IBM Workplace Services Express 2.0

Im Express zum Workplace

29. Juni 2005, 23:06 Uhr | Dr. Michael P. Wagner/mw Dr. Michael P. Wagner ist als Management-Team Berater in München tätig.

Mit der Workplace-Produktfamilie baut IBM eine leistungsfähige Alternative zu den in die Jahre gekommenen Domino/Notes-Produkten auf. Bislang konnten sich aber nur Großunternehmen die J2EE-basierende neue Plattform leisten. Mit der Workplace-Services-Express-Variante stellt IBM erstmals einen einfachen Einstieg in die Workplace-Welt zur Verfügung.

Unter dem Namen "Workplace" arbeitet IBM an einer neuen Generation kollaborativer Software in
der Tradition der Lotus-Notes- und Domino-Produkte. Die auf Basis der Java 2 Enterprise Edition
(J2EE) völlig neu entwickelte Produktfamilie bietet nicht nur eine flexible Konfiguration von
Anwendungen und eine regelbasierte Administration, sondern erstmals auch eine vollständig
durchgängige Anwendungsentwicklung in Java. Die Workplace-Produktfamilie ist auf Skalierbarkeit in
Leistung und Funktionalität ausgelegt und setzte bislang einen großen Hardwareeinsatz und tief
gehende Kenntnisse der Basistechnik des Websphere Portal Servers voraus. Mit dem Produkt Workplace
Services Express 2.0 (WSE) sind die Vorteile von Workplace nun auch nach einer einfachen "aus der
Box"-Installation auf einem einzigen Server unter Windows oder Linux nutzbar.

WSE setzt mindestens einen 2-GHz-Prozessor sowie 2 GByte Hauptspeicher voraus. Mit dieser
Konfiguration lässt sich das gesamte Produkt ausprobieren. Für eine produktive Nutzung mit mehr als
ein paar Benutzern empfiehlt sich allerdings der Einsatz von mehr Hauptspeicher sowie
gegebenenfalls einer Mehrprozessormaschine.

Installation

Die Installation erfolgt schnell und einfach von drei CDs, deren Inhalt am besten vollständig in
ein Installationsverzeichnis kopiert wird. Während der durch einen Wizard gesteuerten Installation
müssen einige wenige Fragen, wie etwa nach dem Namen des Servers, beantwortet werden. Dann erfolgt
die Installation in weniger als einer Stunde vollautomatisch. Während dieser Zeit werden eine
Cloudscape-Datenbank, ein LDAP-Server und ein Websphere Application Server mitsamt der
Portal-Umgebung 5.1, dem Document Manager und einem Instant-Messaging-Dienst installiert.

Bei Bedarf kann die vorkonfigurierte Installation auch an einen bestehenden LDAP-Dienst wie zum
Beispiel Lotus Domino oder Active Directory, eine vorhandene Datenbank wie DB2 oder an einen
externen Webserver wie Sun One angepasst werden. Die Unterstützung weiterer LDAP- und Webserver
oder Datenbanken (zum Beispiel Oracle) ist für eines der nächsten Releases geplant.

Look and Feel

Nach der Installation präsentiert sich Workplace Services Express 2.0 übersichtlich und ist
einfach und konsistent zu bedienen. Durch die Auswahl unterschiedlicher "Themes" und "Skins" lässt
sich das Look and Feel der Portaloberfläche komplett anders einfärben oder in der Gestaltung
verändern. Ergänzend kann man auch eigene Logos und Schriftzüge verwenden. Der Portalaufbau, der
ohne Frames auskommt, ist aufgeteilt in einen Kopf mit den wichtigsten Bereichen des Portals, unter
anderem in "Mein Workplace" – die personalisierte Startseite, "Schablonen" – die
Anwendungsentwicklung sowie "Verwaltung" – die Administration. Jeder dieser Bereiche ist durch
Reiter in weitere Unterbereiche geteilt, in denen sich jeweils eine Liste oder auch eine Hierarchie
von Seiten verbergen kann. Über dem universellen Menüpunkt "Aktion" im Kopf kann der Benutzer in
jedem Bereich, in dem er die entsprechenden Rechte besitzt, weitere Seiten einfügen und bearbeiten.
Außerdem lassen sich die meisten Seiten im Browser als Favoriten oder Bookmarks speichern.

Die Bausteine, aus denen die einzelnen Seiten zusammengesetzt werden, sind die so genannten
Portlets, also kleine eigenständige Fensterbereiche, die unabhängig von einander konfiguriert
werden können, um Informationen darzustellen oder die Nutzung von Serverdiensten zu ermöglichen.
Die Portlets werden durch den Websphere Portal Server zur Verfügung gestellt und lassen sich durch
die Workplace-Umgebung zu Anwendungen kombinieren. Mit Workplace Services Express 2.0 werden 27
Portlet-Typen mitgeliefert. Aus dem Portlet-Katalog im Internet können derzeit 49 weitere Portlets
zusätzlich geladen werden. Durch die Workplace-Umgebung lassen sich mehrere Seiten mit Portlets zu
ganzen Anwendungen verbinden. Über gemeinsame Parameter und ein gemeinsames Rollenmodell werden die
Anwendungen konfiguriert und mit passenden Zugriffsrechten ausgestattet.

Basisfunktionen

Workplace Services Express 2.0 verfügt über eine Reihe von Basisfunktionen, die über die
Benutzerschnittstelle zur Verfügung stehen. Der zugrunde liegende LDAP-Service ermöglicht die "
People-Finder"-Funktion, die auf vielen Seiten als Portlet eingebunden ist. Der People Finder
ermöglicht die Suche nach Personen in der Organisation über eine Suchfunktion oder durch blättern
in der Organisationshierarchie. Dabei wird stets angezeigt, ob die jeweilige Person gerade online
ist oder nicht. Diese "Online Awareness" wird durch den Instant-Messaging-Dienst in Verbindung mit
dem LDAP-Verzeichnis erreicht und ermöglicht die unmittelbare Kontaktaufnahme mit jedem angezeigten
Mitarbeiter über eine Chat-Funktion.

Dokumentenmanagement

Eine weitere Grundfunktion des Workplace Services Express 2.0 ist das Dokumentenmanagement, das
neben den üblichen Grundfunktionen für das Erstellen, Sperren und Entsperren sowie das Abspeichern
im Entwurfsmodus auch eine Versionsführung für die verwalteten Dokumente erlaubt. Die Dokumente
sind in Dokumentenbibliotheken abgelegt, die für verschiedene Zwecke erstellt werden können. Neben
dem Import von Dokumenten aus dem Dateisystem besteht die Möglichkeit, die Anwendungen der
Microsoft Office Suite wie Word, Excel oder Powerpoint für ein "round trip editing" zu verwenden.
Dabei werden die Dokumente vom Server auf den lokalen PC in die Anwendung geladen, dort bearbeitet
und beim Schließen des jeweiligen Dokumentenfensters auch wieder auf den Server hochgeladen. Diese
Möglichkeit besteht für die MS Office Pakete 2000, XP und 2003. Alternativ und falls keine
Microsoft-Anwendungen bereit stehen, stellt Workplace auf dem Open-Office-Softwarepaket basierende
Rich-Text-Editoren zur Verfügung, mit denen sich die MS Office-Dokumente nicht nur betrachten,
sondern auch verlustfrei editieren lassen. Lediglich die Editierfunktionalität ist teilweise
gegenüber den vollen MS-Office-Anwendungen eingeschränkt. Für die meisten Büroanwendungen reichen
die Editoren allerdings vollständig aus. Die erstellten Dokumente können durch einen
Überarbeitungs- und Freigabe-Workflow geschickt sowie in einer frei gestaltbaren Hierarchie von
Ordnern abgelegt werden.

Ebenfalls als Basisfunktion steht in Workplace das "Search Center" zur Verfügung, mit dem
Anwender in der Lage sind, die lokalen Dokumentenbibliotheken und Datenbanken aber auch externe
Websites zu durchsuchen. Die Indexierung von Dokumentenbibliotheken wird über den Bereich
Verwaltung angestoßen, dabei lassen sich auch Datenbanken von Anwendungen sowie externe Webseiten
einbinden. Die Indexierung berücksichtigt die unterschiedlichen Dateiformate und Sprachen der zu
indexierenden Dokumente. Die eigentliche Suche erfolgt über Search Portlets, über die Anwender
boolsche Anfragen absetzen. Die für die einzelnen Bibliotheken oder Anwendungen definierten
Zugriffsrechte werden bei der Suche berücksichtigt. Das heißt, ein Benutzer sieht im Suchergebnis
nur Informationen, die ihm auch auf dem herkömmlichen Weg zugänglich sind.

Workplace Services Express 2.0 umfasst im Gegensatz zu den "großen" Workplace-Produkten keinen
eigene E-Mail-Server. Die Benutzer können aber über entsprechende Portlets auf externe Mail-Systeme
zugreifen. Dabei stehen Portlets für die bekannten E-Mail-Systeme Lotus Domino und Microsoft
Exchange ebenso zur Verfügung wie für alle POP- oder IMAP-basierenden Programme.

Formulare und Listen

Eine sehr flexible und in den vordefinierten Workplace-Anwendungen vielfach eingesetzte
Komponente ist das List Portlet, das es erlaubt, Formulare zu definieren und die gesammelten Daten
in Listen anzuzeigen. Im Konfigurationsmodus ist es möglich, dreispaltige Formulare aus
Eingabefeldern zusammenzusetzen, wobei sich auch Rich-Text-Felder verwenden lassen. Die gewählten
Felder stehen dann für die Definition der Spalten von Listen zur Verfügung. Bei der Nutzung der
Listen lässt sich zudem die Sortierreihenfolge bestimmen und eine Filterung je Spalte einstellen.
Workplace Services Express 2.0 nutzt insgesamt 17 vorgefertigte Listen für diverse Einsatzbereiche.
Die Anwender können aber beliebig viele Listen frei definieren. Die Speicherung des Inhalts erfolgt
in der Datenbank, die Workplace zugrunde liegt.

Anwendungen

Workplace-Anwendungen sind definierte Kombinationen aus Seiten und Portlets, die durch
gemeinsame Parameter und einen Berechtigungskontext miteinander verbunden sind. Struktur und
Zusammenhang der Seiten und Portlets werden dabei durch so genannte Schablonen (Templates)
definiert, die sich durch das Workplace-Builder-Werkzeug verändern lassen und zu konkreten
Anwendungen instanziiert werden können. Konkrete Anwendungen wiederum lassen sich während der
Nutzung verändern und selbst wieder zu Schablonen abstrahieren. Alternativ ist es möglich,
Schablonen auch ohne Vorlage zu erstellen.

Schablonen definieren nicht nur die Anzahl, das Layout und den Aufbau von Seiten aus einzelnen
Portlets, sondern auch Beziehungen zwischen Portlets sowie Parameter und Rollen.

Mit den Parametern lassen sich bestimmte Einstellungen der Portlets gemeinsam steuern und bei
der Instanziierung einheitlich festlegen. Durch Rollen lassen sich die Zugriffsrechte der einzelnen
Portlets gemäss der jeweiligen Aufgabenstellung zusammenfassen, um bei der Instanziierung Benutzern
jeweils gemeinsam zugewiesen zu werden.

Workplace Services Express 2.0 enthält bereits einige Schablonen: Einfache Beispiele wie
Diskussionsforen und Chat-Räume, aber auch konkrete Lösungen für die Vorbereitung von Sitzungen
oder für die Planung von Veranstaltungen. Workplace-Anwendungen können allen Nutzern eines
Workplace-Portals zugänglich gemacht werden oder den eigens aufzulistenden Mitgliedern (Members)
der Anwendung.

Teamspaces

Eine Art von Anwendungen die nur für eine feste Gruppe von Mitgliedern gedacht ist, sind die so
genannten Teamspaces. Dabei handelt es sich um spezielle Workplace-Anwendungen die insbesondere die
kollaborative Funktionen der Workplace-Umgebung nutzen, um konkrete Lösungen für Teams von
Mitarbeitern anzubieten. Workplace Services Express 2.0 verfügt über eine Reihe von
Teamspace-Schablonen, die unmittelbar nach der Installation genutzt werden können. Dazu zählen
Lösungen für das Projektmanagement, für Marketing und Vertrieb, für den Kundendienst und für die
Personalabteilung. All diese Lösungen bauen auf den Grundfunktionen der Workplace-Umgebung auf und
nutzen das Dokumentenmanagement ebenso wie die Listenverwaltung und die Diskussionsforen. Neben
Chat und Kalenderfunktionen werden aber auch zum Teil aufgabenspezifische Portlets verwendet. Jede
Lösung definiert die für die jeweilige Aufgabe passenden Rollen, denen dann die entsprechenden
Benutzer oder Gruppen zugewiesen werden. Gruppen definiert der Systemverwalter über die
Administration.

Administration

Die Administration der Workplace-Umgebung erfolgt im Menüpunkt Verwaltung. Dort lassen sich die
Benutzer ebenso verwalten wie die verfügbaren Portlets und globale Parameter der
Workplace-Umgebung. Details der zugrunde liegenden Dienste werden jedoch über die Websphere
Application Server Administrative Console eingestellt, die über eine andere Browser-orientierte
Benutzerschnittstelle verfügt als das Workplace Portal.

Über die Administrative Console erfolgt auch die Definition der User Policies. Über die Policies
lässt sich kontrollieren, über welche Eigenschaften der Workplace-Portal-Dienste die jeweils
zugewiesenen Benutzer verfügen. So kann der Systemverwalter etwa festlegen, wie viele Einträge im
persönlichen Adressbuch erzeugt werden können, oder ob der jeweilige Benutzer auch neue Teamspaces
anlegen darf. Auch welche Benutzer welchen Policies zugeordnet sind, ist über die Administrative
Console definiert.

Im Workplace Portal werden darüber hinaus die Details der Zugriffssteuerung durch Rollentypen,
Rollen und Hierarchien von Ressourcen gesteuert. Die vorgegebenen Rollentypen definieren, welche
grundlegenden Rechte ein Rolleninhaber für die jeweilige Ressource hat. Eine Rolle legt einen Namen
für die Zuordnung von Rollentypen zu einer Ressource fest. Die Zuordnung eines Benutzers oder einer
Benutzergruppe zu einer Rolle steuert dann, über welche konkreten Rechte der Benutzer für die
jeweilige Ressource verfügt.

Die Struktur einer Anwendung legt außerdem eine Hierarchie von Ressourcen fest, zum Beispiel
Portlets auf einer Seite. Sofern nicht anders definiert, erben die untergeordneten Ressourcen
jeweils die Rollendefinitionen der übergeordneten Ressource. Dies vereinfacht die Zuweisung von
Rechten wesentlich. So kann etwa der Rollentyp "Editor" durch Zuweisung der gleichnamigen Rolle "
Editor" für alle Aspekte eines Teamprojekts Teamspaces vergeben werden. Mit diesem
Rollenmechanismus lässt sich in Kombination mit der Festlegung von Benutzergruppen die
Rechtverwaltung in Workplace sehr effizient gestalten.

Workplace Services Express 2.0 kann per Benutzer oder per Prozessor lizenziert werden. Der
Einstiegspreis pro Benutzer liegt bei 114 Dollar, pro Prozessor bei 39.900 Dollar, wobei maximal
vier Prozessoren mit jeweils 7500 registrierten Benutzern und 75 gleichzeitigen Benutzern von bis
zu 15 Teamspaces zugelassen sind.

Fazit

Workplace Services Express 2.0 hinterlässt einen soliden und überraschend ausgereiften Eindruck.
Lediglich zwei Hürden gilt es zu überwinden: die gewöhnungsbedürftige Administration und die zu
wenig ausführliche Dokumentation. Am ehesten kann man Workplace Services Express 2.0 mit
webbasierenden Anwendungen wie Lotus Quickplace vergleichen, das jetzt sinnigerweise "Team
Workplace" heißt. Workplace Services Express 2.0 erweist sich dabei als die flexibler zu
konfigurierende Anwendungsumgebung, die im Bereich der Onlineportale derzeit sicher den Stand des
technisch Möglichen repräsentiert.


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