Kostenmodelle beim Cloud Computing

Der Preis der Wolke

27. September 2011, 6:00 Uhr | Tobias Geber-Jauch/jos, CTO Managed Services Factory bei Computacenter

Cloud Computing bringt Veränderungen mit sich, die sich nicht nur über die Technik erstrecken. Vielmehr ändert sich auch die wirtschaftliche Handhabung von IT-Services. Neben neuen Bereitstellungsmethoden entstehen neue Kostenabrechnungsmodelle.Seit einigen Jahren vollzieht sich in der IT ein Wandel von der "Einzelfertigung" hin zur industriellen Bereitstellung von Services. Viele Unternehmen beziehen heute jedoch noch IT-Leistungen, die größtenteils individuell auf ihre Bedürfnisse und Anforderungen angepasst sind. Die Folge: Die Services gleichen sich kaum. Für jedes Unternehmen sehen die Kombination aus Technik und Leistungen und die auch damit verbundenen Abrechnungsmethoden folglich anders aus - mit finanziellen Konsequenzen. Diese Individualität treibt die Kosten in die Höhe - denn was sich nicht als standardisiertes Angebot erbringen lässt, wird schnell teuer.

Hinzu kommt, dass maßgeschneiderte Services in Qualität und Preis schwierig zu vergleichen sind. Zahlt ein Kunde für den Service zu viel? Gibt es vergleichbare Leistungen zu einem besseren Preis? Lassen sich Services zum gleichen Preis überhaupt objektiv vergleichen? Um diese Fragen zu beantworten, sind komplexe Benchmarks notwendig, die unter anderem darstellen, welche Einzelleistungen in den jeweiligen Angeboten enthalten sind, wie die technischen Architekturen aussehen oder auf welcher Referenzarchitektur der Dienst basiert. Selbst bei den Verrechnungsmodellen auf Basis von Stückkostenpreisen (pay as you use), die bereits unabhängig von der Cloud existieren, bedarf es eines erheblichen Aufwands, wenn man Leistungen miteinander vergleichen will.

Die Vergleichbarkeit von Service und Preis versprechen standardisierte Service-Produkte, die sich beim Cloud Computing in allen Bereichen von Applikationen über Desktops hin zu Rechenzentren etablieren. Der Weg führt von individuellen Preisen und Modellen hin zu standardisierten Leistungen und Abrechnungsmodellen - und damit zu einer Vergleichbarkeit der verschiedenen Angebote und Kosten.

Bereitstellungs- und Abrechnungsmodelle schaffen Vergleichbarkeit

Die Abrechnungsmodelle beim Cloud Computing definieren einen Preis pro Leistungseinheit. Daran gekoppelt sind Vertragslaufzeit und Dynamik. Im Fall von Infrastructure-as-a-Service stellt der Diensteanbieter in so genannten Shared Infrastructures Server- und Storage-Kapazitäten bereit. Dies ermöglicht es Unternehmen, nur die Leistungen im eigenen Rechenzentrum vorzuhalten, die für das Tagesgeschäft notwendig sind. Sind bei Belastungsspitzen zusätzliche Computing-Leistungen nötig, lassen sich Kapazitäten hinzuschalten. Auf diese Weise können Unternehmen beispielsweise saisonale Schwankungen im Geschäftsverlauf ausgleichen, ohne das unternehmenseigene RZ auf Spitzenlasten auslegen zu müssen.

Damit entfallen nicht nur hohe Investitionskosten in die Hardware. Auch Betriebskosten im Rechenzentrum, die für den Unterhalt nicht im Einsatz befindlicher IT-Systeme anfallen, gehören der Vergangenheit an. Bei zusätzlichem Kapazitätsbedarf wird dagegen nur für die Bezugsdauer der jeweiligen Leistung der Preis pro Server abgerechnet. Um eine Vergleichbarkeit solcher Angebote zu gewährleisten, gehen in die Verrechnung Server-Klassen - Windows- oder Unix-Plattformen - und Service Level Agreements (SLAs) ein.

Im Umfeld eines modernen Arbeitsplatzes bezahlen Unternehmen die angebotenen Services ebenfalls pro Einheit. Die Leistung erbringt der Diensteanbieter in diesem Fall über eine Managed Desktop Cloud. Dies kommt dem Wunsch der Unternehmen nach, den Spagat zwischen Flexibilität für die Mitarbeiter auf der einen Seite und Kostenreduktion und -transparenz auf der anderen Seite meistern zu können. Dienstleister stellen dazu verschiedene standardisierte Basisprodukte bereit, zwischen denen Unternehmen wählen können.

Diese Standards bestehen aus Endgerät und Desktop, wobei Letzterer beispielsweise in den Varianten "virtual" oder "pub-lished" im Angebot ist. Über verschiedenste Gerätetypen - seien es Fat oder Thin Clients, Tablet PCs oder Smartphones - kann der Nutzer auf die zentral bereitgestellten IT-Services zugreifen. Zusätzlich ermöglichen Virtualisierungstechniken, dass jeder Anwender über jedes Gerät auf seinem individuellen Desktop arbeiten kann. Die notwendigen Applikationen wie E?Mail, Sharepoint oder SAP sind in die Desktop-Services integriert. Dabei entscheidet das Unternehmen darüber, ob die Bereitstellung über einen Dienstleister oder über die eigene IT-Abteilung erfolgt. Hinzu kommen optionale Leistungen: IMAC, Break-and-Fix-Services, Service-Desk-Leistungen oder Softwarepaketierung. Diese zusätzlichen Dienste können Anwender aus einem Warenkorb nach Bedarf auswählen und bestellen. Dadurch ist es möglich, dass jeder Anwender ein Paket an Leistungen erhält, das auf seine individuellen Bedürfnisse und Nutzungsanforderungen zugeschnitten ist. So kann er beispielsweise auch die Rücksetzung eines Kennworts oder die Erweiterung des E?Mail-Postfachs beantragen. Der Eingriff durch einen Systemadministrator ist nicht mehr nötig, da die notwendigen Anpassungen in den betroffenen Systemen automatisch ablaufen. Für jeden einzelnen Service sind im Warenkorb die bereitgestellten SLAs und die Kosten hinterlegt, die für die Leistungsverrechnung gelten. Diese erfolgt nach der tatsächlichen Nutzung, die sich wiederum verursachergerecht zuordnen lässt. Die Verrechnung ist somit klar nachvollziehbar.

Gleiche Preise bei gleichen Services

Beim Bezug von Cloud-Services binden sich Unternehmen für eine relative geringe Vertragsdauer an einen Anbieter und erhalten von ihm ein definiertes Leistungspaket, dessen Nutzungsumfang flexibel ist. Die Skalierbarkeit der im Vertrag enthaltenen Leistungen ermöglicht es, die Services abhängig von den Anforderungen zu erweitern oder zu verringern. Leistung und Kapazität lassen sich kurzfristig an den tatsächlichen Bedarf anpassen. So können größere Abnahmevolumen der Services zu sinkenden Stückpreisen führen, während der Bedarf nach höherer Verfügbarkeit und kürzeren Antwortzeiten den Preis aber auch nach oben treiben kann. Sowohl die Basisangebote als auch die Zusatzservices aus dem Warenkorb sind im Hinblick auf Funktionen und SLAs eindeutig beschrieben, und jedes Unternehmen zahlt für die gleichen Leistungen den dafür festgelegten Preis. Damit sind Transparenz und Vergleichbarkeit von Services und Preisen verschiedener Anbieter jederzeit gegeben.

Die skizzierte Flexibilität für Unternehmen beim Bezug von IT-Services ist beim Cloud Computing ein Vorteil gegenüber den klassischen Outsourcing-Services. Um jedoch zu entscheiden, welche Erbringungsform sinnvoller ist, muss ein potenzieller sich immer die Frage stellen: Wie geschäftskritisch sind die Services und Applikationen, die auszulagern sind beziehungsweise in die Cloud wandern sollen? Dabei gilt die Faustregel: Je stärker Sicherstellung und Stabilität des Kerngeschäfts davon abhängen, desto weniger geeignet sind sie für die Wolke. Denn Produktivanwendungen wie beispielsweise SAP stellen höhere Anforderungen an Sicherheit und Leistung als etwa Testsysteme. Auch aufgrund der Komplexität derartiger Applikationen ist ein für das Cloud Computing typischer rascher Provider-Wechsel sowohl zeitlich als auch organisatorisch nicht zu bewerkstelligen. Hinzu kommen fehlende Interoperabilitätsstandards der verschiedenen Cloud-Anbieter, die einen Wechsel erheblich erschweren und die Kosten in die Höhe treiben. Eine längere Vertragslaufzeit, wie sie Outsourcing-Verträge bieten, ist in solchen Fällen daher sinnvoll.

Beim Cloud Computing müssen sich sowohl Anbieter als auch Kunden auf die standardisierten Service-Produkte einlassen und sich daran gewöhnen, dass nicht mehr der Kunde die Service-Anforderungen vorgibt, sondern das Angebot. Denn die verfügbaren Services gibt es nur noch "von der Stange", und dabei müssen Unternehmen entscheiden, welche Services ihren Anforderungen am besten entsprechen.

Virtualisierungstechnik ermöglicht es dem Nutzer, über verschiedene Endgeräte auf zentral bereitgestellte IT-Services zuzugreifen.
LANline.

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Yes Telecom Germany GmbH

Matchmaker+