Satelliten-Internet, Teil 2

Störrische Kameras, falsche Alarme

14. Januar 2022, 12:00 Uhr | Dr. Johannes Wiele/jos
Bild 1. Definition der Bewegungs-Meldezonen bei der TP-Link NC 450.
© LANline

Dieser Teil der Serie widmet sich den Herausforderungen des Video-Monitorings mit IP-Kameras – auch unter erschwerten Bedingungen. Manchmal nämlich müssen IT und Videoüberwachung ihre Fühler auch dorthin ausstrecken, wo es weder DSL noch LTE noch einfachen Mobilfunk gibt: Umwelt-Mess- oder Pump-Station im Wald, Baustelle, Ferienhaus, Kreativ-Home-Office auf der Insel. Funktioniert angesichts der „Weltraum-Latenz“ die Videoüberwachung auch mittels Satelliten-Internet?

Fast ein Jahr ist es nun her, dass der erste Beitrag dieser Serie erschienen ist. Sie finden ihn hier. An der langen Pause tragen ein Glasfaser-Anschluss „aus dem Nichts“ Schuld – und Corona. Zuerst kam schneller als in der ersten Folge vermutet „Fiber to the Home“. Die Bauern der Gegend, in der unser Testhaus liegt, hatten vom Warten auf die großen Telekoms und deren Preisvorstellungen genug und entschlossen sich, mit Unterstützung durch einen Spezial-Provider selbst State-of-the-Art-Kabel durch ihre eigenen Wälder und Felder zu pflügen. Dies senkte die Erschließungskosten. Wir, hinten im Busch, durften davon profitieren und wurden so aus dem Wackel-Web-Nirwana in die Neuzeit katapultiert.

Und dann war da COVID-19 mit der ersten Winterwelle, und die Lokation im Outback verwandelte sich unversehens ins präferierte Home-Office mit stabiler Telekonferenz-Verbindung und Abstand zu städtischen Ansteckungs-Hotspots. Das Experimentieren geriet ins Hintertreffen. Immerhin: Die Kamera-Tests unter Sa­tel­liten-Bedingungen waren bereits abgeschlossen. Auf dieser Basis fußt dieser Beitrag, für weitere Folgen wird der Weltall-Zugang noch einmal reaktiviert.

Abgesehen davon muss ich einen im ersten Beitrag vertretenen Standpunkt revidieren. Der Einsatz von Raspberry-Pi-Minicomputern erschien mir damals für das Modell einer schnell aufzubauenden Überwachungsinfrastruktur als zu kompliziert. Das nehme ich zurück. Weil mir im Berufsleben der eine oder andere Pi als Vehikel für Messzwecke begegnet war, hatte ich irgendwann selbst einen angeschafft – und konnte dann mit meinen eher rudimentären Linux-Kenntnissen binnen eines Tages eine funktionsfähige IP-Kamera daraus bauen. An einem zweiten Bastelnachmittag gelang es, das System sogar Outdoor-tauglich zu verpacken (siehe Kamera-Kasten). Ich rudere also zurück: Raspberrys machen sich in diesem Umfeld gut, eventuell auch als Server-Zentrale. Wir werden sehen.

Nun aber zum Thema Video-Überwachung. Auch da gibt es eine Änderung, die sich jedoch aus den Test-Erfahrungen selbst ableitet. Die Konfiguration der Geräte für den hier geschilderten Testzweck entpuppte sich als derart hakelige Angelegenheit, dass sich das Thema nun nicht in einer Folge abhandeln lässt. Gründe dafür sind die Tücken der Bewegungserkennung und -alarmierung, die Tendenz der Systeme, wiederholt den Kontakt zum WLAN zu verlieren und das immer präsente Thema Datenschutz.

Ist man auf die Herausforderungen vorbereitet, kann man die Klippen aber gut umschiffen. Deshalb werde ich meine Erfahrungen etwas ausführlicher schildern als geplant. Ich möchte mich aus demselben Grund zunächst auf die Erfahrungen mit der NC 450 von TP Link konzentrieren und die Erkenntnisse zu den weiteren Exemplaren (Dericam Dome Cam, Webcam, Raspberry etc.) im nächsten Teil nachschieben.

Vorweg: Die NC 450 von TP Link ist eine mit ihrer lustigen Ei-Form sympathische und gut einsetzbare, fernsteuerbare Kamera mit Dreh- und Schwenktechnik. Sie liefert ein 720p-HD-Bild und hat gute Nachtsicht-Eigenschaften. Geräusch- und Bewegungserkennung sowie Zwei-Wege-Tonkommunikation sind eingebaut. Das Gerät ist für den Indoor-Einsatz konzipiert, verfügt über LAN-, WLAN- und Micro-SD-Karten-Schnittstellen und lässt sich stehend oder hängend montieren oder – und das gefällt mir für Ad-hoc-Einsätze besonders – auf ein handelsübliches Fotostativ schrauben.

Der Montagearm für die Wand und die WLAN-Antenne könnten vom Gefühl her ein bisschen stabiler sein. Aber beides hält nun schon über ein Jahr lang alles aus – wobei wir die Kamera sogar in der Grauzone zwischen „draußen“ und „drinnen“ betreiben, denn sie ist im Freien unter einem weit vorspringenden Dach montiert. Auch das steckt sie ebenso weg wie die Aktivitäten der Spinne, die im ungenutzten LAN-Port haust (eigentlich ein klassischer Bug). Die NC 450 lässt sich als reine IP-Kamera gezielt im internen Netz betreiben, auf Wunsch aber auch mittels Cloud-Funktionen über eine Smartphone-App kontrollieren.

Die Inbetriebnahme stellt mit den Bordmitteln, einer vom Hersteller bereitgestellten Einrichtungs-App sowie anhand der mitgelieferten Beschreibung, deren Langversion man sich allerdings aus dem Web besorgen und ausdrucken muss, für jeden Anwender mit etwas Netzwerk-Erfahrung und einem beliebigen IP-Scanner auf dem PC kein Problem dar.

 

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