Chancen für Linux-Server in Großunternehmen

Der Pinguin als Banker

29. Juni 2005, 23:06 Uhr | Susanne Franke/jos

Linux erbringt heute bereits rund ein Drittel der Rechenleistung in deutschen Unternehmen, so das Ergebnis einer Umfrage von Techconsult. Am häufigsten ist das freie Betriebssystem in der Telekommunikationsbranche zu finden. Nun soll ein Angebot von HP, Redhat und Novell den Pinguin auch im Banken- und Versicherungsumfeld weiter stärken.

Eine aktuelle Techconsult-Befragung unter 1200 deutschen IT-Leitern zeigt, dass derzeit 27
Prozent der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern Linux als Serverbetriebssystem einsetzen – für
die Marktforscher ein "Zeichen für die fortgeschrittene Reife der Marktentwicklung". Die
Verbreitung des Pinguin-Betriebssystems werde sich bis 2006 um zwei Prozent erhöhen, so die
Prognose. Doch verlangsame sich die Verbreitungsdynamik. Die Chancen für Linux als Desktop-OS
hingegen stehen nach wie vor schlecht: Lediglich acht Prozent der Befragten sehen das freie
Betriebssystem dort als Alternative.

Diejenigen Unternehmen, die mit Linux-Servern bereits positive Erfahrungen gemacht haben, wollen
den Einsatzbereich des Open-Source-OS ausweiten. Laut Techconsult-Analyst Carlo Velten begünstigen
bestimmte Trends die Entwicklung des Bedarfs an neuen Linux-Servern: Zum einen erhöht die Vielfalt
speziell der unternehmensweiten Anwendungen die Nachfrage nach zertifizierten Servern, auf denen
beispielsweise Cluster-Datenbanken laufen. Doch auch ERP-Applikationen, Groupware oder
Content-Management soll der Pinguin steuern. Zum anderen steht eine schrittweise Ablösung von
Legacy-Hardware an, getrieben durch den intensiven Wettbewerb der Serveranbieter, aber auch der
Übergang vieler Projekte vom Test- in den Produktionsbetrieb und die Ausweitung auf
Unternehmensebene. Bei kleinen Unternehmen erbringt Linux bereits 40 Prozent der Rechenleistung und
bei Großunternehmen sind es heute zirka 20 Prozent. Die IT-Leiter gehen davon aus, dass sich dieser
Anteil auf 30 Prozent erhöhen wird.

Aus der Techconsult-Untersuchung geht auch hervor, dass kleine Unternehmen (20 bis 99
Mitarbeiter) mit 21 Prozent heute noch am seltensten auf das Open-Source-Betriebssystem setzen.
Doch sollen es bis 2006 bereits 24 Prozent sein. Bei den Mittelständlern (100 bis 499 Mitarbeiter)
sind es heute 27 Prozent und in zwei Jahren laut der Prognose drei Prozent mehr. Den Hauptanteil
der Linux-Nutzer stellen die Großunternehmen (ab 500 Mitarbeitern) mit derzeit 35 Prozent. Bei
diesen Firmen ist jedoch in zwei Jahren nur mit einem Prozent mehr zu rechnen. Hier weite sich der
Linux-Einsatz vor allem auf die Bereiche leistungsfähiger Datenbanken, Blade-Server und Clustering
als auch auf neue Anwendungen aus, so Velten.

Schließlich stellten die Markforscher fest, dass sich der Linux-Markt 2004 noch stark
hardwaregetrieben entwickelt, und zwar wurde die Hälfte des Linux-Budgets hier investiert. Unter
den Serveranbietern bleibt HP auch in diesem Jahr mit 30 Prozent Marktanteilen führend, gefolgt von
IBM mit 23 Prozent und Dell mit 19 Prozent.

Am häufigsten ist Linux in der Telekommunikationsbranche (37 Prozent) im Einsatz, gefolgt von
Professional Services. Die Finanz- und Versicherungsunternehmen sind mit 17 Prozent eher
zurückhaltende Linux-Anwender. Dies will HP mit der jüngst gestarteten Initiative "Linux Versiba"
gemeinsam mit Redhat und Novell ändern. Neben der HP-Hardware und den Linux-Distributionen, Office-
und Kommunikationssoftware der beiden Anbieter soll das Angebot fachspezifische Anwendungen
umfassen, die von Partnern und ISVs entwickelt werden. Ergänzen kommen Dienstleistungen wie
Beratung, Support oder Training hinzu.

Eine der ersten Lösungen im Rahmen der Initiative kommt von der Struktur AG und betrifft das
elektronische Formularmanagement mit digitaler Signatur und soll die Bearbeitung von
Versicherungsanträgen erleichtern. Eine zweites Angebot erlaubt es, analoge und digitale
Überwachungssysteme ins TCP/IP-Netz einzubinden. Dies ermöglicht es, die Aufnahmen auf Festplatte
zu speichern statt auf Videokassetten. In Vorbereitung sind außerdem Lösungen für den Börsenhandel
(Reuters, JP Morgan und Algorithmics), Kassensoftware etwa für Geldautomaten sowie
Enterprise-Management und Überwachungssoftware. Des Weiteren haben die Partner einen Software-Stack
mit Betriebssystem, Middleware und Multichannel-Bankanwendungen definiert.


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