Test: Print-Appliance ISD300 von SEH

Druckzentrale für Zweigstellen

17. Februar 2005, 23:55 Uhr | Kurt Pfeiler

Mit dem "Intelligent Spooling Device" ISD300 hat SEH Computertechnik das Nachfolgemodell ihrer Print-Appliance ISD200 (siehe LANline 3/2002) auf den Markt gebracht. Das neue Gerät ist dem Vorgänger von Aussehen und Größe her zum Verwechseln ähnlich, die Appliance beherbergt jedoch vollständig neue Hardware, und auch das Softwarekonzept wurde in etlichen Punkten überarbeitet und weiterentwickelt.

Obschon Netzwerk-Spooling-Devices in den vergangenen Jahren ihren Markt gefunden haben, ist der
Einsatzzweck dieses Gerätetyps doch immer noch etwas erklärungsbedürftig. Auch existiert – neben
SEH – nur ein Hersteller (Hewlett-Packard), der Vergleichbares anbietet. Ein Printserver, wie man
ihn traditionell kennt, ist das ISD300 nur am Rande: In der Tat lassen sich über zwei USB-2.0-Ports
an der Geräterückseite auch Drucker lokal anschließen und so im Netzwerk betreiben (auf den
parallelen Printer-Port wurde verzichtet). Hauptaufgabe eines Netzwerkdruck-Spoolers ist die
Zentralisierung aller Druckjobs und damit auch des Managements aller Druckaktivitäten an einer
Stelle im Netz. Das Gerät dient damit als Mittler zwischen den Netzwerk-Clients einerseits und den
Netzwerkdruckern beziehungsweise den zugehörigen Printservern andererseits. Hierfür lassen sich auf
der ISD300 Print-Queues anlegen und über das Webinterface administrieren – für Speicherplatz sorgt
die integrierte 40-GByte-Festplatte.

Eine Print-Appliance wie das ISD300 zielt folglich auf Einsatzumgebungen, in denen
Netzwerkserver, die das Spooling übernehmen könnten, fehlen, oder mit anderen Aufgaben stark
ausgelastet sind. Hinzu kommen Situationen, in denen Netzwerkadministration weitgehend remote
erfolgen muss: Eine zentrale und leistungsfähige Schaltstelle für das gesamte Druckgeschehen kann
hier hilfreich sein. Typische Einsatzgebiete sind damit Firmenzweigstellen oder auch
Unternehmensabteilungen mit weitgehend autarker Druckumgebung.

Plug-and-Play-Konzept

Wie schon beim Vorgängermodell basiert das Konzept des ISD300 auf dem Plug-and-Play-Gedanken:
möglichst einfache Installation und Administration. So ist die Zigarrenkisten-große Hardware, die
trotz integriertem Netzteil ohne Lüfter auskommt, praktisch wartungsfrei. Über die Front verteilen
sich der Ethernet-Anschluss, eine LCD-Anzeige sowie vier Navigationstasten. Dieser Zugang lässt
sich im laufenden Betrieb über einen PIN-Code schützen und dient neben der Erstvergabe einer
IP-Adresse (wahlweise DHCP) auch noch dem Herunterfahren sowie Booten des Systems. Dass sich im
Inneren des ISD300 ein "ausgewachsener" Intel-basierender Linux-Rechner mit Cups und Samba für die
Integration in Windows-Umgebungen verbirgt, braucht weder die Anwender noch die Administration zu
interessieren. Alle Konfigurations- und Verwaltungsaufgaben laufen über das Webinterface.

Die ersten Schritte mit der ISD300, die auch ein kleines beigelegtes Handbüchlein auf 16 Seiten
in deutscher Sprache beschreibt, gestalten sich noch recht einfach: Die ausschließlich
englischsprachige Weboberfläche bietet ein "Quick Setup" das durch die wichtigsten
Grundeinstellungen führt und insbesondere eine SNMP-basierende automatische Suche nach
Netzwerkdruckern bietet. Damit kann der Administrator im Handumdrehen bereits die ersten
Druck-Queues anlegen. Auch eine rein manuelle Anlage ist über die Menüstruktur möglich:
Grundsätzlich lassen sich für die Kommunikation zwischen ISD300 und Netzwerkdrucker die Protokolle
Socket-Printing (typisch: TCP-Port 9100), LPD und IPP nutzen. Für den Client-Druckzugang zum
Spooler kommen noch die Protokolle SMB für "reinrassige" Windows-Integration sowie das proprietäre
Thinprint des gleichnamigen Herstellers für Host-Printing-Lösungen hinzu. Auch die lokalen
USB-Schnittstellen lassen sich für bis zu vier Print-Queues nutzen. Darüber hinaus bietet das
System die Anlage so genannter Balance- und Copy-Queues.

Bevor auf weitere Funktionalitäten des ISD300 eingegangen wird, ist der wichtigste Kritikpunkt
vorab zu nennen: Das Produkt bietet in der im Test vorliegenden Version (Firmware-Version: 21.1.9,
Softwareversion 11.1.0) trotz vielfältiger Konfigurationsmöglichkeiten und verschachtelter
Menüstruktur keine nennenswerte Dokumentation und Orientierungshilfe. Ein Administrationshandbuch
ist bislang nicht verfügbar und Onlinehilfe – sofern sie überhaupt vorhanden ist – beschränkt sich
auf minimale Zusatzinformationen. Immerhin ist sich der Hersteller dieses Defizits bewusst und will
in die nächste Softwareversion ein HTML-Handbuch, das auch als PDF-Dokument verfügbar sein soll,
integrieren. Wie wichtig solche Hilfestellungen wären, zeigt sich auch an zwei aktuellen
Einzeldokumenten, die sich auf der SEH-Website unter der Rubrik "Support/Best Practice" finden: Sie
behandeln die Teilaspekte "Einsatz des ISD300 als DHCP/DNS-Server" sowie "Einbindung des ISD300 in
das Active Directory".

Konzeptionelle Klarheit wäre durchaus angesagt, denn das ISD300 bietet beispielsweise drei
voneinander getrennte Zugangsebenen. So ist beispielsweise der Druckzugang zur ISD prinzipiell für
jedermann offen, er lässt sich jedoch pro Queue über IP-Adressfilter beschränken. Auf der Ebene des
HTML-Zugangs sind – neben einem ungeschützten "Any"-Zugang genau zwei passwortbewehrte
Benutzer-Accounts "admin" und "user" fest vorgegeben. Die Rechte des Letzteren lassen sich vom
Administrator näher spezifizieren und bieten beispielsweise die Möglichkeit, über die Weboberfläche
Druckjobs zwischen den Queues zu verschieben, sie zu löschen, anzuhalten oder zu priorisieren. Der
User-Account lässt sich also für einen übergreifenden Print-Operator nutzen, er kann aber auch so
beschränkt werden, dass ein Webmanagement nur für Druckjobs ausführbar ist, die von der eigenen
IP-Adresse ausgesendet wurden. Dubios erscheint der völlig unreglementierte Any-Zugang über den
sich jedermann – also auch LAN-Teilnehmer, die das ISD300 selbst nicht nutzen – einen kompletten
Überblick über das Druckgeschehen machen können. Schon aus Datenschutzgründen sollte dieser freie
Einblick nicht möglich sein. Da das ISD300 neben HTTP auch HTTPS unterstützt (was allerdings nicht
dokumentiert ist), behindert der offene Any-Zugang auch eine – theoretisch mögliche –
Remote-Administration über das ungeschützte Internet. SEH erwägt inzwischen eine Abschaffung des
Any-Zugriffs.

Die dritte Zugangsebene ist die Integration in Windows-Umgebungen ("SMB-Printing"). Hier
erscheint das ISD300 in der Windows-Netzwerkumgebung und lässt sich dort mit seinen definierten
Queues wie andere Druckerfreigaben nutzen. Die Windows-Integration des ISD300 kann wahlweise als
Stand-alone-Server oder Domain-Member erfolgen. Letztere hat im Test ordentlich funktioniert und
unterstützt NT- oder Kerberos-Authentifizierung der im Active Directory vorhandenen Benutzer und
Gruppen. Bei der Stand-alone-Variante müssen die vorhandenen Windows-Benutzer explizit auf dem
ISD300 als so genannte "Local Users" angelegt werden, um in ihrem Windows-Druckermanagement die
nötigen Zugriffsrechte zu erlangen.

Wie schon das Vorgängermodell unterstützt auch das ISD300 die automatische Installation von
Windows-Druckertreibern auf Clients ("Point and Print"). Die Treiber lassen sich von einem
Windows-Server mit üblichen Windows-Methoden auf das Spool-Device hochladen und anschließend via
Webadministration gewünschten Queues zuordnen. Das Prozedere ist zwar letztendlich nicht sonderlich
kompliziert, das Ergebnis konnte aber im Test speziell bei der Kombination unterschiedlicher
Treiber für verschiedene Client-Betriebssysteme nicht hundertprozentig überzeugen. Um die
Treiberproblematik in Zukunft zu entschärfen, plant SEH, in absehbarer Zeit ein Windows-Tool zur
Verfügung zu stellen, mit dem sich Treiber-Images von funktionstüchtigen Windows-Installationen
ziehen und auf das ISD300 aufspielen lassen.

Zu neuen Funktionen des ISD300 im Vergleich zum Vorgängermodell zählt beispielsweise die
Synchronisation der Systemzeit via NTP. Im Druckbereich ist vor allem das so genannte "Repository"
erwähnenswert, das die Möglichkeit bietet, häufig benötigte Druckdateien auf dem Spooler zu
hinterlegen und von dort jederzeit ausgeben zu können. Interessant für spezielle Anwendungsprobleme
könnte der Einsatz von so genannten Filtern sein: Dabei handelt es sich um ladbare Programme von
Drittherstellern, die den Druckdatenstrom einer Queue modifizieren. Ein Beispiel ist der Ausdruck
von Barcodes wie sie SAP generiert. Neu im Programm sind auch die Zusatzfunktionen DHCP- und
DNS-Server, die mit der Grundfunktion einer Print-Appliance nichts zu tun haben.

Fazit

Das Erscheinungsbild des ISD300 leidet ganz erheblich unter der bislang fehlenden Dokumentation.
Die Funktionalität des Systems ist inzwischen über den ursprünglichen Plug-and-Play-Gedanken so
weit hinausgewachsen, dass auf eine gründliche Erklärung von Konzepten und Lösungswegen nicht mehr
verzichtet werden kann. Empfehlenswert ist das ISD300 vor allem dann, wenn es wirklich eine
Versorgungslücke schließt, und die Druckadministration – vor allem bei mehrfacher dezentraler
Installation – vom Rationalisierungseffekt des Systems profitieren kann. Das ISD300 ist zum Preis
von 1598 Euro erhältlich, ein optionales 19-Zoll-Rackmount-Kit kostet 79 Euro.

Info: SEH Computertechnik Tel.: 0521/94226-0 Web: www.seh.de


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