IP67-Komponenten verändern die industrielle Datenkommunikation

Ethernet direkt bis an die Maschine

10. April 2005, 23:06 Uhr | Ingo Baumgardt/jos Ingo Baumgardt ist Produktmanager Industrial Connectors im Produktbereich "Automation and Network Solutions" bei Hirschmann Electronics in Neckartenzlingen.

Der Erfolg der Ethernet-Verkabelung im Industrieumfeld ist beachtlich und beruht auf den Vorteilen, die ein Standardprodukt mit sich bringt. Bei den Steckverbindern ist die Kompatibilität aufgrund der unterschiedlichen Realisierung von Schutzklassen allerdings nicht von vornherein gegeben. Der M12-Stecker spielt nach wie vor eine wichtige Rolle, kommt er doch bereits seit Jahrzehnten in industriellen Applikationen zum Einsatz. Wichiges Kriterium ist die passende Schutzklasse.

Ethernet hat sich seit über 20 Jahren in der Bürovernetzung bewährt. Heute wird dieses
Übertragungsprotokoll auch erfolgreich auf der Leit- wie auf der Steuerungsebene industrieller
Datennetze eingesetzt. Auch auf der Feldebene, also im prozessnahen Bereich etabliert sich Ethernet
zunehmend. Die Montage direkt an der Maschine stellt allerdings besondere Anforderungen an die
Infrastrukturkomponenten. Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Faktor ist die Schutzklassen IP67
(Tabelle auf Seite 43).

Die Unterschiede zwischen Büro- und Industrieumgebung beginnen bereits bei der Verkabelung. So
müssen die Leitungen in der Office-Welt schon heute für künftige, schnellere Ethernet-Standards
ausgelegt sein – 1 GBit/s, 10 GBit/s oder sogar TBit/s. Die technische Entwicklung schreitet
schnell voran, und die Zyklen liegen im Schnitt lediglich zwischen sieben und 18 Monaten.

Ganz anders verhält es sich im industriellen Bereich. Hier werden die Anlagen meist mit einer
aktuellen und über einen längeren Zeitraum (bis zu zehn Jahren) verfügbaren Technik geplant und
realisiert. Eine Nach- oder Umrüstung auf neue Übertragungsverfahren kommt so gut wie nie vor.
Außerdem unterliegt ein großer Anteil der Installationen besonderen Umgebungsbedingungen
hinsichtlich Temperatur, Vibration oder Staub, die so im Büro nicht anzutreffen sind. Schließlich
müssen auch Reparatur und Wartung zuverlässig und möglichst ohne Stillstand von Anlagen und
Anlagenteilen möglich sein. Dabei sollten die erforderlichen Arbeiten vom Wartungspersonal
durchführt werden können, also ohne großen Konfigurations- und Programmieraufwand.

Anforderungen an Netzwerkkomponenten

Für den Einsatz im Industriebereich, wo etwa Öle, Reinigungsmittel und Emulsionen Bestandteile
der Umgebungsluft sind, hat die IAONA (Industrial Automation Open Networking Alliance) in ihrem "
Planning and Installation Guide for Industrial Ethernet" zwei spezielle Schutzklassen definiert.
Die so genannte "Light-Duty"-Klasse umfasst Komponenten, die für eine Installation in
Verteilerkästen vorgesehen sind. Neben besonderen Kriterien hinsichtlich Vibrations- und
Schockfestigkeit sowie Temperaturbeständigkeit müssen diese Geräte auch die Anforderungen der
Schutzart IP20 gemäß EN 60529 erfüllen, das heißt gegen das Eindringen von festen Körpern mit einem
Mindestdurchmesser von 12,5 Millimetern geschützt sein. Eine besondere Resistenz gegen Staub,
Schmutz und Feuchtigkeit ist nicht erforderlich.

Die Komponenten der "Heavy-Duty"-Klasse, die für den "ungeschützten" Einsatz auf der Feldebene
vorgesehen und deshalb in vollem Umfang der rauen Industrieumgebung ausgesetzt sind, müssen dagegen
in Anlehnung an die Schutzklasse IP67 absolut dicht sein. Somit bleiben sie selbst unter Wasser für
eine gewisse Zeit funktionstüchtig.

RJ45- kontra M12-Steckverbinder

Für die Anbindung der IP67-Netzwerkkomponenten an die Endgeräte auf der Feldebene haben sich
zwei alternative Lösungsansätze gebildet. Zum einen wurde der klassische RJ45-Stecker aus der
Bürowelt modifiziert und von den Herstellern in unterschiedlicher Form gekapselt. Allerdings
konnten sich diese nicht auf einen gemeinsamen Standard einigen, sodass heute rund zehn
verschiedene Steckervarianten am Markt angeboten werden, die nicht untereinander kompatibel
sind.

Alternativ wurde der im industriellen Umfeld bewährte M12-Stecker für Datenraten bis 100 MBit/s
(Fast Ethernet) getestet und in verschiedenen Varianten von mehreren Herstellern freigegeben. Der
M12-Steckverbinder kommt bereits seit Jahrzehnten in industriellen Applikationen zum Einsatz. Er
dient dabei nicht nur als Standardverbindung für Sensoren, sondern auch für verschiedene Feldbusse.
Aufgrund der extremen Ausfallsicherheit hat der M12 besonders in industriellen Anwendungen mit
hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Verbindungstechnik Maßstäbe gesetzt. Ein weiterer
Vorteil ist die im Vergleich zur ummantelten RJ45-Lösung deutlich kleinere Bauform. Die
Kompatibilität zwischen den verschiedenen Steckverbindertypen ist durch die Normierung des
Steckbildes im Standard IEC 60947-5-2 sichergestellt.

Im Gegensatz zu den gekapselten und zueinander nicht kompatiblen RJ45-Steckverbindern ist es
beim M12-Stecker gelungen, eine für IP67-Anwendungen einheitliche Lösung zu spezifizieren. Die
verschiedenen Gremien (IAONA, PNO und ODVA) haben sich hier auf die vierpolige Variante mit der im
DKE definierten D-Kodierung geeinigt. Die technischen Merkmale und Freigabekriterien für 100 MBit/s
gehören als Anhang zur IEC 61076-2-101.

Die Hersteller haben auf diese Entwicklung reagiert. So besitzt zum Beispiel der feldtaugliche
Switch "Octopus 5TX" aus der Industrial-Ethernet-Familie von Hirschmann Electronics, der wahlweise
Ethernet (10Base-T) oder Fast Ethernet (100Base-TX) unterstützt, fünf Twisted-Pair-Ports für
M12-Ethernet-Steckverbinder. Da die Switches hohe Anforderungen bezüglich Schock, Vibration und
IP-Schutzart erfüllen, lassen sie sich laut Hirschmann ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen direkt an
der Maschine montieren. Damit kann die im Produktionsbereich übliche busförmige
Verkabelungsstruktur beibehalten werden. Aufgrund der Kaskadierbarkeit der Switches lassen sich
darüber hinaus dezentral strukturierte Netze mit kurzen Übertragungsstrecken zu den Endgeräten
realisieren.


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