Robotic Process Automation

Softwareroboter in der Automatisierung

15. Januar 2020, 12:00 Uhr | Ulrich Meyer

Automatisierung macht Prozesse effizienter und für Anwender besser zu handhaben. Dies gilt auch für die Administration und den Support von IT. Doch die technische Integration verschiedener Systeme in großen Unternehmen ist zeitraubend und teuer. Robotic Process Automation (RPA) ist dagegen einfach zu implementieren und macht sich in den meisten Fällen schnell bezahlt, wenn Unternehmen den Einsatz strategisch angehen.

Softwareroboter arbeiten mit den verschiedenen Anwendungen, die an einem Geschäftsprozess beteiligt sind, genau wie menschliche Mitarbeiter. Wo diese per Bildschirm, Maus und Tastatur mit Programmen interagieren, greifen die Roboter direkt auf die Elemente der Benutzerschnittstelle wie Eingabefelder, Menüs und Buttons zu.

Roboter ist nicht gleich Roboter

Für einen typischen IT-Help-Desk bedeutet dies: Beim Öffnen einer Mail und ihrer Anhänge in verschiedenen Programmen spart der Softwareroboter jedes Mal ein bisschen Zeit, ebenso beim Weiterleiten an einen Spezialisten oder bei der Antwort an den Absender. Diese Einsparungen summieren sich schnell zu ganzen Arbeitstagen. Und da der "Digital Worker" keine Anhangsöffnung und keine Prüfoption vergisst, steigt in der Regel die Closing Rate im First-Level-Support drastisch. Damit profitieren sowohl die Nutzer als auch die IT-Abteilung und das Unternehmen als Ganzes von der Automatisierung.

Das Prinzip, das hinter dieser bislang wenig beachteten Form der Automatisierung von hoch repetitiven Tätigkeiten liegt, heißt Robotic Process Automation (RPA) - nicht zu verwechseln mit Robotic Desktop Automation (RDA). Zwar lassen sich auch mit RDA Abläufe einfach automatisieren, beispielsweise indem ein Programm das Vorgehen eines Mitarbeiters auf dem Desktop aufzeichnet. Allerdings fehlt dabei die Transparenz über die auf unterschiedlichen Desktops verteilten Softwareroboter. Damit ist die wichtigste Voraussetzung für Sicherheit und Compliance von Unternehmensprozessen nicht gegeben.Bei RPA hingegen werden die Softwareroboter nicht auf den Desktops einzelner Mitarbeiter, sondern auf einer zentralen RPA-Plattform konfiguriert, gespeichert und verwaltet. Damit sind sie vor unkontrollierten Veränderungen und versehentlichem Löschen geschützt. Dies unterstützt neben Sicherheit und Compliance auch die Skalierbarkeit der Lösung.

Besonders wertvoll ist RPA beispielsweise dann, wenn Unternehmen neue Anwendungen ausrollen, Updates einspielen oder IT-Services reorganisieren - entweder im eigenen Unternehmen oder als Dienstleister für externe Kunden. In diesen Fällen benötigen sie häufig kurzfristig mehrere zusätzliche Arbeitskräfte, die FAQs beantworten, einfaches Bugfixing ausführen oder Tickets aufnehmen. Oft jedoch haben Unternehmen und Behörden in Deutschland Probleme, Mitarbeiter für Administration und Support ihrer Rechenzentren und Netzwerke zu finden. Dann kann RPA helfen: Für eine moderne RPA-Lösung ist es eine leichte Übungen, kurzfristig mehrere digitale, hoch verfügbare, ermüdungs- und fehlerfreie Arbeitskräfte bereitzustellen. Per Tastendruck lässt sich ein einmal erstellter "Digital Worker" vervielfältigen - ohne zusätzliche Schulungen und Einarbeitungszeit. Bei cloudbasierenden Systemen wächst sogar die zugrunde liegende IT-Infrastruktur automatisch mit. Vor allem große Unternehmen setzen daher zunehmende strategisch auf digitale Arbeitskräfte.

Geeignete Prozesse identifizieren

Typischerweise sind es vor allem Aufgaben in IT-Administration und Support, bei denen sich die Softwareroboter rasch bezahlt machen. Daten und Dokumente erfassen, kategorisieren und weiterleiten - diese Arbeitsschritte kommen vor allem in größeren IT-Service-Einheiten besonders häufig vor. Immer wieder sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort mit den gleichen oder ähnlichen Fragen konfrontiert. Dabei ist es für Menschen oft nicht leicht, auch am Ende eines langen Tags sachlich und hilfsbereit auf jede Frage einzugehen. Digitale Arbeitskräfte, die eingehende Mails, Kurznachrichten oder Anrufe mit Natural Language Processing (NLP) analysieren und beantworten, entlasten dadurch menschliche Service-Mitarbeiter, indem sie mehr Anfragen in kürzerer Zeit beantworten.

Eine der größten Stärken heutiger RPA-Lösungen besteht darin, dass ihre Anwender Softwareroboter nutzen können, ohne sie programmieren zu müssen. Dabei kommt es vor allem in der Anfangsphase darauf an, die Mitarbeiter der Fachabteilungen, die mit digitalen Arbeitskräften zusammenarbeiten, als "Führungskräfte" für die Digital Worker auszubilden. Generell hat sich in der RPA-Praxis eine enge Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen bewährt, in der die Aufgaben klar verteilt sind. Management und Fachabteilungen legen fest, welche Abläufe zu automatisieren sind. Sie geben die Rahmenbedingungen für den standardisierten Prozess ebenso vor wie das gewünschte Ergebnis.

Die IT-Abteilung stellt die benötigte Infrastruktur bereit, gibt Tipps für mögliche Prozessoptimierungen - vor allem im Zusammenspiel mit mehreren unterschiedlichen IT-Anwendungen - und sorgt für die technische Sicherheit der Lösung entweder im eigenen Rechenzentrum oder durch entsprechende Service-Level-Vereinbarungen mit einem Cloudanbieter. Damit legt die IT die Basis dafür, dass im laufenden Betrieb die Mitarbeiter der Fachabteilungen ihre digitalen Arbeitskräfte selbst steuern. Besondere Unterstützung erfahren sowohl IT- als auch Business-Mitarbeiter im Umgang mit ihrer "Digital Workforce" durch das innovative Konzept der Connected RPA.

Die Connected-RPA-Plattform bietet eine Vielfalt unterschiedlicher Funktionen als vordefinierte Elemente zur Auswahl. Damit können Anwender sowohl bestehende Abläufe effizient automatisieren als auch komplett neue automatisiert bereitstellen. Per Drag and Drop entstehen innerhalb weniger Stunden oder Tage einsatzbereite Softwareroboter, die auch externe Dienste aus der Cloud enthalten können. Passende Apps auf Basis innovativer Technik wie Blockchain, Machine Learning oder künstlicher Intelligenz (KI) bieten Hersteller in einer Art App-Store zum Download an. Auf diese Weise können Unternehmen die KI-Engines der Tech-Giganten oder auch spezielle Lösungen innovativer Startups in ihre eigenen Prozesse einbinden. Darüber hinaus machen KI-Funktionen innerhalb von Connected-RPA-Plattformen den Einsatz digitaler Arbeitskräfte künftig einfacher und wirkungsvoller.

RPA in der Praxis

Was geschieht, wenn mehr als 160 Softwareroboter 15 Kernprozesse eines Telekommunikationskonzerns übernehmen und 400.000 bis 500.000 Transaktionen pro Monat ausführen? Vor dieser Frage standen vor wenigen Jahren die Verantwortlichen bei Telefónica O2. Zwölf Monate später erwies sich das Projekt als rentabel. In der Folge sparte man Hunderte von Full Time Equivalents (FTE) ein, und der Return on Investment (ROI) betrug 650 Prozent in einem Zeitraum von drei Jahren. In einem anderen groß angelegten Projekt automatisierte die weltweit agierende Siemens AG im Jahr 2017 zunächst 50 Prozesse mit 80.000 Arbeitsstunden. Nach Abschluss der Lernphase folgten 170 weitere Prozesse und über 280.000 zusätzliche Stunden.

Als Hauptnutzen verzeichnete Siemens neben sinkenden Kosten eine höhere Qualität und kürzere Reaktionszeiten in den Abläufen. Angesichts solcher Ergebnisse überlegen immer mehr Unternehmen weltweit nicht mehr, ob und wann sie RPA einführen, sondern wie. Im Kern geht es dabei nicht um einen Projektplan für die Einführung einer Technik, sondern um ein komplettes Betriebsmodell für digitale Arbeitskräfte. Dieses Betriebsmodell besteht aus sieben Komponenten, die jedes Unternehmen entsprechend seinen Business-Anforderungen gestaltet, um möglichst stark vom RPA-Einsatz zu profitieren.

Kernelemente des RPA-Betriebsmodells ? Leitfaden

Die Vision: Wie kann ein Unternehmen von RPA profitieren? Dazu identifiziert man die möglichen Geschäftsvorteile und formuliert die konkrete Erwartungen auf Basis der Unternehmensstrategie. Positive Haltung und Kommunikation des Managements zur Automatisierung gibt den Beteiligten Orientierung angesichts des Wandels.

Das Unternehmen: RPA verändert Abläufe über Positionen und Abteilungsgrenzen hinweg. Anwender definieren daher eine Organisation, die RPA bestmöglich nutzt und sich dabei an der Unternehmensstrategie und -kultur orientiert.

Governance und Pipeline: Man legt ein Vorgehen zur Auswahl der besten Prozesse für die RPA-Pipeline fest. Schnelle Erfolge sind die beste Motivation für alle Beteiligten. Transparente Kriterien für die Priorisierung von Prozessen schaffen Planungssicherheit und sorgen dafür, dass das Unternehmen den Nutzen seiner Investition realisiert.

Die Umsetzungsmethodik: Schnelle Skalierbarkeit ist der wichtigste Hebel, um RPA unternehmensweit zu nutzen. Grundlage dafür ist eine Umsetzungsstrategie mit klaren Richtlinien dazu, wie RPA-Prozesse strukturiert, kontrolliert und nachvollziehbar implementiert werden.

Das Service-Modell: Nutzer richten ein Modell zur Unterstützung der operativen Prozesse ein, und definieren dann, wer wann welche Aufgaben im Geschäftsalltag übernimmt.

Die Menschen: Zu bestimmen sind zunächst die Rollen und Verantwortlichkeiten für die Bereitstellung und den Support von RPA-Prozessen. Danach ist es erforderlich, den Teams das erforderliche Know-how zu vermitteln.

Technologie: Bei der Auswahl der Technik kommt es auf Flexibilität und Skalierbarkeit an. Dabei können vor allem cloudbasierende Systeme punkten. Effiziente Wartungsprozesse, Bereitstellung von zusätzlichen Softwarerobotern per Mausklick und automatisierte Disposition der "Digital Workforce" sollen einen größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen garantieren.

Ulrich Meyer ist Director Alliances DACH bei Blue Prism, www.blueprism.com.


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