Virtual Locations für kritische Aufgaben

Exklusive Ressourcen

3. Januar 2022, 10:00 Uhr | Henrik Hasenkamp/am
© Gridscale

Virtual Locations haben gegenüber virtuellen Cloud-Servern einige Vorteile. Vor allem Unternehmen mit speziellen Anforderungen an Datenhoheit und Compliance können sie nutzen.

Die Cloud hat die gesamte IT-Infrastruktur erobert? Nein, es gibt noch einige gallische Dörfer: Stark regulierte Unternehmen in der Versicherungs- und Finanzwirtschaft, dem Gesundheitswesen sowie dem Gas-, Wasser- und Energiesektor sind Beispiele dafür. Auch andere Unternehmen gehen nicht zu 100 Prozent in die Cloud, um Geschäftsgeheimnisse besser zu schützen und die Datenschutzverordnung der EU leichter zu erfüllen. Viele Unternehmen wollen die IT-Ressourcen für die Verarbeitung von heiklen Daten exklusiv nutzen, um SLAs (Service Level Agreements) oder regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Organisationen mit diesen Anforderungen wollen jederzeit eine bestimmte Menge an Ressourcen verfügbar haben, etwa dauerhaft 64 Kerne, mindestens 128 GByte RAM oder nicht weniger als 8 TByte Plattenplatz.

Traditionell lassen sich solche Anforderungen im Rechenzentrum durch dedizierte Hardware erfüllen. Viele Cloud-Provider reagieren auf diesen Bedarf und bieten auch dedizierte virtuelle Server an. Solche Virtual Locations haben eine direkte Verknüpfung zwischen dem vom Nutzer gebuchten Server und den darunter liegenden Ressourcen. Dabei ist dem virtuellen Gerät ein entsprechend großes physisches Gerät zugeordnet. Der Betreiber reserviert einen seiner Server im RZ für einen einzelnen Unternehmenskunden. Dieser verhält sich grundsätzlich wie alle anderen virtuellen Server und lässt sich auf dieselbe Weise anfordern und bedienen. Doch er besitzt einen spezifischen Ort im Rechenzentrum des Cloud-Services. Das Konzept der Virtual Locations verbindet also die Eigenschaften virtueller Infrastrukturen mit dedizierter Hardware.

Die Gründe für den Einsatz der virtuellen Standorte sind vielfältig. Virtual Locations und virtuelle Server lassen sich in einer Infrastruktur mühelos unter einen Hut bringen. Sie lassen sich auf dieselbe Weise konfigurieren und starten. Der einzige Unterschied liegt darin, dass Virtual Locations nicht unmittelbar zur Verfügung stehen. Sie benötigen eine gewisse Wartezeit, da das Cloud-Rechenzentrum zunächst die entsprechenden Hardwareressourcen bereitstellen muss. Sobald der Server bereit ist, sind Ressourcen wie CPU, RAM und Storage jederzeit verfügbar und sind nicht dynamisch zugeordnet. Die fest zugewiesenen Ressourcen ermöglichen anspruchsvolle Workloads, beispielsweise die Verarbeitung größerer Datenmengen oder rechenintensive Anwendungen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Virtual Locations entsprechend konfiguriert sind. Anwendungen im Bereich Machine Learning (ML) und künstliche Intelligenz (KI) beispielsweise erfordern den Einbau einer oder mehrerer GPUs in dem dedizierten Server, der die Virtual Location anbietet. Der gefürchtete Noisy-Neighbor-Effekt beim Cloud-Computing ist bei Virtual Locations ausgeschlossen. Er entsteht, wenn ein Anwenderunternehmen plötzlich sehr hohe Anforderungen an CPUs, RAM oder Speicherplatz hat. Unter Umständen muss hier die Management-Software (Hypervisor) die Ressourcen auf mehrere physische Server und Storage-Systeme verteilen und umschichten. Dies kann sich in merklichen Leistungseinbrüchen bemerkbar machen. Auf virtuellen Locations können eigene Lizenzen im Einsatz sein. Einige Softwarehersteller schließen den Betrieb ihrer Software in geteilten Cloud-Umgebungen in den Lizenzverträgen schlichtweg aus. Diese Bedingung führt in den meisten Unternehmen automatisch zu einer hybriden Cloud: Die Infrastruktur ist auf die Cloud und ein eigenes Rechenzentrum verteilt. Mit Virtual Locations ist dagegen grundsätzlich der einheitliche Betrieb der Infrastruktur in der Cloud möglich.

Virtuelle Locations haben also in allen Unternehmen, die Dedicated-Server nutzen müssen oder wollen, erhebliche Vorteile. Doch es gibt auch einige Herausforderungen, die den Einsatz der virtuellen Standorte nur auf das Notwendige begrenzen. Da die Hardware einer Virtual Location dauerhaft geblockt und einem einzigen Unternehmenskunden zugeordnet ist, entstehen hier höhere Einzelkosten. Zudem rechnen die Anbieter nur tagesgenau ab. Als Konsequenz hat diese Art der Infrastruktur höhere Gesamtbetriebskosten und lohnt sich nur für Aufgaben, die sich auf virtuellen Servern nicht ausführen lassen.

Virtuelle Server stehen üblicherweise nach Sekundenbruchteilen bereit. Dadurch und durch die minutengenaue Abrechnung lohnt es sich, die Server nur dann hochzufahren, wenn sie nötig sind. Bei Virtual Locations ist der Dauerbetrieb effizienter, da dedizierte Server nach dem Einschalten der Stromversorgung Anlaufzeiten von einigen Minuten haben.

Die Eigenheiten der Virtual Locations zeigen, dass sie Cloud-Infrastrukturen auf der Basis von virtuellen Servern nicht ersetzen können. Bei geschäftskritischen Workloads sind sie jedoch ein wertvolles Add-on.

Henrik Hasenkamp ist CEO von Gridscale.

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