Best Practices für die Cloud-Migration

Die Cloud nachhaltig nutzen

17. August 2022, 7:00 Uhr | Eric Berg/wg
© Wolfgang Traub

Unternehmen nutzen in verstärktem Maße Cloud-Plattformen und -Services, die hohe Effizienz, Agilität und Skalierbarkeit bieten. Allerdings verbrauchen Cloud-Rechenzentren auch viel Energie – mit steigender Tendenz. Um ihre Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sollten Unternehmen bei der Cloud-Migration deshalb einige Best Practices beachten.

Die zunehmende Digitalisierung erhöht den Bedarf an Rechenleistung und parallel dazu an Energie. Laut einer aktuellen Bitkom-Studie „hat sich der Energiebedarf deutscher Rechenzentren und kleinerer IT-Installationen von 2010 bis 2020 von 10,5 auf 16 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr gesteigert“. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, vor allem getrieben durch die dynamische Entwicklung des Cloud Computings. Cloud-Rechenzentren stellen gemäß Bitkom inzwischen 33 Prozent der Rechenzentrumskapazität in Deutschland bereit. Immer mehr Unternehmen schlagen derzeit den Cloud-Weg ein. Tragen sie damit automatisch zu einem weiter erhöhten Stromverbrauch und zu einer Belastung von Umwelt und Klima bei? Nicht unbedingt.

Unternehmen können die stetig steigenden IT-Anforderungen und die verstärkte Nutzung von Cloud-Services durchaus mit ihren Nachhaltigkeitsplänen in Einklang bringen. Ein Irrglaube ist allerdings die Vorstellung: „Wir gehen in die Cloud und damit sind wir klimaneutral.“ Fünf konkrete Maßnahmen dienen daher als Handlungsempfehlung: die Auswahl des Providers, die Reduktion des eigenen CO2-Footprints, die kontinuierliche Optimierung, die nachhaltige Veränderung der IT-Landschaft und als letzter Schritt Green Coding.

1. Auswahl des Cloud-Providers: Die Verbesserung der Energieeffizienz und die Reduzierung der CO2-Emissionen beginnen bereits bei der Auswahl des Cloud-Providers. Konkret sollte ein Unternehmen dabei unter anderem auf den Energiemix, die Rechenzentrumseffizienz und die genutzten Kühlverfahren achten. Viele RZ-Betreiber setzen inzwischen auf eine Kombination aus Lösungen, Prozessen und Methoden, um die Energieeffizienz zu verbessern. Dazu zählt zum Beispiel die nachhaltige Klimatisierung mit Wasser- oder Luftkühlung. Viele Hyperscaler nutzen inzwischen prinzipiell erneuerbare Energien, beispielsweise aus Offshore-Windparks. Bei vielen kleineren lokalen Cloud-Providern ist dies oft noch nicht der Fall.

2. Reduktion des eigenen CO2-Footprints: Eine reine Migration in die Cloud ohne Abbau der eigenen Footprints bringt keine Verbesserung. Der unveränderte Parallelbetrieb eines lokal genutzten Rechenzentrums führt im Gegenteil zu einer insgesamt schlechteren Energiebilanz. Selbstverständlich müssen Unternehmen eine IT-Infrastruktur in aller Regel intern vorhalten, etwa aus Datenschutzgründen oder weil die IT nahe an der Produktion bleiben sollte. Aber nur wenn ein Unternehmen die On-Premises-Infrastruktur auf das unbedingt Benötigte reduziert, etwa mit einem Hardware-Rückbau, kann es auch den Energiebedarf senken und eine positive Klimawirkung erzielen. Zudem sollte es die verbleibenden Ressourcen nachhaltig betreiben – zum Beispiel mit Strom aus erneuerbaren Quellen und alternativen Klimakonzepten. Prinzipiell sollte jedem Unternehmen bewusst sein, dass eine 1:1-Verlagerung einer energieineffizienten On-Premises-Lösung in die Cloud in Sachen Nachhaltigkeit keinerlei Optimierung bringt. Daher sollte eine Cloud-Transformation immer die kritische Betrachtung und die Modernisierung von bestehenden Lösungen umfassen.

3. Kontinuierliche Optimierung des Ressourceneinsatzes: Ein Unternehmen muss seine Migration in die Cloud zugleich mit einem optimierten Ressourceneinsatz („Right-Sizing“) begleiten, der Verschwendung verhindert. Vor allem Just-in-Time-Provisionierung und Pay-per-Use-Modelle senken Energieverbrauch und Emissionen erheblich – ganz abgesehen von den Kostenvorteilen, die solche Verfahren einem Unternehmen bieten. Generell ist es im Zuge der kontinuierlichen Optimierung sinnvoll, nicht mehr verwendete Hardware und Systeme in der eigenen IT-Landschaft oder in der Cloud zu dekommissionieren. Schließlich hat nicht nur der reine Betrieb Auswirkungen auf die Energiebilanz, sondern auch die Bereitstellung von Umgebungen etwa für Management, Monitoring, Backup oder Security.

4. Nachhaltige Veränderung der IT-Landschaft: Ein nachhaltiger Einsatz von IT-Ressourcen bedeutet den Verzicht auf exklusive, dedizierte Server und die Nutzung von Shared-Ressourcen, beispielsweise PaaS (Platform as a Service) oder SaaS (Software as a Service). Damit können Unternehmen zum Beispiel eigene Datenbank- oder E-Mail-Server ablösen. Vielfach geht dieser Strategiewechsel mit einer notwendigen Modernisierung der Software einher. Auch Fragen wie „Wo wird am besten gerechnet?“ sollte ein Unternehmen beantworten und in Richtlinien umsetzen. In der Regel ist dabei nicht der Heim-PC des Mitarbeiters, sondern das effiziente Cloud-Rechenzentrum die optimale Lösung. Umgekehrt kann eine Datenverarbeitung vor Ort die bessere Variante sein, etwa bei Edge-Computing-Szenarien in der produzierenden Industrie.

5. Green Coding: Prinzipiell bedeutet weniger Rechenzeit weniger Energieverbrauch. Infolgedessen gewinnen derzeit auch Green-Coding-Ansätze an Bedeutung. Dabei geht es um die Optimierung des Quellcodes, beispielsweise mittels Eliminierung redundanter und überflüssiger Codezeilen oder mit der Verwendung einer Programmiersprache, die für die jeweilige Aufgabenstellung die geringste Rechenzeit aufweist. Die Optimierung erforderlicher Berechnungen ermöglicht zum Beispiel deutlich schnellere Datenbankabfragen – verbunden mit einem geringerem Ressourcenverbrauch. Voraussetzung für Green Coding ist der Zugang zu den Quellcodes. Folglich bieten sich dafür in aller Regel die Eigenentwicklungen der Unternehmen an.

Nicht zu vergessen ist aber, dass Unternehmen unter Nachhaltigkeitsaspekten eine bewusste Entscheidung gegen die Cloud beziehungsweise für die Mischnutzung von lokalen und Cloud-Ressourcen treffen können. Ein gutes Beispiel hierfür ist ML (maschinelles Lernen). So kann grundsätzlich das Training von ML-Modellen angesichts der Datenmassen und der erforderlichen Rechenleistung in der Cloud erfolgen. Kommt das Modell aber beispielsweise in der lokalen Produktionsstraße oder im stationären Kunden-Service zum Einsatz, ist eine Ausführung auf lokalen Ressourcen durchaus sinnvoll.

Der Klimaschutz gehört zu den elementaren Herausforderungen unserer Zeit. Auch ein effizienter RZ-Betrieb von Cloud-Dienstleistern ist dabei ein wichtiger Bereich. Horrorszenarien wie die Cloud als Klimakiller schlechthin sind allerdings unangebracht. So hat eine im Auftrag des Umweltbundesamts 2021 durchgeführte Studie ergeben, dass ein einstündiges Online-Meeting mit dem Notebook gerade einmal 55 Gramm CO2 freisetzt; dies entspricht einer Fahrstrecke mit dem Auto von lediglich 260 Metern. Aber natürlich gilt: Die Masse macht’s.

Prinzipiell geht die Entwicklung beim Cloud Computing bereits in die richtige Richtung: Deutsche Rechenzentren bieten heute im Vergleich zu 2010 eine fünffach höhere Rechenkapazität pro Kilowattstunde. Und gerade in Deutschland zielen viele Aktivitäten auf maximale Energieeffizienz. So müssen laut einer Vorgabe der Bundesregierung alle neuen Rechenzentren ab 2027 klimaneutral laufen. Für Unternehmen heißt das aber nicht, dass sie sich nur auf die Maßnahmen von Cloud-Providern verlassen können. Letztlich entscheidet immer nur ihr Nutzungsverhalten über ihre eigene Nachhaltigkeit.
 
Eric Berg ist Vice President Consulting Expert bei CGI Deutschland.

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