IT-Services, Offshoring und Kooperationen

Neue Rollenverteilung in der IT

22. Juli 2020, 7:00 Uhr | Stefan Rühle/jos
© Wolfgang Traub

Krisen können wie Katalysatoren wirken und Entwicklungen beschleunigen. In der Corona-Situation verstärkt sich der Einfluss von Digitalisierung, Cloud-Nutzung und Robotic Process Automation. Dies hat auch Auswirkungen auf die Rollenverteilung und die Zusammenarbeit zwischen unternehmensinterner IT-Organisation und externen Diensteistern.

Die Auswirkungen der Corona Pandemie geben vielen Unternehmen Anlass, ihre Prozesse neu zu überdenken. Dies betrifft auch den Umgang mit der IT. Eine positive Erkenntnis: Gerade im IT-Bereich ist es gar nicht nötig, ständig im selben Raum zu sitzen, Remote-Arbeit hat sich in der Krise bewährt. Fraglich bleibt jedoch, wer künftig welche Aufgaben übernehmen soll – ob eigene Mitarbeiter oder Dienstleister? Lassen sich durch Outsourcing Kosten sparen oder Wettbewerbsvorteile erzielen? Krisen beschleunigen oft Entwicklungen, die bereits früher begonnen haben. Dies zeichnet sich auch in der gegenwärtigen Situation ab. Die Digitalisierung erhielt einen weiteren Schub, Cloud-Nutzung und Robotic Process Automation (RPA) werden die Arbeit in der IT beeinflussen und verändern.

Noch vor einigen Jahren war IT-Offshoring für viele Firmen die bevorzugte Option. Die Unternehmen verfolgten dabei vor allem ein Hauptziel: Kostenreduzierung durch Auslagerung der Arbeitsprozesse in Länder mit niedrigeren Arbeitslöhnen. Zu den weiteren Zielen gehören häufig die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen, Steigerung der Flexibilität, Zugang zu qualifiziertem Personal, aber auch die Fokussierung auf das Kerngeschäft.

Eine Kostenreduzierung lässt sich grundsätzlich erreichen, wenngleich der erhöhte Aufwand gegenzurechnen ist. Sowohl für Projekte in der Anwenderentwicklung als auch für Aufträge im Betriebsservice ist es eine zentrale Koordinationsstelle erforderlich, ein Brückenkopf für die Zusammenarbeit mit dem Offshore-Anbieter. Bei der Anwendungsentwicklung müssen die Anforderungen – oft auch im direkten Wortsinn – zunächst übersetzt und in einzelne, unabhängig zu bearbeitende Auftragspaketen aufgeteilt werden. Im Service sind die erbrachten Leistungen zu überwachen und die Einhaltung der Parameter zu überprüfen. Das Störungs-Management gehört dazu. Durch Übersetzungen, Berücksichtigung unterschiedlicher Zeitzonen und interkultureller Aspekte fällt dabei ein Mehraufwand an - im Vergleich zum Projekt-Management vor Ort. Dies kann sich auch auf die Flexibilität auswirken.

Weitere Einsparungen auf Basis von Automatisierung, wie sie Offshoring-Dienstleister teilweise anbieten, werden in der Praxis häufig durch die in Projekten üblichen Anpassungen an Kundenanforderungen und zusätzlich abgerufenen Leistungen wieder „aufgefressen“. Selbst wenn die Dienstleister die Effizienz ihrer Abläufe durch neue Verfahren verbessern, sind diese Innovationen nicht auf die spezifischen Prozesse beim Kunden zugeschnitten. Ein suboptimaler Prozess wird allein durch die Auslagerung nicht besser. Ein Vorteil ist der Zugriff auf qualifiziertes Personal. Die oft hohe Fluktuation verhindert allerdings eine Anreicherung von kundenbezogenem Know-how, die zu spezifischem Input und Innovationsimpulsen führen könnte.

IT neu bewerten: Vom Kostenfaktor zur Wertschöpfung

Die Konzentration auf das Kerngeschäft schließlich ist gegeben, wenn man denn IT-Leistungen klar vom Kerngeschäft abgrenzen kann. Anders verhält es sich, wenn die Nutzung innovativer IT-Lösungen unmittelbar zum Bestandteil des Geschäftsmodells wird, und dies ist eher die Regel. Digitalisierung bedeutet schließlich nicht einfach, papierbasierende Prozesse durch digitale Workflows zu ersetzen, sondern greift in vielen Branchen direkt in die Geschäftsfelder und die Wertschöpfung ein.

Dies betrifft in besonderem Maße die Bankenbranche, den Einzelhandel, Logistikdienstleister, aber auch den Maschinenbau und die Landwirtschaft. Wenn Digitalisierung und Adaption von IT-Innovationen über den Geschäftserfolg entscheiden, sollten die betreffenden Unternehmen dann nicht eigene Ressourcen dafür aufbauen? Genau das ist aufgrund des Fachkräftemangels bekanntlich schwierig. Schließlich war auch der Zugang zu qualifiziertem Personal für Unternehmen ein Grund für die Auslagerung ihrer IT-Dienste. Wenn erfahrene Fachkräfte kaum zu finden sind, besteht neben der Personalsuche im (benachbarten) Ausland auch die Möglichkeit, Absolventen im Unternehmen einzusetzen und selbst im IT-Fachbereich weiter auszubilden. Auch an dieser Stelle macht sich der jahrelange Sparkurs in den IT-Abteilungen bemerkbar. Während sich Young Professionals früher in Bereichen wie Anwendungsbetreuung sukzessive auch in komplexere Themen einarbeiten konnten, entfällt diese Möglichkeit, nachdem solche Tätigkeiten ausgelagert sind. Für gezielte Betreuung oder Traineeprogramme fehlen den Unternehmen häufig die personellen Ressourcen. Dann kann die Zusammenarbeit mit Talent-Plattformen oder spezialisierte Unternehmensberatungen, die Young Professionals in Projekten einsetzen und selbst betreuen, eine Lösung sein.

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