Kooperation mit Siemens ICN soll helfen

Huawei zielt auf Enterprise-Markt

17. Februar 2005, 23:55 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Der Netzwerker Huawei ist in seinem chinesischen Heimatmarkt die Nummer zwei nach Cisco. Schon längst weltweit tätig, will sich der Konzern auch in Europa als Cisco-Alternative etablieren. Kooperationen, darunter eine mit Siemens ICN, sollen dem Vorhaben Schwung verleihen.

Vielen deutschen Unternehmen ist der Name Huawei (gesprochen: "Hwah-wej") bisher kein Begriff. Dabei ist der 1988 gegründete chinesische Netzwerkausrüster mit Hauptsitz in Shenzhen ein Konzern, der 2003 stolze 3,8 Milliarden Dollar umsetzte. Über zehn Prozent des Umsatzes investieren die Chinesen laut eigener Aussage in Forschung und Entwicklung (F&E): Von den 22.000 Mitarbeitern arbeiteten 10.000 in der Entwicklung, allein 2000 in der von Unternehmens-ITK-Produkten.

In China verfügt Huawei bei Switches und Routern in allen Segmenten bereits über den zweitgrößten Marktanteil nach Cisco. Der Konzern ist aber längst global tätig: Huawei unterhält Service-Center auf fünf Kontinenten und hat Lösungen in über 40 Ländern verkauft. Vertriebsniederlassungen bestehen in 13, F&E-Standorte in vier europäischen Ländern.

Aufmerksamkeit erregte Huawei durch einen Patentrechtsstreit mit Cisco, der letztes Jahr außergerichtlich beigelegt wurde. Zeitgleich kam Huawei als OEM-Partner mit 3Com ins Geschäft: Der US-Netzwerker möchte sich durch den Vertrieb der chinesischen Router und Switches unter der 3Com-Marke erneut im gehobenen Unternehmensgeschäft etablieren. Parallel dazu strebt der chinesische Konzern aber auch an, unter eigenem Namen in Europa Fuß zu fassen. Seit 2001 in Deutschland vertreten, zielt er vorrangig auf Carrier, Service-Provider und international tätige Unternehmen (Enterprise-Markt).

Zu diesem Zweck hat Huawei Partnerschaften mit der Deutschen Telekom, Controlware und Siemens ICN aufgebaut. Die Kombination aus Voice-over-IP-(VoIP-) Equipment von Siemens und Netzwerkkomponenten von Huawei soll eine Alternative zur VoIP-Strategie von Cisco bieten. Generell zielt Huawei darauf ab, beim Netzwerk-Equipment weltweit die Nummer zwei nach dem Netzwerk-Marktführer zu werden. Bei Lowend-Routern ist Huawei weltweit bereits Nummer zwei - allerdings laut Dell’Oro mit 5 Prozent Marktanteil gegenüber Ciscos 90 Prozent. Schon viele haben an Ciscos Thron gesägt - mit unterschiedlichem Erfolg. Huawei aber sieht sich aufgrund seines umfangreichen Produktangebots sehr gut gerüstet: "Wir sind der einzige Anbieter, der es mit Cisco quer durch das Portfolio aufnehmen kann", betont Scott Huang, Huaweis Verkaufs- und Marketingleiter für Europa. "Nur Cisco und Huawei können derart umfassende Lösungen bieten."

Breites Produktspektrum

Das Portfolio der Chinesen reicht von Unternehmensnetzwerken über WDM-Equipment (Wavelength Division Multiplexing) bis hin zu Infrastrukturen für Betreiber von MPLS-, Breitband- und Mobilfunknetzen. Das schließt die Mobilfunkstandards GPRS, CDMA und WCDMA ebenso ein wie NGNs (Next-Generation Networks) und Triple-Play-Lösungen (Daten, Sprache und Video über IP).

Im Unternehmenssegment skaliert die Produktpalette der Asiaten vom kleinen SOHO-Router (Small Office/Home Office) und 16-Port-Layer-2-Switch über Midrange-Geräte und VPN-Gateways bis hin zu hochverfügbaren Access-Routern (Quidway AR 46) und den Switch-Routern der Serie Quidway S8500 für den Enterprise-Core. Letzterer verfügt laut Datenblatt über eine 1,8-TBit/s-Backplane und eine Switching-Kapazität von 720 GBit/s. Die ASICs entwickelt Huawei generell selbst, die Interfaces des S8500 reichen bis viermal 10 GbE pro Slot. Power-over-Ethernet-Geräte sollen folgen.

Hier zu Lande zielt Huawei zunächst auf international tätige Großunternehmen. Referenzkunden kann der Anbieter in dieser Liga bisher nicht aufweisen. Allerdings hat sich das IZB München/Frankfurt am Main, der IT-Dienstleister der Sparkassengruppe, jüngst für Huawei als zusätzlichen Netzausrüster entschieden: Das IZB setzt laut Huawei an 700 von 3000 Standorten bereits Quidway-Router ein; zusätzlich sollen Netengine-Core-Router im geplanten MPLS-Backbone zum Einsatz kommen. Auch bei europäischen Service-Providern hat Huawei schon erste Erfolge erzielt, so bei den WDM-Netzwerken der französischen Netzbetreiber Free Telecom und Neuf Telecom sowie dem Metro-Ethernet-Netz der britischen Fibernet.

Neben dem Portfolio und der Entwicklerriege hebt Huang Huaweis Flexibilität in Projekten und die niedrigen Preise hervor: Huawei sei nicht an der Börse notiert und müsse deshalb den Analysten nicht jedes Quartal Gewinne präsentieren. Sprich: Der Konzern will Marktanteile notfalls mit radikaler Niedrigpreispolitik erobern. Muss sich Netzwerkriese Cisco also nun warm anziehen? Das wohl nicht: Auch Cisco kann, wie alle Multinationals, in Billiglohnländern entwickeln und produzieren. Zudem ist im gehobenen Segment der Preis nur eines von mehreren Kriterien. Die Netzwerker werden sich aber an einen Player gewöhnen müssen, der Preis- wie Konkurrenzdruck erhöht.


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