Referenzprojekt für die Breitbandversorgung von Randgebieten

Fraunhofer ESK: mit DSL und Wimax Breitband für alle

13. Juli 2008, 22:57 Uhr |

Die Fraunhofer Einrichtung Systeme der Kommunikationstechnik (ESK) hat für die Gemeinde Weiding im bayerischen Wald ein Konzept für die Breitbandanbindung sämtlicher Haushalte erarbeitet. Das Problem: Die Einwohner der Gemeinde im Landkreis Cham sind auf 14 Ortsteile verteilt und über drei Ortsvermittlungsstellen angebunden, und fast alle Teile der Gemeinde sind zu weit von den jeweiligen Ortvermittlungsstellen entfernt, um auf heute in Ballungsräumen übliche Weise mit DSL versorgt zu werden.

Die Fraunhofer-ESK-Ingenieure haben deshalb die Gemeinde von der Bedarfsermittlung über das
technische Konzept bis zur Ausschreibung begleitet, um eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung zu
finden. Die nun vorgeschlagene Hybridlösung kombiniert DSL mit der Weitverkehrsfunktechnik
Wimax.

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Chancen ein als Wimax

Das Projekt "Praxisnahe Lösungen zur Schließung von Breitband-Versorgungslücken" wurde vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert. Experten haben für verschiedene
Gemeinden in ländlichen Gebieten die Möglichkeiten der Breitbandversorgung untersucht.

Für Weiding haben die Ingenieure der Fraunhofer ESK prototypisch erarbeitet, wie eine Gemeinde
bei einer Ausschreibung für den Aufbau und Betrieb eines Breitbandnetzes vorgehen muss. Der
entscheidende Punkt für die Gemeinde ist dabei laut Fraunhofer ESK, ihren Bedarf an breitbandigen
Internetanschlüssen tatsächlich darzulegen. Für das technische Konzept hat die
Fraunhofer-Einrichtung die räumliche Verteilung der Haushalte ebenso erfasst wie die bestehende
Telekommunikationsinfrastruktur und geografische Gegebenheiten.

"Für eine flächendeckende Breitbandversorgung benötigt man aufgrund der Lage der Ortschaften der
Gemeinde Weiding mindestens sieben Aggregations-Links, die den Datenverkehr mehrerer Haushalte
gebündelt übermitteln", erläutert Dr.-Ing. Erik Oswald, Wissenschaftler bei der Fraunhofer ESK. In
diese Analyse eingeflossen seien dann die bestehende Infrastruktur: ein Funkturm auf dem
nahegelegenen Berg Dachsriegel und eine Glasfaserleitung entlang einer Bahnstrecke. Auf Basis
dieser Daten haben die Ingenieure technisch realisierbare Lösungen vorgeschlagen. Diese Lösungen
haben sie hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit aus der Sicht eines potenziellen Netzbetreibers und
des Kunden geprüft und bewertet.

Als Favorit hat sich für die Wissenschaftler eine Hybridlösung aus DSL und Wimax herausgestellt.
Dabei werden Schaltschränke (DSL Access Multiplexers, DSLAMs) und Splitter aufgestellt, um die
DSL-Signale über das Telefonnetz an die Haushalte weiterzuleiten. Die Internetanbindung dieser
DSLAMs läuft über einen Wimax-Aggregations-Link zum Funkturm.

Laut den Fraunhofer-Fachleuten wäre die Kombination aus DSL und Glasfaser – also die
Fiber-Anbindung der DSLAMs – wirtschaftlich weniger günstig. Trotz der Berücksichtigung der jeweils
kürzesten Wege für die Anbindung der Orte und des Einbezugs des bestehenden Glasfaserkabels in die
Planung seien die Kosten für die erforderlichen Erdarbeiten in diesem Fall zu hoch.

Dieses Referenzprojekt findet vor dem Hintergrund zweier Entwicklungen im Breitbandmarkt statt:
Erstens ist noch nicht klar, ob sich die noch junge Funktechnik Wimax gegen die Konkurrenz aus dem
Mobilfunkmarkt (UMTS und die Nachfolgetechnik Long-Term Evolution oder LTE) durchsetzen können
wird. Zweitens findet die Anbindung von Endanwendern über Glasfaser vor allem in Asien immer mehr
Verbreitung und erlaubt dort Bandbreiten von 100 MBit/s pro Haushalt – und mittels PON (Passive
Optical Network) noch deutlich mehr.

In Ländern wie Japan oder Korea geht es allerdings vorrangig um die Vernetzung von Hochhäusern
in dicht besiedelten Großstädten, was dann die Anbindung der Einwohner über Glasfaser-MTUs
(Multi-Tenant Units, also Verzweiger für Wohngebäude) wirtschaftlich sinnvoll macht. Hierzulande
erweist sich für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur nicht nur der verzwickte deregulierte Markt
als problematisch, sondern häufig auch die niedrige Besiedelungsdichte außerhalb der Städte.
Aufgrund dieser großflächigeren Besiedelungsstruktur kann der wirtschaftliche Nutzen für die
Erschließung einer Glasfaserinfrastruktur schnell an Grenzen stoßen.

LANline/wg


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