Future IT-Kongress 2015, Ettlingen

Arbeitskultur gewinnt an Bedeutung

19. Oktober 2015, 7:11 Uhr | LANline/Dr. Wilhelm Greiner

Der vom Consulting- und Softwarehaus Appsphere ausgerichtete Future IT-Kongress, der Mitte Oktober zum sechsten Mal stattfand, lockte wieder über 100 Teilnehmer nach Ettlingen in die Buhlsche Mühle. Zukunftsforscher Marc Nelsen umriss die "Arbeit der Zukunft", während sich Appsphere-Vorstand Frank Roth und die Vorträge des Kongresses auf das "Arbeiten 4.0" konzentrierten.

Marc Nelsen vom Institut für Arbeitsdesign und Zukunftsforschung (I-faz) in München hat 171 Studien ausgewertet, um Trends rund um das Arbeiten von morgen zu analysieren. Zu den untersuchten Aspekten, so der Forscher in seiner Keynote, zählten Arbeitsprozesse und -technologien (der Fokus der meisten Studien), Arbeitszeit und -ort, Arbeitsorganisation, Arbeitskultur und -ethik sowie die Arbeitsinhalte. „Die Arbeitskultur wird in den nächsten Jahren auch in der Praxis immer relevanter“, so eine von Nelsens Folgerungen. Ein „großartiger Arbeitsplatz“ ist laut dem Forscher vor allem von „beeindruckenden Kollegen“ geprägt.

Als vier Megatrends beschrieb der Forscher die Digitalisierung, den demografischen Wandel, die Globalisierung sowie den Wertewandel (also Trends wie die Renaissance von „Do it yourself“ oder die Sharing Economy). Als die acht wichtigsten Entwicklungen in der Arbeitswelt nannte er: 1. Mobilität, 2. Wandel der Organisationsmodelle (etwa die Auslagerung von Tätigkeiten an Externe), 3. neues Management (z.B. demokratisierte Unternehmensführung), 4. neue Technologien, 5. Entgrenzung (Aufweichen der Grenze zwischen beruflich und privat), 6. Wandel der Arbeitsinhalte (mehr Wissensarbeiter), 7. sinnhaftere Arbeit (erkenntlich zum Beispiel am stärkeren Fokus der „Generation Y“ auf die Work/Life Balance) sowie 8. eine Vertrauenskultur als neue Unternehmenskultur.

Vor diesem Hintergrund gefordert seien vor allem soziale Kompetenz wie Beziehungs- oder Teamfähigkeit, erst an späterer Stelle folgten technische Aspekte wie IT- und Medienkompetenz. Denn soziale Kompetenz sei wichtig für die oben genannte Vertrauenskultur, insbesondere in Krisenzeiten.

Im Gespräch mit LANline diskutierte Marc Nelsen später aktuelle Entwicklungen wie die Entprofessionalisierung der Arbeit – erkenntlich zum Beispiel am US-Unternehmen Uber, das sich weltweit anschickt, etablierte Taxiunternehmer durch per App organisierte Privatfahrer zu ersetzen. Diesen Trend sah der Forscher einerseits kritisch aufgrund der Konzentration der Kundenbeziehungen auf einer einzigen US-amerikanischen Plattform; das deutsche Taxigewerbe habe mit der Mytaxi-App zwar auf Uber reagiert, allerdings erst recht spät. Andererseits profitiere aber der Kunde von mehr Wettbewerb und mehr Service seitens der Fahrer, die sich mit Blick auf eine Bestbewertung sehr um den Fahrgast bemühten.

Auch den von LANline angesprochenen Trend zur „Gig Economy“ (großflächiges Ersetzen vormals festangestellt geleisteter Arbeit durch Freiberufler, die sich von Auftrag zu Auftrag – im Musikerjargon: von Gig zu Gig – hangeln) sah Nelsen als Entwicklung mit positiven wie auch negativen Seiten: Zwar bestehe die im Terminus „Gig Economy“ enthaltene, einzelauftragsabhängige Unsicherheit zum Beispiel auf Arbeitsplattformen wie Amazons Mechanical Turk, doch hätten es Dienstleister über diese Plattform auch schon geschafft, sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen – und somit die „Arbeit auf Zuruf“ zu überwinden.

In der zweiten Keynote beschrieb Appsphere-Vorstand Frank Roth aktuelle Entwicklungen rund um das sogenannte „Arbeiten 4.0“ – also die ständig vernetzte und hochgradig IT-gestütze Arbeitsumgebung. Arbeit 4.0, so Roth, betreffe aber nicht nur die allseits betonte „digitale Transformation“, sondern „die gesamte Bandbreite der Arbeit“.

Vor allem drei Werte sind laut Roth im digitalen Zeitalter von Bedeutung: 1. Menschen – gemeint sind Mitarbeiter wie auch Kunden, wobei eben vorrangig das umfängliche Wissen über Kunden seitens Firmen wie Google oder Facebook deren Unternehmenswert ausmache; 2. Intellectual Property, insbesondere in Form von Daten und Algorithmen; und 3. der „Brand“, also die Bekanntheit der Marke und das Vertrauen in die Marke eines Unternehmens. „In der digitalen Welt gibt es keine ,greifbaren’ Assets mehr“, betonte Roth, „das Wissen über Kunden und Innovationen sind die neuen Assets.“

Innerhalb des Unternehmens entstehe Wertschöpfung vor allem durch die Wissensarbeiter, also jene Mitarbeiter, die keine Routinejobs erledigen, sondern kreativ sind, Probleme lösen und neue Dinge erfinden. Das Problem bei der Wissensarbeit, so Roth: „Sie skaliert nicht.“ Zwei Wissensarbeiter statt eines einzelnen einzusetzen bedeute eben nicht doppelt so viele Erfindungen oder doppelt so schnelle Problemlösung.

Wichtig seien angesichts dieser Tatsache Teamarbeit, Kommunikation, Aufmerksamkeit und Erfahrungsaustausch. Dies habe grundlegende Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation,- technolgien und -räume: „Das Großraumbüro ist Schnee von gestern.“

Zur Umsetzung eines modernen Arbeitsstils sei der notwendige Grad an Agilität zu gewährleisten. Diese erziele man jedoch nicht allein durch den Einsatz neuer Technologien: „Motivation und Empathie sind wichtig, nicht nur neue Tablets“, so Roth.

Nichtsdestotrotz sei für Wissensarbeiter ein IT-basierter „Next-Generation Workplace“ erforderlich, um ein hohes Maß an Collaboration, Mobilität und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Dadurch sowie durch die „Consumerisierung“ (die steigende Verbreitung von Consumer-IT in Unternehmen) steigen laut Roth die Anforderungen an die Unternehmens-IT, ebenso durch die hinlänglich bekannten IT-Trends Cloud, Social, Big Data und Mobility. „Wenn das in der Geschwindigkeit weitergeht, werden es die Unternehmen nicht mehr schaffen, das Tempo mitzuhalten“, warnte Roth.

Seine Empfehlung für das Arbeiten 4.0: Man könne nur gewinnen, wenn man Infrastruktur und Geschäft in Einklang bringe und aus einem „Baukastenset“ die jeweils bestgeeigneten Lösungen zu einer Gesamtlösung kombiniere – eine wenig überraschende Folgerung: Schließlich offeriert Appsphere mit dem „Dynamic Workspace“ eine integrative Lösung, die Virtual-Desktop-Technologien von Citrix und Microsoft um Mobile Apps und Cloud-Services wie etwa Office 365 oder Sharepoint as a Service anreichert, um Wissensarbeit möglichst flexibel und ortsunabhängig zu unterstützen.

Und so widmeten sich auch die Folgevorträge des Kongresstages vorrangig den unterschiedlichen Facetten Digital-Workspace-geprägter Wissensarbeit. Appsphere-Mitarbeiter Jan Wörner zum Beispiel erläuterte die Möglichkeiten aktueller Collaboration-Werkzeuge im Next-Generation Workspace, während sein Kollege Christian Kehl die Vorteile von Windows 10 für das moderne Arbeiten erklärte – von der „Personal Assistant“-Funktion Cortana über die endgeräteübergreifend nutzbaren Universal Apps, Identitätsschutz mittels Biometrie und integrierte Data Leakage Prevention (DLP) bis hin zur „Continuum“ genannten Erweiterbarkeit von Smart Devices zum vollwertigen PC (sofern Universal Apps im Einsatz sind).

Der mittels „Skype for Business“ zugeschaltete Microsoft-Berater Gernot Kühn wiederum beschrieb die Vorzüge von Office 365 – wobei die Web-Konferenz allerdings merklich unter den Schwächen der lokalen WLAN-Anbindung litt. Wie für die allerorts diskutierte „Industrie 4.0“ gilt wohl auch für das „Arbeiten 4.0“: Das Optimierungspotenzial ist enorm, aber auf dem Weg zum Ziel sind noch einige Steine aus dem Weg zu räumen – und dies gilt für Arbeitsorganisation und Arbeitskultur ebenso wie für die Cloud-basierte IT, an deren Tropf der Arbeitsplatz der Zukunft hängt.

Weitere Informationen finden sich unter www.appsphere.com.

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"Das Wissen über Kunden und Innovationen sind die neuen Assets", so Appsphere-Vorstand Frank Roth in seiner Keynote, in der er die Bedeutung eines Wissensarbeiter-gerechten Arbeitsumfelds betonte. Bild: Appsphere

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