Öffentliche Hand mit Handlungsbedarf

Digitalverwaltungskrise

24. November 2021, 12:00 Uhr |
© Wolfgang Traub

„Digitalis“ ist Latein für „Finger-...“ oder „auf den Finger bezogen“. Die Öffentliche Hand müsste also, wenn wir ihr die üblichen fünf Finger unterstellen, ausreichend digitalisiert sein. Dem ist allerdings nach wie vor nicht so, wie der Umgang deutscher Behörden mit der Corona-Pandemie nur allzu offenkundig gemacht hat – Stichwort: Fallzahlenweiterleitung per Fax. Immer wieder belegen Studien und Umfragen, dass noch Nachholbedarf besteht und sich viele Bürgerinnen und Bürger ein flotteres Vorankommen wünschen.

Im „Digital Competitiveness Index“ des International Institute for Management Development (IMD) aus der Schweiz lag Deutschland 2015 auf Platz 10, im Jahr 2016 auf Platz 12 – und ist 2021 abgestürzt auf Platz 18. Auf dem digitalolympischen Siegertreppchen stehen die USA vor Hong Kong (das war zwischenzeitlich andersherum) und Schweden, gefolgt von Dänemark und Singapur.

„Je digitaler die einzelnen Staaten aufgestellt waren, desto besser konnten sie tendenziell die Krise bewältigen“, sagte Guido Zimmermann, Analyst bei LBBW Research, anlässlich einer Untersuchung im Vorfeld der Bundestagswahl zum Umfang der Nationen mit der COVID-19-Pandemie. Mit Blick auf die USA, die die ersten eineinhalb Jahre der Pandemie unter der „Führung“ Donald Trumps durchstehen mussten, mag man diese Aussage trotz der Einschränkung „tendenziell“ mit einem Fragezeichen versehen; auch die Schweden hatten in der dritten Welle zeitweise eine höhere Sterblichkeitsrate pro Million Einwohner als Deutschland. Aber wer wollte dem LBBW-Forscher widersprechen, wenn er urteilt: „Bei uns hat die Krise gnadenlos die Defizite in Sachen Digitalisierung aufgezeigt – insbesondere in der öffentlichen Verwaltung und der Bildung.“

Mit diesem warnend erhobenen Zeigefinger steht Zimmermann bei Weitem nicht allein. „Bei nahezu allen international vergleichenden Indikatoren zum Stand der Digitalisierung schneidet Deutschland nicht gut ab“, pflichtet zum Beispiel Hans-Peter Klös vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bei. „Besonders weit hinten liegt das Land bei der staatlichen Verwaltung, obwohl dies zunehmend eine kritische Infrastruktur bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Transformation ist“, mahnt Klös. Sein Fazit: „Der Handlungsbedarf ist groß.“

Im europaweiten Vergleich (Digital Economy and Society Index, DESI) liegt Deutschland 2021 bei der Vernetzung (Connectivity) immerhin auf Platz 6 (Erster ist Dänemark), bei digitalen Services der öffentlichen Verwaltung („E-Government“) aber auf Platz ... (*wirft sicherheitshalber nochmal einen Blick auf die Unterlagen*) ... auf Platz 16. Wohlgemerkt: nicht etwa weltweit, sondern unter den 27 Ländern der EU. Anders formuliert: Die hiesige Öffentliche Hand tippt auf ihrem gilbgrauverstaubten Computer immer noch per Zwei-Finger-Suchsystem.

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