Paradigmenwechsel bei der Kühlung

Klimatisierung mit Präzision

18. April 2012, 6:00 Uhr | Marcus Meyer/jos, Produkt-Manager bei Stulz.

Neueste Studien zeigen: Das Thema Green IT ist aktueller denn je. Denn trotz Initiativen wie "The Green Grid" und deutlicher Bemühungen von Regierungsseite für eine nachhaltige Verbesserung der Energieeffizienz in den RZs steigt der Energieverbrauch weiterhin ungebremst an. Neben dem Einsatz von stromsparender Server-Technik bieten moderne Klimatisierungssysteme mit stufenlos regelbaren Komponenten eine effektive Möglichkeit, Energieverbrauch und CO2-Ausstoß von Rechenzentren langfristig zu senken.

Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und stetig wachsendem Energiehunger drohen die Betriebskosten – selbst von modernsten Rechenzentren – weiterhin überproportional zu steigen. Ein Grund dafür ist, dass der Rechenleistungsbedarf in den Unternehmen sehr viel stärker wächst, als dass energieoptimierte Systeme und der allgemeine Trend zur Virtualisierung diesen Effekt kompensieren könnten. Darüber hinaus macht sich die Energiepreissteigerung deutlich in den Betriebskosten von Rechenzentren bemerkbar. Aber auch CO2-Ausstoß und Wasserverbrauch fallen im Rechenzentrumsbetrieb zunehmend ins Gewicht. Wie jüngste Studien zeigen, ist weiter mit einer jährlichen Steigerung des Kostenanteils für den Energieverbrauch im Rechenzentrum von etwa 18 Prozent zu rechnen.
 
In den vergangenen Jahren zeichnete sich deshalb ein Paradigmenwechsel in der Betrachtungsweise von Rechenzentren ab. Stand in der Vergangenheit neben der Ausfallsicherheit maßgeblich die Rechenleistung eines Datacenters im Vordergrund, so hat sich in den letzten Jahren die Energieeffizienz als wichtiges Merkmal etabliert. Diese wird als PUE (Power Usage Effectiveness) oder deren Kehrwert DCIE (Data Center Infrastructure Efficiency) angegeben und gilt heute als De-facto-Standard im Rechenzentrumsbetrieb.
 
Auf die Energieeffizienz bezogene Kennzahlen dienen vor allem als Wegweiser, um Optimierungsprozesse besser sichtbar machen zu können. Die so gewonnenen Zahlen sind nicht statisch, sondern schwanken mit der Auslastung des Rechenzentrums. Die Ermittlung des PUE ist deshalb ein ständig laufender Prozess, bei dem der Verbrauch in regelmäßigen Zeiträumen ermittelt und verrechnet wird. Dies unterstreicht auch die Mitte des Jahres veröffentlichte Version 2.0 des PUE-Werts: Die Feststellung des Energieverbrauchs findet nach dem aktuellen Entwurf auf unterschiedlichen Ebenen statt: USV (Basic), PDU (Intermediate) und Server (Advanced).
 
Zur Ermittlung des Strombedarfs auf der besonders aussagekräftigen Server-Ebene dienen meist die in den jeweiligen Racks eingesetzten PDUs (Power Distribution Units) abzüglich des Verbrauchs von RZ-Klimatisierung, Heizung und Klimatisierung des Gesamtgebäudes sowie der Sicherheitstechnik.
 
Damit die Kostensituation in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht aus dem Ruder läuft, sind eine Reihe von sich gegenseitig beeinflussenden Einzelfaktoren zu betrachten. Zu den wichtigsten Faktoren gehören bauliche Gegebenheiten ebenso wie die Energieeffizienz des eingesetzten IT-Equipments, der USV-Anlagen und natürlich der RZ-Klimatisierung. Denn mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent des Gesamtstromverbrauchs zählt die Klimatisierung zu den Hauptverbrauchern und bestimmt damit maßgeblich die Energieeffizienz des gesamten Rechenzentrums. Durch den gezielten Einsatz besonders energieeffizienter Systeme, etwa durch gezielte Nutzung des Teillastverfahrens, ist eine deutliche Reduzierung des Energiebedarfs möglich. Die Nachrüstung mit stufenlos regelbaren Komponenten – etwa Lüftern oder regelbaren Kompressorventilen – bildet besonders für bestehende Klimatisierungslösungen einen wirtschaftlich interessanten Weg zur dauerhaften Verbesserung der Energieeffizienz. Führende Hersteller wie beispielweise Stulz bieten dazu so genannte Retrofit-Kits an, mit denen sich vorhandene Klimageräte nachträglich mit stufenlos regelbaren EC-Lüftern (Electronically Commutated) zu moderaten Kosten ausrüsten lassen. Dadurch lässt sich der Energieverbrauch der Lüfter um bis zu 80 Prozent reduzieren.
 
Die Amortisationsdauer solcher schrittweisen Verbesserungen liegt oft unter zwei Jahren und erhöht darüber hinaus die Kühlleistung der vorhandenen Klimatisierungslösung. Bei einer Neukonzeption der RZ-Klimatisierung sind die Möglichkeiten jedoch deutlich weiter gefasst.
 
Zukünftige Anforderungen einplanen
 
Ausschlaggebender Faktor für eine wirtschaftliche Klimatisierungslösung im Rechenzentrum ist neben einer optimalen Luftverteilung über Rack- oder Reihenkühlsysteme zunächst die Bestimmung der erwarteten Wärmegrundlast. Denn der erzielbare Wirkungsgrad einer Klimatisierungslösung schwankt mit der Auslastung. Wichtig ist dabei, dass schon bei der Planung ein Ansteigen der Wärmelast durch wachsende IT-Infrastrukturen innerhalb der Nutzungsdauer von etwa 15 Jahren berücksichtigt wird und das Klimasystem eine entsprechende Skalierbarkeit aufweist. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Ausfallsicherheit. Im Rechenzentrum ist eine Mehrfachauslegung (N+N) der Klimatisierungslösung unumgänglich. Hersteller können dabei mit einem speziellen Standby-Verfahren zur Verbesserung der Energieeffizienz beitragen. Im Unterschied zu herkömmlichen Verfahren nutzt beispielsweise Stulz redundante Geräte, um zusätzliche Kapazitäten im Normalbetrieb bereitzustellen und so möglichst lang im energiesparenden Teillastbetrieb zu arbeiten – in etwa vergleichbar mit der Arbeitsweise redundanter Netzteile. Bei Ausfall einer Anlage regulieren die übrigen Präzisionsklimageräte ihre Leistung entsprechend den Anforderungen nach oben und übernehmen somit temporär die Kühlleistung für das ausgefallene System.
 
Freie Kühlung – Ausweg aus der Kostenfalle?
 
Im Rechenzentrumsbetrieb hat sich die freie Kühlung zumindest innerhalb gemäßigter Klimazonen inzwischen als Königsweg herauskristallisiert, da sie auch gegenüber Kaltwassersätzen deutliche Effizienzvorteile bietet. Durch eine stetige technische Weiterentwicklung kann die freie Kühlung heute schon ab einer Außentemperatur von 26 Grad effizient arbeiten. In Deutschland trifft dies durchschnittlich auf über 200 Tage im Jahr zu. Durch die gezielte Nutzung der Temperaturdifferenz zwischen warmer Innenluft und der kühleren Außenluft erreichen Systeme mit direkter freier Kühlung einen enorm hohen Wirkungsgrad, weil sich so – abhängig von den meteorologischen Daten des Standorts – die Betriebsstunden der energiehungrigen Kompressorkühlung um bis zu 95 Prozent reduzieren lassen.
 
Daten aus der Praxis belegen: Der Einsatz freier Kühlung kann die Betriebsstunden der Kompressorkühlung von etwa 8.700 h auf nur 500 h pro Jahr reduzieren. Dies entspricht bei einer Leistungsaufnahme des Rechenzentrums von etwa 1.000 kW/h einer durchschnittlichen jährlichen Energiekostenersparnis von über 262.000 Euro. 
 
Zusätzliche Effizienzgewinne ergeben sich durch eine gezielte Optimierung des Luftstroms. So können Systeme führender Hersteller während des Freikühlbetriebs den im Lüftungssystem montierten Wärmetauscher aus dem Luftstrom klappen. Dadurch verringert sich der luftseitige Druckverlust, sodass die Ventilatoren weniger Arbeit leisten müssen.

Lüfterräder, die nach den neuesten Erkenntnissen der numerischen Strömungsdynamik optimiert sind, verfügen dank 3D-Ausformung über eine größere Oberfläche und erreichen somit eine effizientere Luftdurchmischung bei geringerem Luftwiderstand.

Ausschlaggebender Faktor für eine wirtschaftliche Klimatisierungslösung im Rechenzentrum ist neben einer optimalen Luftverteilung über Rack- oder Reihenkühlsysteme zunächst die Bestimmung der erwarteten Wärmegrundlast. Denn der erzielbare Wirkungsgrad einer Klimatisierungslösung schwankt mit der Auslastung.
LANline.

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