Serie: Application Delivery, Teil 1

Lokales Arbeiten simulieren

15. April 2008, 22:00 Uhr | André Dannbacher/wg

Virtualisierung erlaubt es, das Betriebssystem eines Servers von dessen Hardware zu trennen und damit die Kosten für Serverbetrieb und Kühlung zu senken. Als neues Thema rückt die Desktop-Virtualisierung in den Blickpunkt. Neben dem klassischen Server-based Computing (SBC) sowie dem Streaming von Anwendungen und Client-Betriebssystemen dient auch diese Application-Delivery-Methode dazu, die Applikationen vom Endgerät abzukoppeln. Zentralisierung soll dabei das Client-Management vereinfachen.

Neben der skriptbasierten Installation oder dem Vervielfältigen (Clonen) von Betriebssystemen
kommen System- oder Client- Lifecycle-Managementlösungen zur einfachen Bereitstellung von
Fat-Client-Desktops (PCs und Notebooks) zum Einsatz. Anwendungen verteilt die IT-Abteilung in
diesem Kontext per Softwareverteilung (Electronic Software Distribution, ESD) auf Client-Systeme.
Die Administrationssysteme werden heute meist standardisiert, was die Client-Verwaltbarkeit
verbessert und Support-Kosten senken kann.

Eine Alternative für den Aufbau und die Verwaltung dezentraler Infrastrukturen sind
Thin-Client-(TC-)Architekturen. In einigen Einsatzfällen helfen diese sehr gut, Managementprobleme
sowie die Datensicherheit durch das Zentralisieren von Anwendungen und Desktop-Ressourcen in den
Griff zu bekommen. Dies setzt für Windows-Umgebungen ein Server-based-Computing-(SBC-)Modell mit
Microsoft Terminalserver (TS) voraus.

Zentrale Bereitstellung auf Thin Clients

Mit der verbreiteten TS-Zusatzlösung Xenapps (bis vor kurzem als Citrix Presentation Server, CPS
bekannt) lassen sich Desktops und Applikationen nach dem bekannten Prinzip der serverbasierten
Virtualisierung den Anwendern auf einfache Art bereitstellen. Marktführer Citrix spricht vom "
Veröffentlichen" der Anwendungen ("Application Publishing").

Ein Vorteil dieses Ansatzes ist die zentrale Verwaltung von Benutzern und Anwendungen. Das
Ausführen nicht autorisierter Applikationen sollte der Administrator dabei unterbinden, da die
Auswirkungen auf das gesamte System einen deutlichen negativen Einfluss haben. Über Richtlinien
(Benutzerprofile) lassen sich Einstellungen und Veränderungen durch den Benutzer verhindern.

Eine Einschränkung dieser Architektur besteht darin, dass die virtualisierten Desktops im
Multi-User-Modus arbeiten und sich somit das Betriebssystem und Hardwareressourcen teilen müssen.
Kommen Spezialanwendungen wie zum Beispiel ein CAD-System oder ein DTP-Programm mit hohen
Anforderungen an die Verarbeitungskapazität zum Einsatz, muss die IT-Abteilung wieder auf einen
entsprechend leistungsfähigen Standalone-PC zurückgreifen.

Streaming von Betriebssystemen und Anwendungen

Das Streamen von Betriebssystemen und Anwendungen an Client-Systeme ist ein alternativer Ansatz
für das zentralisierte Desktop-Management. Diese mitunter auch Thin Computing genannte Technik
ermöglicht durch Streaming-Lösungen wie zum Beispiel den Wyse Streaming Manager die zugehörigen
festplatten- und Flash-losen Thin Clients wie Wyses S10 zentral in Echtzeit mit den notwendigen
Daten zu versorgen. Diese Technik nutzt das Booten und Mounten von Netzwerklaufwerken (SAN oder
NAS) über PXE (Preboot Execution Environment).

Auch der Citrix Provisioning Server (ehemals Ardence) arbeitet nach diesem Prinzip. Anwendungen,
die der Administrator dem Benutzer zur Verfügung stellen will, müssen jedoch in einem Image
installiert sein. Eine Bereitstellung von Anwendungen nach Bedarf ("on demand") ermöglicht Citrix
mit dem Feature Application Streaming von Xenapp/CPS in der Enterprise- oder Platinum-Edition.

Einen neuen Weg zum Einsatz zentralisierter Desktop-Systeme ebnet die Technik virtueller
Maschinen (VMs), für die Servervirtualisierung zum Beispiel mittels Vmware Virtual Infrastructure 3
(VI3), Citrix Xenserver oder Microsofts für dieses Jahr angekündigtem Hyper-V.

Virtual Desktop Infrastructure

VMs lassen sich auch dazu nutzen, serverseitig virtuelle Desktop-Instanzen zu hosten. Mit diesem
Konzept der Virtual Desktop Infrastructure (VDI) steht im Rechenzentrum für jeden Benutzer ein
Client-System in Form eines individuellen virtuellen Windows-PCs zur Verfügung. Die kompletten
Desktop-Umgebungen laufen somit in VMs auf zentralen Serversystemen. Der Anwender kann über einen
beliebigen PC oder Thin Client (TC), der RDP (Remote Desktop Protocol) unterstützt, darauf
zugreifen. Diese Architektur erfordert einen Session- oder Connection-Broker für die Verwaltung der
Verbindungen. Vmware bietet dazu den Virtual Desktop Manager (VDM) 2.0 als Weiterentwicklung des im
Sommer 2007 übernommenen Propero-Brokers zum Management von VM-Zugriffsrechten an.

Die Entkopplung der physischen Hardware vom Betriebssystem erlaubt eine effizientere Nutzung der
IT-Ressourcen und eine höhere Flexibilität, zum Beispiel für die Bereitstellung nicht
terminalserverfähiger Anwendungen. So können Server wie auch Desktop-Systeme auf einem zentralen
System isoliert voneinander laufen. Ein dynamisches Lastmanagement unterstützt dabei die optimale
Ressourcenauslastung im Rechenzentrum.

Citrix Xendesktop

Mit Citrix Xendesktop, das im ersten Halbjahr 2008 auf den Markt kommen soll, lassen sich
unterschiedliche individuelle Windows-Oberflächen zur Verfügung stellen (Tabelle 1). Die Lösung
kombiniert einen Desktop Delivery Controller mit der Xen-Virtualisierungsinfrastruktur. Der Desktop
Delivery Controller ist eine Weiterentwicklung des bereits im Frühjahr 2007 vorgestellten Citrix
Desktop Servers mit voller Unterstützung des Citrix-eigenen ICA-Protokolls (Independent Computing
Architecture) bis hin zum virtualisierten Desktop. Bislang war eine Kombination aus RDP und ICA
erforderlich.

Xendesktop ermöglicht außerdem, die Technik des Citrix Provisioning Servers zu nutzen. Diese
basiert auf einer Entwicklung von Ardence, einem Unternehmen, das Citrix im Januar 2007 übernommen
hat. Mit dem Citrix Provisioning Server stellt die IT-Abteilung vollständige Betriebssysteme
(einschließlich der Anwendungen) mittels Streaming auf einem Windows- oder Linux-System zur
Verfügung. In Kombination mit Citrix Xendesktop lassen sich somit einzelne Benutzeroberflächen als
Image je nach Bedarf an verschiedene virtuelle Desktop-Systeme im Rechenzentrum verteilen.

Die Xenserver-Produktfamilie komplettiert das Portfolio aus dem Hause Citrix. Durch die
Übernahme der Firma Xen- source im Herbst 2007 hat Citrix somit die offene
Virtualisierungsplattform – basierend auf dem Open-Source-Hypervisor Xen – um wichtige Funktionen
erweitert und verfügt nun über leistungsfähige Tools für das Management virtueller Windows- und
Linux-Maschinen.

Fazit

Diverse Hersteller, allen voran Citrix und Vmware, liefern interessante Angebote für die
Virtualisierung von Desktops und das Streaming von Software und bieten damit geeignete Lösungen für
unterschiedliche Anforderungen.

Citrix zeigt in Summe eine hohe Kompetenz bei der Bereitstellung von Desktops und Anwendungen,
die durch die langjährige Erfahrung im SBC-Umfeld entstanden ist. Zwar muss Citrix die Zukäufe der
Produkte und Techniken aus den letzten Quartalen erst einmal als integrierte Lösung verwirklichen,
doch dann bieten diese Ansätze eine Erfolg versprechende Basis für eine umfassende IT-Infrastruktur
mit einer flexiblen Bereitstellung von Anwendungen und Desktops.

Die Ansätze von Citrix, Vmware, Wyse und Co. werden wir in den folgenden Teilen dieser
Beitragsserie näher beleuchten.


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