Strom sparen mit dem richtigen Kühlsystem

Energie-Management im Rechenzentrum

30. März 2016, 7:00 Uhr | Dr. Peter Koch, Vice President Solutions & Complexity Management Racks & Integrated Solutions EMEA und Manfred Willnecker ist Senior Consultant Data Center Infrastructure bei Emerson Network Power, www.emersonnetworkpower.de./pf

Vergleichen lohnt sich - auch bei der Kühlung in Rechenzentren. Der Energiebedarf von Kühlsystemen kann Unternehmen teuer kommen, denn diese können teilweise bis zu einem Drittel des gesamten Stroms verbrauchen. Bei der Entscheidung für ein geeignetes Kühlkonzept stehen drei Systeme zur Auswahl: Rack-, Reihen- und Raumkühlung. Welche Methode passt zu welcher Art von Rechenzentrum?Was die wesentlichen Unterschiede der drei Umluft-Klimalösungen sind, hat Emerson Network Power in einem Modellrechenzentrum untersucht. In der Auslegung und im Betrieb unterscheiden sich die Gesamtlösungen dabei tatsächlich nur in Details. Je nachdem wie die Rahmenbedingungen eines Projektes ausgelegt sind, entstehen aus diesen Detailunterscheidungen jedoch Vor- und Nachteile. Diese können mehr oder weniger Gewicht haben und bilden damit eine wesentliche Entscheidungsgrundlage bei der Wahl der am besten passenden Kühlmethode. Generell gibt es Grundprinzipien für Kühlsysteme, die für einen kostenoptimierten Betrieb umgesetzt sein sollten. Die Kühllufttemperatur ist möglichst hoch im zulässigen Bereich zu halten. So lässt sich Freikühlung am besten nutzen - zumindest durch Trockenkühlung. Die mögliche Unterstützung durch adiabatische Kühlung muss der Planer kritisch auf ihre Wirtschaftlichkeit prüften. Bei jeder Form der Umluftkühlung sollte die Temperaturspreizung hoch liegen, damit sich die Luftvolumenströme gering halten lassen. Außerdem gilt es, die Motoren, besonders die der Lüfter und Pumpen, durchgehend zu betreiben, damit alle Geräte im Klimasystem in Teillastbetrieb sind. Diese Arbeitsweise ermöglicht eine weit bessere Energieeffizienz als der Volllastbetrieb einiger weniger Systeme und ist in der Regel aus zwei Gründen möglich: Zum einen ist die Infrastruktur eines Rechenzentrums meist ohnehin redundant ausgelegt. Zum anderen erfolgt die Auslegung auf eine Nominallast, die im realen Betrieb nur selten erreicht wird. In der Realität lässt sich jedoch nicht immer das Optimum erzielen.   Rahmenbedingungen der Simulation Das Modellrechenzentrum, in dem die Simulation der drei Kühlungsvarianten ablief, war für den Standort Frankfurt am Main berechnet und hatte eine Nennlast von 1.000 kW. Dieser Wert liegt zwar deutlich über den normalen Lasten für kleinere und mittelständische Unternehmen, dennoch lassen sich die grundsätzlichen Erkenntnisse auch für Rechenzentren entsprechender Größe anwenden. Die Simulation sollte zeigen, wie die drei Umluft-Klimalösungen Raum-, Reihen- und Schrankkühlung im Hinblick auf möglichst geringe Gesamtkosten über zehn Jahre Betriebsdauer auszulegen und zu optimieren sind. Dabei fanden die Empfehlungen der "ASHRAE TC9.9" (American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers) Berücksichtigung, und die maximale Zulufttemperatur von 25 Grad wurde nicht überschritten. Bei der Simulation spielten die Experten jeden Betrieb unter den drei Kühlvarianten mit jeweils drei Szenarien durch - in Form unterschiedlicher Nennlasten von 30, 60, und 90 Prozent.   Basis und Klimasystem Die Ausgangsbasis bildet ein IT-Raum, der mit insgesamt 100 Racks (2.200 × 1.200 × 800 mm, H×T×B) ausgestattet ist, die in zehn Reihen mit je zehn Racks gruppiert sind, und in dem eine durchgängige Trennung von Warm- und Kaltluftbereichen möglich ist (Bild 1). Für die Verkabelung sind über den Racks 500 mm Freiraum vonnöten. Aus diesen Vorgaben ergibt sich ein IT-Raum mit einer Fläche von 262 Quadratmetern und 2,7 Metern Höhe. Das im Test genutzte Klimasystem soll standardmäßig das immer noch weit verbreitete, klassische kühlwasserbasierende System sein. Dabei wird die Wärmelast, die in den elektronischen Bauteilen entsteht, innerhalb der ITK-Systeme in das Medium Luft übertragen und aus dem Rack oder Raum abtransportiert. Im nächsten Schritt transformiert ein Wärmetauscher die Wärmelast vom Medium Luft in das Medium Wasser, da dieses weit bessere Eigenschaften als Wärmeträger besitzt. Um die Wärmelast schließlich ganz aus dem Gebäude zu führen, durchläuft sie ein Glykol-Wasser-Gemisch im Außenbereich und lässt sich in einem Kaltwassersatz mit Freikühlfunktion an die Umgebung abführen. In Bild 2 ist dieser Vorgang schematisch dargestellt.   Energieversorgung und -verbrauch Im Modellrechenzentrum wird - wie in jedem anderen Rechenzentrum auch - energetisch betrachtet elektrische Energie in die IT-Räume eingetragen. Gemäß Energieerhaltungssatz wandelt sich die eingebrachte elektrische Energie vollständig in Wärmeenergie um, die aus den Räumen abzuführen ist. Bild 3 veranschaulicht diesen Vorgang in schematischer Form. Allgemein bekannt ist, dass die Gesamtkosten beim Betrieb eines Klimasystems wesentlich durch die Energiekosten bestimmt sind. Um diese so gering wie möglich zu halten, muss der Planer die Energieeffizienz des Klimasystems genauer betrachten. Die folgenden zwei Fragestellungen gilt es dabei zu beachten: Wie groß ist der Energieeinsatz beim Bewegen der Massenströme der Wärmeträgermedien auf dem Weg von der Last bis aus dem Gebäude hinaus? Wie viel "Temperatur" geht bei den vorhandenen Übergängen von einem Wärmeträger auf den anderen verloren? Die Optimierung der Energieeffizienz eines Klimasystems steht praktisch im Widerspruch zur Minimierung der Investitionskosten, weshalb die geringsten Gesamtkosten immer durch einen Mittelweg zu erreichen sind. Einen möglichen Mittelweg bieten Techniken, die auch im Teillastbetrieb sehr hohe Wirkungsgrade erlauben.   Die Ergebnisse Bei dem Test im Modellrechenzentrum kamen für die drei unterschiedlichen Kühlsysteme folgende Ergebnisse zustande: Rack-Kühlung: Bei dieser Kühlmethode sollten die Server-Schränke - nach dem Kaltgang-Warmgang-Prinzip - Rücken an Rücken stehen. Der passive Schrank-Rücktürkühler, der bei dieser Kühlmethode an das Rack angebaut wird, ist im Kern ein Luft-Wasser-Wärmeübertrager und befindet sich - wie der Name sagt - an der Rückseite des Racks. Er sorgt für die Ableitung der entstandenen Wärmelasten von bis zu 35 kW aus den Server-Schränken über das Kühlwasser. Die Luft verlässt die Server-Schränke zurückgekühlt, muss aber aus dem Gang hinter den Racks ohne große Druckverluste vor die Racks fließen können. Durch die großzügige Dimensionierung der Wärmetauscher ist sichergestellt, dass im täglichen Betrieb nicht nur die gesamte Wärme der Server-Schränke abfließt, sondern auch die anderer im Raum aufgestellter Geräte vollständig absorbiert wird. Ein weiterer Vorzug ist, dass keine separaten Kühlgeräte und damit keine zusätzliche Lüfter-Antriebsenergie erforderlich sind. Außerdem benötigt dieses Konzept keine weiteren Wände oder einen Doppelboden - ebenso wenig wie eine abgehängte Decke. Dafür müssen die Verantwortlichen aber etwas mehr Raumhöhe einplanen und bedenken, dass die für die Kühleinheiten erforderlichen Wasseranschlüsse vorhanden sind. Schlussendlich erreicht die Rack-Kühlung den besten Wert für die sogenannte "PUE (mech.)" (Power Usage Effectiveness, mechanical) bei hoher Wärmelastdichte. Tabelle 1 zeigt: Unabhängig von der Laststufe steigt die PUE (mech.) nicht an. Reihenkühlung: Im Gegensatz zur Rücken-an-Rücken-Aufstellung der Rack-Kühlung sind die Kühlgeräte bei der Reihenkühlung seitlich an den Racks angebracht. Die Lüfter der Kühlgeräte ziehen bei dieser Kühlmethode die aufgeheizte Luft von der Rückseite zur Abkühlung in die Wärmetauscher und geben sie über die Vorderseite wieder ab. Durch die seitlich angebrachten Kühleinheiten verlängern sich zwar die Gänge und es ist mehr Platz in der Fläche erforderlich als bei der Rack-Kühlung. Der Betreiber muss aber keine Erhöhung der Geschosse einplanen, da auch in diesem Fall kein Doppelboden oder eine abgehängte Decke nötig sind. Weiterhin erfordert die Reihenkühlung das Kaltraumprinzip. Die Umsetzung lässt sich durch konventionelle offene Reihenkühler realisieren, welche eine Trennung von kalter und warmer Luft nach dem Kaltgang-Warmgang-Prinzip ermöglichen. Für dieses Kühlkonzept müssen mehr Kühleinheiten zum Einsatz kommen als bei der Rack-Kühlung, weil sie redundant pro Schrankreihe vorzuhalten sind. Zur Regelung der Luftfeuchte und zur Filterung empfiehlt sich ein separater Air Handler. Die PUE (mech.) steigt bei der Reihenkühlung mit einer Last von 90 Prozent im Vergleich zur Rack-Kühlung leicht an (Tabelle 2). Raumkühlung: Die Umsetzung dieser klassischen Kühlmethode erfolgt durch Umluft-Klimageräte. Wie viele Systeme davon im Raum nötig sind, hängt von der Wärmelast sowie von der Abmessung der sogenannten Klimaspange ab. Ein weiterer Unterschied zu den anderen Kühlvarianten ist, dass hier das Kaltraumprinzip nicht zum Tragen kommt und der Großteil des IT-Raums einen Warmbereich darstellt. Daher ist in diesem Fall ein Doppelboden Voraussetzung, damit sich die Kaltluftverteilung gewährleisten lässt. Eine andere Möglichkeit wäre der Einsatz einer abgehängten Decke für die Rückluft. Mit Einhausungen der Kaltgänge oder einem Wärmekanal zur Decke kann der Planer dann die Trennung von kalter und warmer Luft umsetzen. Bei dieser Kühlmethode verändert sich der Flächenbedarf für die Racks nicht. Jedoch sind im Vergleich zum Ausgangsszenario 60 Quadratmeter mehr Fläche für die Klimaspange nötig. Im IT-Raum selbst ist keine Kaltwasser-Verrohrung erforderlich. Dadurch sowie durch die größere Bauart der Umluftgeräte steht nicht nur mehr Platz für großzügiger dimensionierte Wärmeübertragung zur Verfügung, es sind auch im Vergleich mit den anderen Kühlmethoden die höchste Kaltwassertemperatur und der geringste Energieeinsatz bei der Kälteerzeugung realisierbar. Zudem erreicht die PUE (mech.) bei geringer Wärmelastdichte den besten Wert (Tabelle 3).   Fazit Die Wahl eines Kühlsystems hängt je nach Fall von unterschiedlichen Faktoren und individuellen Gegebenheiten ab. Ist genügend Fläche im IT-Raum vorhanden, sollte der Planer die Rack- oder die Reihenkühlung in Betracht ziehen. Bei entsprechender Geschosshöhe kommt eher die Raumkühlung infrage. Soll eine Kalt-Warm-Trennung integriert sein, fällt die Entscheidung eher auf die Rack- oder Reihenkühlung, da bei der Raumkühlung eine zusätzliche Einhausung erforderlich wird. Generell ist die Raumkühlung für kleinere Leistungsdichten je Rack vorteilhafter, bei höheren Lasten die Rack-Kühlung.

Bild 1. Im Modellrechenzentrum sind insgesamt 100 Racks in zehn Reihen mit je zehn Racks gruppiert (Warm-/Kaltgänge in Rot/Blau).

Tabelle 3. Raumkühlung: Die PUE (mech.) erreicht bei geringer Wärmelastdichte im Vergleich zu den anderen Kühlmethoden den besten Wert.

Tabelle 2. Reihenkühlung: Bei einer hohen Last von 90 Prozent steigt die PUE (mech.) leicht an.

Tabelle 1. Rack-Kühlung: Unabhängig von der Laststufe steigt die PUE (mech.) nicht an.

Bild 3. Energiefluss im RZ: Die roten Pfeile symbolisieren den Fluss elektrischer Energie bis zur IT-Ausstattung, die blauen Pfeile kennzeichnen den Wärmetransport aus dem Gebäude hinaus.

Bild 2. Prinzipieller Aufbau eines klassischen kühlwasserbasierenden Klimasystems.

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