Thin Client im Test: Wyse Xenith

Konfigurationsfreies Endgerät

7. September 2011, 6:00 Uhr | Thomas Bär/wg

Einen Thin Client in weniger als 60 Sekunden aufbauen - und alles funktioniert sofort ohne weitere Anpassungen! Klingt wie die übertriebenen Botschaften der Werbeabteilung - doch im Zusammenspiel von Wyse Xenith, VMware ESX-Hypervisor und Citrix Xen Desktop ist dies in der Tat möglich. Um den zeitlich anspruchsvollen Aufbau einer Xen-Desktop-VDI-Umgebung kommt der Adminis-trator jedoch nicht herum.Thin Clients bereiten dem Administrator im Idealfall bei der Konfiguration und Wartung deutlich weniger Arbeit als PCs. Mit Ausnahme einiger weniger Softwareaktualisierungen muss der Systembetreuer an den kleinen Geräten nicht allzu viel tun, da die primären administrativen Aufgaben in den Server-basierenden Sitzungen zu erledigen sind. Virtual Desktop Infrastructure (VDI), auch als Hosted Virtual Desktop (HVD) bezeichnet, vereint die zentralisierte Bereitstellung der Terminaltechnik mit den Vorzügen des individuellen Desktops der Standard-Client-Computer. Administrative Aufgaben wandern von der Client-Seite zurück in das Rechenzentrum und sind dort von den Systembetreuern zentral zu bewerkstelligen.

Gewöhnlich erfolgt der Zugriff auf den Session-Broker, der Software, die für die Zuweisung des richtigen Desktops für den richtigen Benutzer zuständig ist, über einen Web-Browser. Aus der Web-Session heraus erfolgt die Aktivierung des Re-mote Desktop Clients, und die Desktop-Inhalte erscheinen auf dem Client. Auf der Seite des Client-Computers ist neben der Darstellung des Desktops und der Entgegennahme der Tastatur- und Mausbefehle nicht viel zu leisten: Sounds abspielen, Mikrofon-Aufzeichnungen weiterleiten, USB-Anbindung durchreichen und den Drucker mit Druckbefehlen versorgen. Dies funktioniert mit allen gängigen WebBrowsern auf jedem halbwegs aktuellen Betriebssystem mit Xendesktop 5 ohne weitere Probleme - auch von einem ThinClient aus.

Wyse Xenith ist ein Thin Client, der exakt auf die Bedürfnisse einer Xen-Desktop-VDI-Umgebung optimiert ist. Die Optimierung zeigt sich zum Beispiel darin, dass der Energieverbrauch mit sieben Watt im Betrieb laut Herstellerangaben extrem gering ist und die Startgeschwindigkeit des Clients mit zirka zwei Sekunden rekordverdächtig zügig ausfällt. Der geringe Energieverbrauch spart laut Wyses Berechnung gegenüber einem PC mit einem 200-Watt-Netzteil und bei Energiekosten von 0,10 Euro je kW/h bis zu 50 Euro im Jahr. Im Standby-Betrieb sinkt der Verbrauch auf einen akzeptablen Wert von weniger als ein Watt pro Stunde.

Im Idealfall ist der Xenith von Wyse per Gigabit-Ethernet mit dem Netzwerk, über PS/2 oder USB mit Maus und Tastatur und via DVI- oder VGA-Adapter mit dem Monitor verbunden. Je nach Variante wird das Gerät von Wyse auch mit optionalem 802.11b/g/n-Netzwerkzugang angeboten. Es findet sich auf der Frontseite des nur 34 × 177 × 121 Millimeter kleinen, quasi handflächengroßem Gerät von 2,7 Kilogramm nur ein einziger Knopf - der Ein/Aus-Schalter. Innerhalb der im Prospekt beworbenen fünf Sekunden ist das typische Xendesktop-Client-Hintergrundbild zu sehen, und eine Eingabemaske fragt nach Domänen- und Benutzernamen sowie dem Kennwort. Gibt der Nutzer diese Eingaben entsprechend der Xendesktop-Umgebung ein, so beginnt der Aufbau der Terminalsitzung über das HDX-Protokoll.

Umfassende HDX-Funktionen

Alle Eingaben und Aktionen in der Sitzung fühlen sich identisch zügig an - wie auf einem leistungsfähigen PC, der über eine Browser-Sitzung auf die VDI-Umgebung zugreift. Videofilme im VNC-Player laufen absolut ruckelfrei, und die Soundausgabe eines Films ist flüssig. Alle klassischen Features des aktuell als HDX bezeichneten Citrix-Protokolls unterstützt der Wyse Xenith von Haus aus. Den HXD Mediastream für WMV, MPEG4 und DivX, Plug-and-Play von Geräten - insbesondere USB - in die Session, Darstellungsoptimierungen wie HDX WAN Optimization, Realtime oder Progressive Display. Außerdem unterstützt er Session Reliability, um jederzeit wieder in die Ursprungssitzung auf derselben Maschine zurückzukehren, und Desktop Restart. Die PS/2-Tastatur und eine Maus liefert Wyse ebenso mit wie den DVI-VGA-Adapter. Über ein gesondertes Y-Kabel ist auch ein Doppel-Monitor-Betrieb möglich. Für Peripheriegeräte bietet der Thin Client einen 1/8-Zoll-8-Bit-Stereomikrofon- und 16-Bit-Lautsprecheranschluss mit 48 KHz Sampling-Rate sowie je zwei USB-2.0-Ports auf der Vorder- und Rückseite.

Innere Werte

Das Datenblatt des Xenith von Wyse offenbart keine Besonderheiten. Die Stromspareigenschaften hat der Thin Client einem VIA-Eden-Prozessor mit 1 GHz Taktfrequenz zu verdanken. Beim Chipsatz handelt es sich um den auf das Zusammenspiel mit Nano, C7 oder Eden-Prozessoren optimierten VIA VX855, der mit einer integrierten VIA Chrome9 HCM DX9 3D Engine und der 128-Bit 2D Engine über ausreichend Ressourcen für die Darstellung in einer 1080p-HD-Video-Qualität mitbringt. 128 MByte Flash-Speicher dienen der Dauerspeicherung und 512 MByte DDR2-RAM als Arbeitsspeicher.

Der grafische Darstellungsbereich des VX855 umfasst 1.920 x 1.200 Pixel bei einer Farbtiefe von 8, 15, 16, 24 oder 32 Bit mit einer Bildwiederholungsfrequenz von 60 Hz. Die Werte ändern sich auch nicht beim Anschluss eines zweiten Bildschirms, der sich über einen eigenständigen "Full Resolution Frame Buffer" ansprechen lässt. Der Xenith bietet den typischen VESA-Monitor-Support über das Display Data Control (DDC) für die automatische Einstellung von Auflösung und Bildschirmwiederholungsfrequenz. Zur Diebstahlsicherung lässt sich der Xenith über die typische Kensington-Ausbuchtung anketten.

Kein Management erforderlich

Es gibt im Lieferkarton von Wyse keinerlei Datenträger und außer einer in mikroskopisch kleiner Schrift gedruckten Lizenzvereinbarungen auch nur eine in Englisch gehaltene Anleitung, bestehend aus zwei Schritten: anschließen und anmelden. Diese Kurzanleitung richtet sich an den Endbenutzer oder die Person, die den Xenith aufstellt - nicht aber an den Administrator. Das Geheimnis des einstellungsfreien Thin Clients von Wyse für Xen-Desktop-Umgebung ist eine DHCP-Option. Die Option 181 muss auf einem DHCP-Server eingerichtet sein und verweist auf die IP-Adresse des Xendesktop-Vcontrollers mit dem Session Broker - ein Vorgang, der im Test auf einem Windows Server 2003 kaum fünf Minuten Zeit in Anspruch nahm. Als erweiterte Optionen steht es dem Administrator frei, die Adressen der FTP/File-Server für automatische Updates für die Wyse Xenith Clients zu hinterlegen.

Auch wenn grundsätzlich keine Management-Software für den direkten Betrieb und die sofortige Anbindung an den Vcontroller der Xendesktop-Umgebung erforderlich ist, liefert Wyse dennoch ein Management-Produkt für den Xenith aus. Findet der Client keine gesetzte DHCP-Option, bietet ein Einstellungsdialog die Möglichkeit, den Vcontroller manuell einzutragen und weitere Parameter vorzugeben. Dazu gehört beispielsweise, ob Drucker- und (USB-)Laufwerke in die Session gemappt werden sollen. Die sonstige Administration nimmt der Systembetreuer über die Citrix-Tools vor, ohne sich über die Gestalt der Client-Rechner weiter Gedanken machen zu müssen. Dies geschieht ganz so, als ob es sich um einen herkömmlichen Client handelt, der über den Browser auf die VDI-Umgebung zugreift.

Hauptanforderung Xendesktop

Ohne Xendesktop im Netzwerk ist der Wyse Xenith ein zwar optisch ansprechendes, jedoch vollkommen nutzloses Gerät. Allein der Aufbau einer VDI-Testumgebung erfordert einige Stunden an Arbeitszeit und setzt einiges an Know-how voraus.

In der von uns gewählten Testumgebung, bestehend aus Xendesktop 5, Microsoft Active Directory mit DNS und DHCP und einem VMware ESX4i Hypervisor, stolperten wir zunächst über einen fehlenden Hinweis in der Beschreibung "Installing and Configuring the Evaluation Deployment (Updated: 2011-05-17)" von Citrix zum Aufbau der Umgebung. Ehe sich der Master für die künftigen Virtual Desktops im Citrix Desktop Studio definieren ließ, beklagt der Assistent, dass der ESX-Hypervisor unerreichbar sei. Dieses Problem manifestierte sich als "Cannot connect to Hypervisor" und wurde vom Citrix-Support mit dem Vermerk "Klassiker" in kürzester Zeit aufgelöst.

Die Verbindung auf das VMware Vcenter über HTTP wird von der Vmware-Software automatisch auf HTTPS umgeleitet. Standardmäßig ist dazu ein Zertifikat auf dem Server installiert, das erwartungsgemäß nicht zu dem selbstgewählten Server-Namen passt und somit diese Fehlermeldung auf der Citrix-Seite erzeugt. In der Knowledge-Base von Citrix findet sich dazu ein Eintrag, der erklärt, wie das Zertifikat geändert oder der HTTP-Zugriff aktiviert wird. Ein Hinweis in der Aufbauanleitung der Testumgebung von Citrix wäre allerdings zielführender, als die Interessenten den Support traktieren zu lassen.

Die Testinstallation auf einem physischen VMware-ESX4i-Server für den virtuellen Domänen-Controller und die virtuellen Desktops und der Bereitstellung des VMware Vcenters in der 60-Tage-Testversion und des Xendesktop 5 Vcontrollers in einer 30-Tage Version, beide unter VMware Workstation 7, dauerte mit der Erstellung eines virtuellen Master-Clients mit Windows XP SP3 in der Summe rund zehn Arbeitsstunden inklusive der Zeit für die Downloads der Software. Neben dem bereits beschriebenen Problem mit dem Zertifikat ist es überaus störend, dass sich die in der Anleitung benannte Reihenfolge nicht genau einhalten lässt. Es ist die Sache des Administrators, logisch zu kombinieren, dass vor dem Einspielen des virtuellen Master-Images in die VDI-Umgebung zunächst eine virtuelle Maschine für das Master erzeugt, installiert und vorbereitet werden muss.

Administration - nur an anderer Stelle

Die Einstellungsmöglichkeiten auf dem Wyse Xenith sind faktisch nicht nennenswert. Wyse verwaltet die Thin Clients mit dem im Internet zum Download angebotenen Wyse Device Manager - in diesen lassen sich auch die Xenith-Geräte einbinden. Bis auf die Aktualisierung der Firmware bleibt dem Administrator über diese Software jedoch nicht viel zu tun, da alle Einstellungsparameter direkt oder indirekt von der Citrix-Xendesktop-Umgebung bestimmt sind.

Die weiteren Anforderungen, beispielsweise die Einbindung von Druckern in die Xendesktop-Sitzungen, bleibt den Bordmitteln von Windows und Citrix überlassen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Xenith-Client handelt. Sofern keine zusätzliche Drucker-Unterstützung gefragt ist, müssen alle virtuellen Desktops mit den passenden Druckertreibern ausgestattet sein. Wie viele virtuelle Desktops bereitgestellt werden, wie viele davon bereits im Pool vorgeladen sind und aus welchem Master-Image diese zu erzeugen sind, stellt der Administrator im Xendesktop-Studio auf dem Vcontroller ein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich nun um einen Wyse-Thin-Client oder um ein anderes Produkt handelt.

Fazit

Der Wyse Xenith wurde gemeinsam mit Citrix entwickelt und entworfen - dies ist unübersehbar. Eine so gute Interaktion von Hard- und Software bekommen wir sehr selten im Testlabor zu sehen. Die Garantiezeit bei Wyse, einem der größten Hersteller von Thin Clients, beträgt drei Jahre. Die Qualität des Materials, das Design, die Geschwindigkeit und das Konzept des Xenith lassen sich durchweg mit "sehr gut" benoten. Der Straßenpreis von rund 350 Euro für die Variante ohne WLAN und rund 410 Euro für die WLAN-Variante spiegelt die Qualität in Form eines recht hohen Preises wider. Hinzu kommen die Kosten für die Bereitstellung der VDI-Umgebung und den Stromverbrauch im Datacenter. Wer mit der Beschränkung auf den ausschließlichen Xen-desktop-Betrieb kein Problem hat, kann bei Wyse eine kostenlose Teststellung des Geräts und der Device-Manager-Software für 30 Tage über das Internet anfordern.

Info: Wyse
Tel.: 089/555288-0
Web: www.mse.de

Info: Citrix
Tel.: 0811/830000
www.citrix.de

Der Autor auf LANline.de: BÄR

Das Geheimnis der konfigurationsfreien Anbindung der Wyse Xenith Clients im Netzwerk ist die Option 181 auf dem DHCP-Server.

Sobald Clients wie der getestete Xenith von Wyse auf die Xendesktop-Umgebung zugreifen, steigt die Systemlast deutlich an. Dafür begnügt sich der getestete Client mit nur sieben Watt Energie je Stunde im laufenden Betrieb.

Der Xenith von Wyse ist buchstäblich handflächengroß.

Citrix Xendesktop hat sich am Markt als VDI-Software etabliert - ob es sich nun um einen Hypervisor von VMware, Citrix oder um Microsofts Hyper-V handelt, spielt keine Rolle mehr.
LANline.

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