Adaptive-Edge-Portfolio vom LAN ins WAN erweitert

HP Procurve baut Access-Router

5. Mai 2005, 23:06 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Hewlett-Packards Netzwerksparte HP Procurve weitet ihre Adaptive-Edge-Strategie vom LAN ins WAN aus: Mit den Access-Routern der neuen Serie 7000 betritt HP nach längerer Abstinenz wieder die Router-Bühne. Damit reiht sich HP in die wachsende Gruppe von Anbietern ein, die Cisco in deren Stammmarkt Anteile streitig machen wollen. HP dürfte hier vergleichsweise gute Chancen haben.

Immer mehr etablierte Switch-Anbieter blasen zum Sturm auf die Bastille: Sie lockt der klar von
Cisco dominierte Markt der Access-Router – zumal dieser laut Dell’Oro-Analyse von 2,9 Milliarden
Dollar 2004 auf 3,5 Milliarden 2009 anwachsen soll. Zu der Schar Mutiger zählen Enterasys, Foundry
sowie 3Com/Huawei. Ein Sonderfall ist Juniper: Die Nummer zwei im Carrier-Umfeld ist in Unternehmen
praktisch unbekannt. Per Übernahme von Netscreen musste sich Juniper erst einen Vertriebskanal in
die Unternehmen hinein erkaufen. In die Reihen der Gipfelstürmer gliedert sich nun HPs
Netzwerksparte Procurve ein.

In den frühen 90er-Jahren stellte HP die Advancestack-Router 200 bis 650 her, kündigte sie aber
Mitte der 90er ab. Die hauseigene Switch-Truppe Procurve war im Fahrwasser des HP-Compaq-Mergers
zeitweise und wenig sinnvoll bei der Storage-Division aufgehängt, agiert aber heute als
eigenständiger Geschäftsbereich – mit beachtlichem Erfolg. Der anfangs (abgesehen von
Foundry-Lizenzgeräten) reine Layer-2-Anbieter absolvierte zunächst den Sprung auf Layer 3 und schuf
dann auf der Basis hochintegrierter ASICs ein umfangreiches, klar auf Mainstream-Features
ausgerichtetes Switch-Portfolio. Mit dem Adaptive Edge Network verfügt Procurve heute über ein
eigenständiges, stark Edge-betontes Konzept für IT-Infrastrukturen. Für das Core-seitige Gegenstück
erwarb der Anbieter vergangenes Jahr Riverstone-Technik. Sie soll im Sommer als "Interconnect
Fabric" auf den Markt kommen, während für herkömmliche Cores weiterhin Highend-Foundry-Switches
bereitstehen.

Diese Erfolgsgeschichte spiegelt sich nicht nur in gestiegenen Verkaufszahlen, sondern auch in
der Markteinschätzung der Gartner-Analysten wider: Im "Magic Quadrant for Global Campus LAN 2004"
erscheint nur HP (wenn auch so gerade eben noch) als "Challenger" – somit als einziger
wirtschaftlich potenter Herausforderer des Switch-Marktführers Cisco. Namhafte Hersteller wie
Enterasys, Force10 und Nortel erscheinen als "Visionaries" (technisch führend, aber
umsetzungsschwach), die übrigen nur als Nischen-Player. Diese Erfolgsstory will HP ins WAN
ausdehnen.

Mit den neuen Procurve Secure Routern der Serie 7000 setzt HP auf die gleiche Kombination wie
die übrigen Cisco-Konkurrenten: umfangreiche, Security-betonte Funktionalität und ein Preis
deutlich unter Ciscos Listenpreisen. Zwei Geräte stellte HP zunächst vor: den 7102dl mit zwei
WAN-Slots (bis zu sechs WAN-Ports) und den 7203dl mit Zusatzeinschub für acht weitere E1-Leitungen.
Zum Funktionsumfang gehören eine integrierte Stateful Firewall und ein optionales IPSec-VPN-Modul.
Beide sind über Wizards einfach zu konfigurieren. Per Standard-CF-Karten (Compact Flash) verteilen
Administratoren Software-Images an die Geräte und nehmen bei Fehlern Rollbacks zur vorherigen
Konfiguration vor. Die Geräte liegen preislich laut HP zirka 40 Prozent unter denen der
vergleichbar ausgestatteten Cisco-Router 1800 und 2800.

Die neuen Router bilden den Auftakt zu einer umfangreicheren Gerätereihe. Sowohl nach oben als
auch in Richtung Lowend will der Hersteller dieses Jahr anbauen. Auch das Feature-Set soll wachsen.
Details verriet Entwicklungsleiter Bill Johnson nicht; die Reise dürfte aber in Richtung weiterer
Security-Features wie Anomaly Detection gehen. Die Integration eines VoIP-Servers (Voice over IP)
wie bei Ciscos neuen ISRs ist nicht geplant.

"Ihr Distributionskanal und die aggressive Preispolitik sollten HP eine faire Chance geben,
besonders bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen", so Dell’Oro-Forscher Shin Umeda. "Cisco hat
allerdings ungefähr 92 Prozent Marktanteil im weltweiten Access-Router-Markt und diesen sehr
erfolgreich gegen immer mehr Wettbewerber verteidigt." Infonetics-Analyst Matthias Machowinski
sieht das ähnlich: "Procurve hat einen steinigen Weg vor sich, aber sie zählen zu den am besten
Positionierten." HP verfügt über eine in Unternehmen gut etablierte Marke. Zudem kann Procurve für
Level-2-Support auf HPs weltweit vertretene Serviceorganisation setzen. Hat das Portfolio der
Procurve-Router einen nennenswerten Umfang erreicht, entsteht für Unternehmen damit eine ernst zu
nehmende Alternative. HP hat den Platz zwei unter den Router-Herstellern fest im Visier. Dafür
reicht ein Marktanteil im niedrigen einstelligen Bereich bereits aus.


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