An der richtigen Stelle sparen

Green IT beginnt im Kopf

24. Mai 2013, 6:00 Uhr | Peter Ackermann/jos, Manager Hosting bei Thomas-Krenn in Freyung.

Durch technischen Fortschritt arbeiten Rechenzentren und Server energieeffizienter denn je. Damit diese Entwicklung sich nachhaltig fortsetzt, ist jedoch ein Umdenken erforderlich.Rechenzentren und Server werden immer energieeffizienter. Dies belegte bereits im Mai des vergangenen Jahres eine Studie des Borderstep-Instituts im Auftrag des Bitkom. Demnach ist zwar die Zahl der in Deutschland verwendeten Server zwischen 2008 und 2011 um sieben Prozent auf gut 2,3 Millionen gestiegen, der gesamte Stromverbrauch sank jedoch im selben Zeitraum um vier Prozent auf 9,7 TWh. Dies entspricht einem Anteil von 1,8 Prozent am Gesamtstromverbrauch in Deutschland sowie dem Ertrag von rund vier mittelgroßen Kohlekraftwerken. Zu verdanken ist diese Entwicklung zum einen der effizienteren Informationstechnik selbst - insbesondere sank der Verbrauch der Server maßgeblich. Zum anderen ist dank innovativer Kühlkonzepte deutlich weniger Energie für die Klimatisierung der Rechenzentren nötig. Allein im Jahr 2011 waren durch die Steigerung der Energieeffizienz insgesamt 1,4 TWh weniger nötig, als im "Business as usual"-Szenario zu erwarten gewesen wäre. Der Trend des steigenden Stromverbrauchs der Server und Rechenzentren in Deutschland scheint somit gestoppt oder sogar umgekehrt. Dass an dieser Entwicklung nicht nur Großkonzerne beteiligt sind, soll das Beispiel der Thomas-Krenn AG zeigen. Das Unternehmen aus dem Bayerischen Wald hat sich auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb besonders effizienter Server spezialisiert und im Zuge der Firmenerweiterung ein hausinternes Rechenzentrum konzipiert, das dank eines innovativen Kühlkonzepts 90 Prozent seines Kühlbedarfs über die Außenluft deckt. Die Branche hat bereits Erfolge in puncto Nachhaltigkeit erzielen können, Handlungsbedarf besteht dennoch. Denn ein Blick auf das Green-IT-Szenario der Borderstep-Studie zeigt, dass bei konsequentem Einsatz aller aktuell verfügbaren und wirtschaftlich sinnvoll anzuwendenden Effizienztechnik der Energieverbrauch deutscher Rechenzentren um weitere 2,3 TWh niedriger ausfallen könnte. Die Frage nach dem durchschnittlichen Verbrauch eines Rechenzentrums lässt sich nicht ohne Weiteres beantworten. Was ist ein durchschnittliches Rechenzentrum? Welche Last ist erforderlich? Wie sind die einzelnen Module aufgebaut? Es gibt viele Möglichkeiten und Faktoren! Auch die Frage nach dem Energieverbrauch einer Suchanfrage lässt sich aufgrund unterschiedlicher Faktoren kaum beantworten: Wie viele Such-Server laufen genau? Wie sind diese konfiguriert? Wie gut ist der Suchalgorithmus? Zählt man die Last von nur einem Such-Server, der diese Suchanfrage bearbeitet oder vom kompletten Cluster? Dies verdeutlicht die Komplexität dieser Thematik. Gerade die IT-Branche mit ihrem großen Energieaufwand sollte sich jedoch ihrer Verantwortung bewusst sein und insbesondere beim Bau neuer Rechenzentren den Aspekt der Nachhaltigkeit mit in Betracht ziehen. Beim Bau des hausinternen Server-Raums in Freyung achteten die Thomas-Krenn-Verantwortlichen daher nach eigenem Bekunden besonders darauf, die entstehende Energie auch effizient zu nutzen. Um die inflationären Energiekosten so weit wie möglich zu senken, entschieden sie sich für ein Kühlkonzept von Huber und Ranner. Es arbeitet mit direkter und indirekter freier Kühlung sowie mit herkömmlicher Klimatisierung, die sich automatisch steuern lässt. Basis ist dabei die Lufttemperatur außerhalb des Gebäudes. Auf diese Weise kann im Laufe eines Jahres die Kühlung des Rechenzentrums zu 90 Prozent durch die Außenluft erfolgen. Ausgelegt ist das Kühlkonzept für einen Energiebedarf von 20 kW, der durch redundante USV-Systeme gesichert ist. Gegenüber der herkömmlichen Klimatisierung mit Kompressorleistung sind auf diese Weise enorme Einsparungen möglich. Zudem existiert eine Steuerung zur Beheizung des angrenzenden Gebäudes mit der warmen Abluft des Rechenzentrums. Damit die warme Luft des Server-Raums nicht ungenutzt ins Freie entweichen muss, kann das System sie in die Produktionshalle umleiten. So sinken auch dort die Heizkosten, und der Kreislauf schließt sich. Doch nicht nur bei Neubauprojekten lässt sich der Nachhaltigkeitsgedanke berücksichtigen. Auch vorhandene IT-Systeme lassen sich durch eine Reihe von Maßnahmen und Möglichkeiten optimieren. Eine der bedeutendsten Entwicklungen der letzten Zeit ist definitiv die Virtualisierung- ob für Server, Storage oder Netzwerk. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik verursacht beispielsweise ein Thin Client in Verbindung mit einer Desktop-Virtualisierung bis zu 41 Prozent weniger CO2-Emissionen als ein vergleichbares PC-System während seines Lebenszyklus. Durch die Virtualisierung sind Betreiber heute in der Lage, die Hardware-Ressourcen richtig auszunutzen und energieeffizient zu arbeiten. Anstelle eines Server-Parks mit 20 bis 30 notwendigen Servern in der Vergangenheit verrichten heute nur noch zwei bis drei Hosts mit bis zu 30 virtuellen Servern ihren Dienst. Dies verringert zum einen maßgeblich den Energieverbrauch, zum anderen erreicht man eine höhere Verfügbarkeit und leichtere Skalierung. Im hausinternen Mini-Rechenzentrum setzen die Thomas-Krenn-Techniker dabei auf die Virtualisierungslösungen von Vmware. Aktuell und auch in Zukunft werden Hersteller es nicht umgehen können, auf die Nachhaltigkeitswünsche der Verbraucher zu reagieren. Produktseitig gibt es dabei mittlerweile viele Möglichkeiten. Ob nur noch 80+-zertifizierte neue Netzteile, spezielle Niederspannungs-CPUs oder RAM mit einem sehr niedrigen W/GByte-Wert zum Einsatz kommen, all dies kann den Energieverbrauch maßgeblich reduzieren. Zum Vergleich: Lagen die durchschnittlichen, jährlichen Stromkosten eines Servers aus dem Jahr 2006, beispielsweise dem SR 1325, noch bei 352,59 Euro, waren es bei einem vergleichbaren Gerät aus dem Jahre 2009, wie etwa dem CSE 512, noch durchschnittlich 257,89 Euro. Heute verbraucht der CSE 512 sogar nur noch 92,72 Euro pro Jahr und zwar bei einer gleichzeitigen Leistungssteigerung um 500 Prozent. Die hauseigenen Low Energy Server beispielsweise verbrauchen 80 Prozent weniger Energie als ein vergleichbares Gerät auf Atom-Basis. Insgesamt erfährt das Thema "Green IT" häufig jedoch eine noch recht stiefmütterliche Behandlung, da viele Betreiber gar nicht wissen, welche Möglichkeiten schon heute existieren. Dann gilt es, sich entsprechend zu informieren und die besten Varianten zu testen sowie vor allem die eingesetzten Funktionen regelmäßig auf Einsparmöglichkeiten und Effizienz zu kontrollieren. Dies setzt ein gewisses Verantwortungsbewusstsein und Interesse für die Thematik voraus. Ein Blick auf die Energiewerte der eingesetzten Lösungen ist grundsätzlich sinnvoll. Allerdings ist das nicht immer möglich, da man häufig auf vorhandene Industrielösungen zurückgreifen muss. Bei Cloud und Hosting sollte sich der Anwender jedoch stets überlegen, welche Dienste oder Server in der Cloud laufen können. Dadurch kann die zugrunde liegende Hardware in der Regel deutlich effizienter arbeiten, was zu geringerem Energieverbrauch und zugleich geringeren Kosten führt.   Die Rolle der Software Leider kompensieren Betreiber in vielen Bereichen Leistungsprobleme immer noch mit zusätzlicher Hardware. Dies ist jedoch in den meisten Fällen überhaupt nicht nötig. Durch reine Softwareoptimierung lässt sich die Leistung des Gesamtsystems um bis zu 1.000 Prozent steigern. Sorgt ein Unternehmen etwa beim Programmieren von Web-Seiten oder Programmen dafür, dass die eigenen Algorithmen möglichst Ressourcen schonend und effizient laufen, trägt es bereits einen großen Teil zur Green-IT bei. Kürzere Laufzeiten bedeuten weniger Rechenzyklen und damit weniger Energieverbrauch. Gerade bei alten, etablierten Codes sollte man daher in regelmäßigen Abständen Kontroll-Audits durchführen und überlegen, ob das ganze System nicht gegebenenfalls durch neue Techniken wesentlich effizienter zu nutzen ist. Das intelligente Nutzen von Caches zum Beispiel kann bereits einiges bewirken. Unter welchen Bedingungen das Gesamtsystem und die einzelnen Komponenten optimal laufen, lässt sich am besten durch detaillierte und regelmäßige Überprüfung ersehen. Wenn in einem Server beispielsweise ein RAID-Controller verbaut ist, der auf Streaming-Performance optimiert wurde, wird eine hauptsächlich Random-I/O produzierende Anwendung kaum das Optimum an Leistung erreichen. Sollte es in der Programmierung allerdings gelingen, diesen Random-I/O im RAM zu cachen, dort zu sortieren, um dann als "Stream" auf das RAID-System zuzugreifen, wird dies ein paar Leistungspunkte einbringen. Ein Standardrezept zur Prozess-Optimierung gibt es leider nicht. Aber jegliche Art von Beschäftigung mit dieser Thematik hilft bereits dabei, Green-IT weiter voran zu treiben.   Fazit Green-IT beginnt im Kopf. Jeder einzelne sollte sich vorab überlegen, ob bestimmte Arbeitsvorgänge unbedingt notwendig sind. Dies fängt bereits beim Ausdrucken einer E-Mail oder beim abendlichen Abschalten des Monitors an. Gerade im Server-Betrieb oder im Hosting sind bei der aktuellen Hardware jede Menge Optionen zur Aktivierung von Stromsparmodi vorhanden, die jedoch auch genutzt werden wollen. Immer wieder sehen die Thomas-Krenn-Techniker bei Kunden, dass vorhandene Stromsparmodi im BIOS bewusst nicht aktiviert sind. Der Grund ist meist die Angst vor Effizienzverlust und schlechterer Performance. Sollte sich diese im Stromsparmodus tatsächlich bewahrheiten, lässt sich die Einstellung entsprechend optimieren und anpassen. Die angebotenen Modifizierungen und damit die Chance, Energie und somit bares Geld zu sparen, sollten nicht ungenutzt bleiben.

Energieverbrauch und Energiekosten von Servern und Rechenzentren in Deutschland im Mai 2012. Grafik: Borderstep Institute
LANline.

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