Meinung: Woher der Wind weht

17. März 2011, 12:30 Uhr |

Normalerweise wäre ich dieser Tage damit beschäftigt gewesen, Berichte über SXSW zu sichten und auszuwerten, die interessanten Sachen gleich zu tweeten und das Beste zu einem Bericht in der LANline aufzubereiten. Denn SXSW (das Kürzel steht für ""South by Southwest"", also auf Deutsch ""Südsüdwest"") ist ein sehr interessantes Musik-, Film- und eben auch Geek-Fest, das jeden März in der texanischen IT-Hauptstadt Austin stattfindet.

Dieses Jahr aber war „“South by Southwest““ wieder schlicht eine Windrichtung: Wohin würde nach einem nicht mehr kontrollierbaren AKW-Störfall (ich hasse das Wort „“Super-GAU““) der Wind die radioaktiven Partikel treiben – aufs Meer hinaus oder nach Südsüdwest, also nach Tokio? Vor diesem Hintergrund war es mir – IT-Journalist hin oder her – herzlich egal, mit was für schicken neuen Apps und bunten kleinen Gadgets sich die Geeks in Austin die Zeit vertreiben. Deshalb habe ich mich auf Twitter (wo ich generell zu den Themen IT wie auch Umwelt poste) auf den Störfall in Japan konzentriert – und zunehmend auf seine Bedeutung für die deutsche Debatte um Laufzeitverlängerung, Moratorium oder den baldigen Ausstieg aus der Kernenergie.

Schon seit dem Kategorie-7-Störfall in Tschernobyl 1986 steht für mich fest: Kernenergie ist ethisch – und übrigens auch wirtschaftlich – nicht zu vertreten. Dafür sorgen die Risiken dieser Technik (gerne als „“Restrisiko““ verharmlost). Eine Risikoanalyse muss bekanntlich immer beides berücksichtigen: Die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit eines Schadensfalls ebenso wie das Ausmaß des Schadens, wenn dieser dann doch eintritt. Kernkraftbefürworter konzentrieren sich hier gerne ausschließlich auf Punkt eins – denn Punkt zwei zerschießt ihnen ihre Argumentation ein für allemal.

Als Informationsquelle über Erdbeben, Tsunami und Fukushima-Störfall war mir wieder einmal Twitter am liebsten. Das lag diesmal vor allem an einer Person: an Michael Kroker, IT-Journalist und – ich sach jetz mal flapsig – Gadget-Reporter der Wirtschaftswoche. Ihm stand offenbar nicht der Sinn danach, angesichts der Katastrophe in Japan über Smartphone-Upgrades oder sonstigen Kleingeräte-Kleinkram zu berichten. Stattdessen hat Michael Kroker von jetzt auf gleich konsequent umgeschaltet auf die Aggregation von Nachrichten aus Japan – und das seit Freitag (Stand heute: Donnerstag der Folgewoche). Respekt!

Da ich @MichaelKroker wegen seiner IT-News sowieso auf Twitter folge, war ich damit stets aktuell informiert über die dramatischen Ereignisse in Japan, ohne weiter suchen oder aggregieren zu müssen, wie es das Web 2.0 dem Benutzer sonst abverlangt. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.
Ich hoffe, mich nächstes Jahr um diese Zeit wieder auf solche Harmlosigkeiten wie das South-by-Southwest-Festival in Austin konzentrieren zu können. Zugleich aber werde ich – und müssen wir alle – ein Auge darauf haben, dass die Politik, wenn es um die sichere (!) Energieversorgung geht, ihr Mäntelchen nicht wieder nach dem Wind hängt.

LANline/ Dr. Wilhelm Greiner


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