus der Luft- und Raumfahrtindustrie als Polycarbonatbasis für die Herstellung von Laptops Verwendung. Eine andere Alternative sind Gehäuse aus Biokunststoffen, gewonnen aus den Baumabfällen bei der Papierherstellung.
Nicht jeder Rohstoff lässt sich allerdings so einfach ersetzen. Umso wichtiger ist es, wertvolle Metalle und Seltene Erden, die sich in ausgedienten Elektronikartikeln verstecken, wiederzuverwenden. Führt man sich einmal vor Augen, dass eine Tonne Festplatten 800-mal mehr Gold enthält als die gleiche Menge an abgebauten Gold-erzen, ist die Bedeutung eines geschlossenen Rohstoff-Kreislaufs sofort ersichtlich. Hier ist vor allem die IT-Industrie gefordert, jeden Schritt im Recyclingprozess zu optimieren. Eine einfache Demontage, ein minimaler Einsatz von Klebstoff und Schrauben sowie die Vermeidung unnötiger Lackierungen sind dabei Voraussetzung, um die Arbeit der Wiederverwerter zu erleichtern.
Stellschraube Geräte-Lebenszyklus
Obwohl die Rechenleistung längst nicht mehr exponentiell steigt, ist der Lebenszyklus eines Rechners seit Anfang der 1990er von durchschnittlich sieben Jahren auf heute zwei Jahre gesunken. Dabei gehen die Geräte nicht früher kaputt, sondern werden wegen geringerer Kosten lediglich häufiger durch leistungsfähigere Modelle ersetzt. Dabei gibt es eine einfache Faustregel: Je länger ein Gerät im Einsatz ist, desto besser ist es für die Umwelt. Damit dies gelingt, müssen Hersteller dafür sorgen, dass sich Hardware für künftige Anforderungen aufrüsten lässt, um fortlaufende Neuanschaffungen zu vermeiden. Zudem müssen Anwender einen einfacheren Zugang zu Ersatzteilen erhalten, damit die Anwender die Geräte wieder mehr reparieren (lassen) können und seltener austauschen müssen.
Unternehmen, die angesichts ihrer geschäftlichen Anforderungen stets auf eine leistungsstarke IT-Infrastruktur angewiesen sind, sollten bereits beim Kauf eine mögliche Weiterverwendung im Blick haben. Das heißt, passt nach ein paar Jahren die Performance der Hardware nicht mehr, können die Geräte durch Wiederaufbereitung (Refurbishing) ein zweites Leben in weniger anspruchsvollen Umgebungen wie etwa einem Trainingsraum finden. Danach muss der Lebenszyklus der IT keineswegs zu Ende sein: Schulen mit schlechter Ausrüstung oder Wohltätigkeitsvereine freuen sich über Spenden. Ein Klimakiller ist die Digitalisierung also definitiv nicht, ganz im Gegenteil: Richtig eingesetzt kann sie einen wesentlichen Beitrag leisten, um die CO2-Emissionen zu verringern.
Emanuel Lippmann ist Global Program Manager Social Impact bei Dell Technologies.