Gespräch mit Citrix-CEO Mark Templeton

Citrix: Tools für den Mix aus Arbeits- und Lebensweise

6. Juni 2012, 5:25 Uhr | LANline/Dr. Wilhelm Greiner

Kürzlich fand die Citrix-Hausmesse Synergy in San Francisco statt. Laut Citrix-Angaben waren dort 6.300 Teilnehmer anwesend, während weitere 5.000 den Live-Stream im Web betrachteten. Im Nachfeld der Synergy nutzte Citrix-Chef Mark Templeton einen Deutschland-Besuch auch für einen Presse-Roundtable. Hier stand der stets freundlich und entspannt wirkende CEO Rede und Antwort zu Fragen rund um Virtual Desktops, Cloud Computing, BYOD (Bring Your Own Device) und künftige Arbeitsweisen.

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Citrix kann laut Mark Templeton rund eine Million Downloads des hauseigenen Remote-Desktop-Clients Citrix Receiver verbuchen. Diese hohe Zahl ist vor allem dem Trend zum rasant ansteigenden Einsatz mobiler Endgeräte im Unternehmen geschuldet: Fast die Hälfte der Downloads beträfen Apples Smartphone- und Tablet-Plattform IOS, die andere Hälfte sei quer über die restliche Betriebssystemlandschaft verteilt, berichtet Templeton.

Der Citrix-Lenker hat aber schon längst erkannt, dass dem Prinzip „Remote Windows Desktops“ im Zeitalter mobiler Kleinstgeräte und bequemer, weil Mini-Display-gerechter Apps Grenzen gesetzt sind: „Man kommt in der BYOD-Welt mit Remote Windows nur so und so weit“, konzidiert Templeton. Seine Folgerung: „Die IT muss die Verantwortung für die nativen Apps übernehmen.“ Eine Möglichkeit dazu stellen Enterprise App Stores dar, wie auch Citrix sie im Portfolio führt.

Auf die Frage der LANline, wie sich Citrix auf dem Weg vom bloßen „Bring Your Own Device“ zu einem künftigen „Bring Your Own Personality“ positioniere, erklärte Templeton: „Meine Vision ist eine Zukunft, in der nicht mehr Mitarbeiter einem Unternehmen beitreten, sondern Unternehmen sich einem Mitarbeiter anschließen.“ Die Grenze zwischen Lebensstil und Arbeitsstil verwische, und künftig müsse ein Unternehmen einem Mitarbeiter eine Arbeitsumgebung bieten, die dessen Lifestyle entspricht.

Die Rolle von Citrix sieht Templeton dabei als Lieferant von „Tools, die den kulturellen Stil, Dinge zu erledigen, in die Tat umsetzen“. Diese Tools müssten dabei nicht nur BYOD ermöglichen, sondern auch Arbeitsstile wie Flexdesking, flexible Backup- und Recovery-Szenerien oder auch Umweltfreundlichkeit durch Senkung des CO2-„Footprints“.

Im Rahmen dieses langfristigen Trends der Grenzverwischung wolle Citrix den Übergang von privater und beruflicher IT-Nutzung „so nahtlos wie möglich“ gestalten. Dies bedinge zahlreiche Technologien für Management, Monitoring und Policy-Kontrolle. Das hauseigene Cloud Gateway soll dabei laut Templeton als zentraler, applikationsunabhängiger Kontrollpunkt fungieren: Es soll – und hier konkurriere es direkt mit VMwares Project Horizon – alle Aspekte von der Zugangskontrolle und Authentifizierung über SSO (Single Sign-on) bis hin zur Provisionierung abdecken.

In puncto Cloud Computing verwies Mark Templeton auf das zur Synergy vorgestellte Projekt Avalon. Dieses verfolge das Ziel, die Flaggschifflösungen Xenapp und Xendesktop aus einer „wirklichen Cloud-Umgebung heraus“ bereitzustellen, inklusive virtueller Instanzen, die man zum Beispiel zu Skalierungszwecken von einer Private Cloud in die Public Cloud auslagern könne.

Avalon, so betonte Templeton, ersetze die herkömmliche Administration durch Orchestrierung: Die Lösung umfasse eine Prozess-Engine für das Erstellen neuer Instanzen und die Skalierung, wobei Avalon die Infrastruktur für die Service-Delivery-Verantwortlichen transparent mache. Als Basis diene die Open-Source-Software Cloudstack, die das Computing ebenso wie Storage und das Netzwerk vom Hardware-Layer abstrahiere und in ihrem Orchestration Layer das autonome Management virtueller Instanzen ermögliche.

Die darauf aufbauende Cloud-Lösung sei für Cloud-Service-Provider konzipiert und erlaube zahlreiche verschiedene Mechanismen für die Bereitstellung neuer VMs. An dem Projekt, so Templeton, arbeite Citrix bereits seit vier Jahren, mit dem Release werde es also bereits „sehr ausgereift“ sein.

Vor allem die Provisionierung virtualisierter Applikationen und Desktops soll damit deutlich leichter vonstatten gehen. Mittels eines automatisierten Migrationswerkzeugs soll es die Software außerdem ermöglichen, bestehende Applikationen, Konfigurationen und Benutzer aus „Legacy-Instanzen“ von Xenapp und Xendesktop zu importieren. Die Skalierung könne dann Policy-gesteuert in die interne oder auch in eine externe Cloud erfolgen, einschließlich Federation (also einer übergreifenden Trust-Infrastruktur) für diese Umgebungen.

Auf Cloudstack soll Avalon ebenso lauffähig sein wie auf Amazon und Azure, eines Tages soll es auch Kompatibilität mit Vcloud des Konkurrenten VMware geben. Die Zahl der Administrations-Interfaces soll sich mit Avalon auf ein einziges reduzieren – eine Situation, die manchen Citrix-Administrator aufatmen lassen wird.

Die Lösung aus dem Projekt Avalon soll sich in den hauseigenen Application Delivery Controller (ADC) Netscaler integrieren, der „sozusagen als Control Plane“ fungieren soll, um dank seiner in Wirespeed arbeitenden Deep Packet Inspection echtzeitnah und bedarfsgerecht Ressourcen anzusteuern. „Netscaler kennt die Benutzer, Applikationen, Devices und Protokolle und kann seine Entscheidungen danach ausrichten, was er (im Netzwerkverkehr bis zu Layer 7, d.Red.) sieht“, erläutert Templeton.

Eine erste Beta von Avalon will Citrix noch im zweiten Halbjahr 2012 vorstellen, das Produkt selbst sei für 2013 zu erwarten, so der Citrix-Chef.

Die Arbeits- und die Lebensweise der Menschen verschmelzen immer mehr, so Citrix-Chef Mark Templeton. Sein Unternehmen will deshalb die Tools für einen möglichst harmonischen Übergang liefern. Bild: Dr. Wilhelm Greiner

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