IT-Trends aus Silicon Valley (4)

A10 Networks vernetzt Applikationen

3. August 2011, 5:56 Uhr | Stefan Mutschler/LANline

Während einer einwöchigen Tour durch Silicon Valley hatten wir Gelegenheit, die Firmenzentralen einiger technologischer Vorreiter aus den Bereichen Storage, Cloud-Storage und Cloud-Management zu besuchen. Aus den Gesprächen mit dem Top-Management konnten wir eine Reihe spannender Trends festmachen.

A10 Networks ist der Ausreißer in dieser Runde, das Unternehmen legt seinen Fokus auf das Gebiet des Web-Application Networkings. Dazu gehört eine Reihe besonderer Technologien, deren Funktion sich nur auf einem sehr abstrakten Level einfach beschreiben lässt. Ein Slogan, der vielleicht passen könnte, wäre etwa: „Das Rad neu erfunden – jetzt rund!“

A10 macht nichts, was nicht auch andere Firmen längst tun – worum es geht, ist Effizienz oder „schneller, besser, grüner“, wie sich das Unternehmen selbst charakterisiert. Der Aktionsradius umfasst dabei drei Gebiete: Wie beispielsweise F5 und Radware kümmert sich A10 Networks um die Bereitstellung von Applikationen (ApplicationDelivery), im Wettstreit mit Schwergewichten wie Alcatel-Lucent, Cisco und Juniper um die Migration von IPv4 nach IPv6 und ähnlich wie Citrix und wiederum F5 um Cloud Computing und Virtualisierung. Stark vereinfacht lautet das Rezept: Man bringe diese drei Aktivitäten in eine gemeinsame Appliance, spendiere eine dediziert dafür entwickelte Hardware und unterfüttere das Ganze mit einem exakt auf ein optimales Zusammenspiel dieser Mixtur ausgerichtetem Betriebssystem.

Was dabei herauskam, ist die Application-Networking-Plattform der AX-Serie. Das Advanced Core Operating System (ACOS), das darin arbeitet, kann in allen Modellen auf eine oder mehrere linear entkoppelte Mehrkern-CPU(s) mit Shared-Memory-Architektur und skalierbarem, symmetrischen Multiprocessing (SSMP) zurückgreifen. In den High-end-Modellen sind für Aufgaben wie Verkehrsverwaltung/LoadBalancing, SSL-Beschleunigung, Switching/Routing und Hardware-Kompression spezielle ASICs mit verbaut, in den unteren Modellklassen läuft eine Emulation dieser ASICs in der/den CPU(s). Das Spitzenmodell AX 5200 (zwei Höheneinheiten) soll mehr als 3 Millionen Ebene-4-Zyklen pro Sekunde schaffen – etwa dreimal soviel wie der stärkste Mitbewerber in seinem Gerät mit sieben Höheneinheiten, das mit etwa 400.000 Euro zudem rund doppelt so teuer ist. Neben den erheblichen finanziellen Einsparungen (in diesem Vergleich wären es pro Transaktion etwa 80 Prozent) soll das AX5200 auch eine klar verbesserte Energiebilanz liefern: 4412 Transaktionen pro Watt (maximal also 620 Watt) gibt A10 an – das wäre etwa das Zehnfache des derzeit Üblichen.

Warum A10 in seine Application-Networking-Plattform eine IPv4/IPv6 Übersetzungsmaschine mit einbaut, hat einen plausiblen Grund. Bekanntermaßen sind im Februar dieses Jahres die IPv4-Adressblöcke ausgegangen – ein Umschalten des Internet auf IPv6 zu einem Stichtag erwies sich jedoch als Utopie, denn Endgeräte, Unternehmen/Content Provider und Carrier/Service Provider müssten quasi gleichzeitig diesen Schritt tun, soll die Kommunikation nahtlos weiterlaufen. Allein viele noch im Einsatz befindliche Endgeräte wie etwa Windows-PCs bis XP (ab Vista hat Windows einen IPv4/IPv6 Dual-Stack), aber auch viele Spielkonsolen, TV-Geräte und etliche weitere Gerätespezies können mit IPv6 nichts anfangen. Aktuelle Schätzungen sagen auch, dass derzeit nur 0,15 Prozent der Top-Million Web-Sites über IPv6 erreichbar sind.Folglich werden wohl noch lange Zeit beide Protokollstapel parallel die Dienste des Internet verwalten, was entsprechende Übersetzungsmaschinen unentbehrlich macht. In den Carrier-Modellen unterstützt A10 alle drei derzeit verfügbaren Integrationsmethoden für die beiden Protokolle – von klassischer Übersetzung über Dual-Stack bis hin zu Encapsulation.

Der Kopf, Gründer und CEO von A10 Networks ist im Silicon Valley kein Unbekannter: Lee Chen hat seinerzeit bereits Foundry und später Centillion mitgegründet. Und es scheint durchaus wahrscheinlich, dass A10 nicht sein letztes Unternehmen bleiben wird. „Kleine Start-ups haben für mich einen großen Reiz“, so der hagere Mann aus China. „Man kann schnell etwas bewegen und hat kurze Entscheidungswege. Das liegt mir wesentlich mehr als die langsamen Mühlen großer Konzerne.“ Für Neugründer hat er eine wichtige Lektion: „Viele Start-ups machen den Fehler, ein Ein-Generationen-Produkt zu entwickeln, dass sie dann immer wieder versuchen zu erneuern. Der Lebenszyklus solcher Unternehmen ist oft sehr kurz. Wir sehen länger in die Zukunft und versuchen, neue Technologietrends laufend mit zu erfassen. Das bedeutet immer auch ein Risiko, sichert bei Erfolg aber dauerhaftes Bestehen.“

Nach rund fünf Jahren Aufbauarbeit ist sein 2004 gegründeter, jüngster Spross seit dem 1. Quartal 2010 lückenlos profitabel. Aktuell hat das Unternehmen weltweit etwa 1300 Kunden – sowohl im Umfeld von Web-Applikations-Providern, Betreibern von Managed Networks und Carriern, als auch bei Großunternehmen, die eigene Web-Applikationen hosten. Etwa 300 Mitarbeiter stehen im Moment auf der Gehaltsliste – wegen des starken Umsatzwachstums steigt die Zahl aber rasch nach oben. Nur drei Unternehmen im Silicon Valley sollen derzeit nach Umsatz noch schneller wachsen als A10 Networks – bezogen auf den gesamten nordamerikanischen Markt steht A10 beim Wachstum auf Platz 46.Seit 2010 ist das Unternehmen auch in Europa vertreten – in Deutschland gibt es in der Nähe Münchens ein Büro, deutscher Distributor ist Entrada in Paderborn.

Das Spitzenmodell AX 5200 (zwei Höheneinheiten) soll 4412 Transaktionen pro Watt schaffen - das wäre etwa das Zehnfache des derzeit Üblichen. Foto: Stefan Mutschler

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