Temperaturregelung vs. Kaltgangregelung mittels Druck

Kühlmethoden für Rechenzentren

26. November 2013, 7:00 Uhr | Rupert Reiter/jos,Director Product Management Racks & Solutions bei Emerson Network Power.

Spezialisten von Emerson Network Power haben zwei unterschiedliche Kühlmethoden auf den Prüfstand gestellt: Die Kaltgangregelung mittels Druck und die Temperaturregelung. Im Zentrum stand die Frage, welche der beiden Varianten die optimale Energieeffizienz liefert.Der energieeffiziente Betrieb eines Rechenzentrums steht heutzutage bei den Verantwortlichen ganz oben auf der Agenda. Neben steigenden Stromkosten spielt auch ein gestiegenes Umweltbewusstsein eine immer größere Rolle bei der Suche nach Einsparpotenzialen. Im Bereich der Kühlung ist die Trennung von Kalt- und Warmluft mittels Blindplatten, Bürsten für Kabeleinführungen oder Kaltgangeinhausungen bereits häufig realisiert. Doch auch die Anpassung der Lüfterdrehzahl der Umluftkühlgeräte bietet weiteres Optimierungspotenzial. Mit der richtigen Wahl der Regelung lassen sich Stromkosten sparen und gleichzeitig die Verfügbarkeit erhöhen. Die Techniker von Emerson Network Power haben die Druckregelung und die Regelung über die Kaltgangtemperatur für ein mittelgroßes Rechenzentrum verglichen.   Basisdaten des Testrechenzentrums Die dem Artikel zugrunde liegenden Ergebnisse haben die Experten in einem Rechenzentrum mit der folgenden Konfiguration gewonnen: Drei Kaltgänge mit jeweils zwei Mal acht Schränken (je Schrank 800 mm×1200 mm×2200 mm (B×T×H)), Schrank mit je 5 kW Verlustleistung, das heißt 240 kW im Raum; 50 Prozent bestückt (6×4 HE); Rest Blindplatten 2 HE (11 ST), Kaltgangeinhausung mit Schiebetüren an beiden Seiten, Gitterplatten im Doppelboden, Umluftkühlgerät Emerson Network Power Liebert L10EC Down (Wassertemperatur: Zulauf 15°C, Rücklauf 20°C) und Stromkosten von 0,15 Euro pro kWh.   Option 1: Temperaturregelung mit Smart-Aisle-Regelungsprinzip Bei dieser Methode ist an der Luftregulierungsöffnung des Winkelprofils der Kaltgangeinhausung - also genau zwischen Kalt- und Warmzone - ein Temperaturfühler (T1) angebracht. Im Kaltgang und im Doppelboden herrscht ein niedriger Druck von etwa 0,5 bis 1 Pascal (Pa). Infolgedessen durchströmt die Kaltluft kontrolliert die Luftregulierungsöffnung, und der Temperaturfühler T1 kann die Temperatur der aus dem Kaltgang ausströmenden Luft messen. Wenn die Server einen höheren Luftvolumenbedarf haben, als die Umluftkühlgeräte liefern, dann ändert sich die Durchströmungsrichtung am Temperatursensor. Im Kaltgang entsteht ein Unterdruck, und warme Luft strömt in den Kaltgang nach. Der Temperaturfühler reagiert auf die einströmende warme Luft und leitet an den Lüfter das Signal weiter, die Drehzahl der Lüfter zu erhöhen. Nur eine Kontrolleinheit regelt mehrere Kaltgänge in einem Raum. Dabei kann sich die Lüfterdrehzahl entweder nach der Durchschnittstemperatur aller Kaltgänge, der höchsten oder einer bestimmten Kaltgangtemperatur richten. Es hat sich außerdem bewährt, außerhalb des Kaltgangs einen weiteren Temperatursensor (T2) als Backup für T1 anzubringen.   Option 2: Druckregelung Bei dieser Methode hält das System den Druck im Doppelboden und in den eingehausten Kaltgängen permanent auf einem Differenzdruck von typischerweise 20 Pa. Die Server saugen die zur Kühlung benötigte Luftmenge an. Ein Drucksensor regelt die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten. Wenn die Server einen höheren Luftvolumenbedarf haben, als die Umluftkühlgeräte liefern, dann sinkt der Druck im Doppelboden und in den Einhausungen. Infolgedessen erhöht sich die Drehzahl. Bei einem niedrigeren Bedarf an Kühlluft erhöht sich dagegen der Druck, und die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten sinkt. Der Kaltgang ist folglich permanent etwas überversorgt. Die Regelung erfolgt im "Partnermodus", das heißt, alle Umluftkühlgeräte laufen mit gleicher Drehzahl. Zu den beeinflussenden Faktoren zählen zunächst so genannte Luftverluste. Für den Vergleich der beiden Kühlmethoden errechneten die Techniker die erforderliche Luftvolumenstrom aus der Energiegleichung für offene Systeme. Er beträgt 52.800 m3/h. Allerdings sind Schränke und Einhausungen niemals vollständig luftdicht. Daher geht - abhängig vom Druck - durch die Spalten permanent Luft verloren, die zusätzlich von den Lüftern in den Umluftkühlgeräten umgewälzt werden muss. Diese Spalten und Öffnungen entstehen automatisch durch Kabeldurchführungen und Komponenten, die flexibel auf- oder einzubauen sind, also etwa das 19-Zoll-Equipment. Die größte geometrische Spaltfläche hat der Schrank, weil er flexibel Komponenten aufnehmen muss. Diese entsteht durch die 19-Zoll-Norm zwischen den 19-Zoll-Einbauten und den 19-Zoll-Blindplatten. Weitere Spaltflächen ergeben sich durch die seitlichen Blenden für die Kalt-Warm-Trennung im Schrank und durch Bürsten. Die Einhausung selbst hat eine verhältnismäßig geringe Spaltfläche. Im Doppelboden ergeben sich Spaltflächen hauptsächlich durch die Kabeldurchführung durch Bürsten oder ähnliches. Der einzige Unterschied bei den Spaltflächen ergibt sich durch die Luftregulierungsöffnungen bei der Temperaturregelung, in denen die Temperatursensoren angebracht sind. Ein weitere Effekt ist die Strahleinschnürung: In Spalten kommt es immer zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Strahleinschnürung. Den Effekt der Strahleinschnürung auf das Durchflussverhalten berücksichtigt die Kontraktionszahl µ. Durch die Kontraktion verringert sich die tatsächlich wirksame Spaltenbreite von kleinen Spalten. Insbesondere die Strahleinschnürung durch scharfkantige Labyrinthbleche ist groß und nicht zu vernachlässigen, denn Luft strömt an Abrundungen besser vorbei als an eckigen Kanten. Auf der Grundlage der Erkenntnisse von Greitzner, Trutnovsky und Komotori ergeben sich für ein mittelgroßes Rechenzentrum mit drei Kaltgängen mit jeweils 16 Schränken bei der Druckregelung 0,882 m2 an wirksamen Spalten, für die Temperaturregelung hingegen 0,919 m2. Die Spaltfläche ist bei der Temperaturregelung somit um 0,037 m2 geringfügig größer. Um den Verlust an Kühlluft exakt berechnen zu können, ist zusätzlich die Luftgeschwindigkeit zu berücksichtigen. Bei der Temperaturregelung strömt die Luft mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 m/s durch die Regulierungsöffnungen. Der erforderliche Differenzdruck liegt nur bei 0,6 Pa, der Verlust an Volumenstrom bei 3.173 m³/h. Die Druckregelung erfolgt mit einem minimalen Druck von 20 Pa. Daraus ergeben sich eine Luftgeschwindigkeit von 5,81 m/s und ein Verlust an Volumenstrom von 19.221 m³/h. Bei der Druckregelung geht also erheblich mehr Luft durch die Spalten verloren. Infolgedessen müssen die Lüfter erheblich mehr Luft fördern, was einen entscheidenden Einfluss auf den Energieverbrauch für die Luftumwälzung hat. Mit steigendem Druck steigen auch die Kaltluftverluste an. An dieser Stelle bietet die Temperaturregelung klare Vorteile, denn aufgrund des deutlich niedrigeren Drucks im Doppelboden und in der Kaltgangeinhausung ist der Verlust an Kaltluft im Vergleich zur Druckregelung durch die Spalten geringer. Bei der Druckregelung sind die Lüfter außerdem einem permanenten Druck ausgesetzt. Dadurch kann es zu einer Lebensdauerverkürzung des IT-Equipments kommen.   EC-Ventilatoren mit geringer Drehzahl Moderne Umluftkühlgeräte arbeiten mit EC-Ventilatoren, die gerade bei niedriger Drehzahl sehr energieeffizient sind. Ein typischer EC-Lüfter benötigt für eine Drehzahl von 90 Prozent eine Leistungsaufnahme von 1.130 W. Bei einer Drehzahl von 30 Prozent reduziert sich dieser Wert auf 90 Watt und der Lüfter arbeitet um das Vierfache effizienter. Für das beschriebene mittelgroße Rechenzentrum sind mindestens drei Geräte nötig. Im einfachsten Fall laufen diese ohne Regelung mit voller Drehzahl (100 Prozent). Diese Konfiguration verbraucht mit 149.270 kWh am meisten Strom. In der Praxis planen Rechenzentrumsbetreiber gewöhnlich mit einer Redundanz von n+1. Im Beispielrechenzentrum kommen folglich vier Umluftkühlgeräte zum Einsatz. Bei den Tests im Beispielrechenzentrum ergaben sich die Stromverbrauchswerte für die Druck- und die Temperaturregelung, die in Tabelle 1 dargestellt sind. Beim Betrieb der Umluftkühlgeräte liegt die Temperaturregelung im Vergleich zur Druckregelung vorne, denn der Stromverbrauch ist weniger als halb so groß.   Kaltluftversorgung der Kaltgänge bei beiden Kühlmethoden Bei der Temperaturregelung sind in jedem Kaltgang mindestens zwei Temperatursensoren in den Luftregulierungsöffnungen angebracht. Somit ist jeder Kaltgang einzeln überwacht, und der höchste Temperaturwert in allen Gängen regelt üblicherweise die Drehzahl der Lüfter. Dadurch ist kein Kaltgang unterversorgt. Bei der Druckregelung herrscht dagegen im Bereich des Doppelbodens ein Differenzdruck von mindestens 20 Pa. Durch die perforierten Doppelbodenplatten geht der Druck auf die Kaltgänge über. Ist der Luftbedarf in einem Kaltgang höher, als die 20 Pa liefern, entsteht eine Unterversorgung dieses Kaltgangs. Eine solche Unterversorgung im Kaltgang trat in der Untersuchung jedoch nicht auf, da die Drucksensoren im Doppelboden und im Raum keinen direkten Einfluss auf die Kaltgänge haben.   Fazit Die Kaltgangregelung mittels Temperatur bietet in einem komplett geschlossenen Kaltgang deutliche Vorteile, denn sie gewährleistet eine zuverlässige Versorgung aller Kaltgänge bei halbem Strombedarf für den Betrieb der Lüfter. Zusätzlich ist die IT-Ausrüstung nicht einem permanentem Druck ausgesetzt. Für Rechenzentren ohne Einhausung ist die klassische Druckregelung weiterhin eine alternative Lösung, um die maximale Verfügbarkeit des Luftstroms für das IT Equipment zu gewährleisten.

Bild 2. Bei der Regelung über die Kaltgangtemperatur sind die Lüfter in den Raum-Klimageräten über die Zulufttemperatur für die Server geregelt. Der erforderliche Differenzdruck liegt bei nur 0,6 Pa, der Verlust an Volumenstrom bei 3.173 m³/h. Dadurch geht erheblich weniger Luft durch die Spalten verloren.

Bild 1. Bei der Überdruckregelung wird der Druck im Doppelboden und in den eingehausten Kaltgängen permanent auf einem Differenzdruck von typischerweise 20 Pa gehalten. Die Drehzahl der Lüfter in den Umluftkühlgeräten ist über einen Drucksensor geregelt.

Tabelle 1. Vergleich des Stromverbrauchs der beiden Regeltechniken.

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