Kanadische Studenten recherchierten für einen Bericht über Elektroschrott

Festplatte mit unverschlüsselten Rüstungsdaten auf Müllhalde in Ghana gelandet

28. Juni 2009, 22:58 Uhr |

Eine Gruppe von kanadischen Journalismusstudenten hat bei Recherchen für eine Video-Dokumentation Erstaunliches zutage gefördert: eine funktionsfähige Festplatte mit unverschlüsselten Regierungsdaten über sensitive Rüstungsprojekte.

"Das war ein ziemlicher Schock", sagt Blake Sifton, Journalismusstudent an der University of
British Columbia (UBC) in Vancouver. Jugendliche in Ghana verkauften ihm diePC-Festplatte für 40
Dollar. Die Platte stammte angeblich von einer Müllhalde in Ghana und enthielt unverschlüsselte
Informationen über Verträge zwischen dem US-Rüstungskonzern Northrop Grumman und dem Pentagon, dem
CIA sowie dem Heimatschutzministerium.

"Ich hätte darauf gewettet, dass ein derart professionelles Unternehmen dafür sorgt, dass alle
Daten auf ihren Festplatten rückstandlos gelöscht werden", so Sifton.

Er war mit seinen Kommilitonen Heba Elsaad und Krysia Colleyer sowie seinem Professor Dan
McKinney für zehn Tage in Ghana unterwegs, um für eine Video-Dokumentation über die dramatischen
Zustände auf den Müllhalden rund um den Hafen von Accra zu recherchieren. Dort lagern Millionen an
verschrotteten PCs, die aus den Hightechländern nach Ghana verschifft werden. Offiziell werden
diese PCs recycelt, doch dieses "Recycling" besteht nur darin, dass zumeist Jugendliche auf den
Müllhalden unter lebensgefährlichen Umständen die PCs nach verwertbaren Teilen und Rohstoffen
ausschlachten.

Von diesen Jugendlichen kaufte die Gruppe sieben Festplatten, drei davon waren direkt
funktionsfähig. Eine entstammte offensichtlich einem englischen Privatbesitz – zumindest gab es
eine Reihe an Fotos einer englischen Familie auf der Platte, eine weitere stammte aus Neuseeland
und die dritte war zuvor im Einsatz des Rüstungskonzerns.

Nach ihrer Rückkehr nach Vancouver baten die Studenten um ein Interview mit Northrop Grumman.
Doch das Unternehmen lehnte ab und forderte die Festplatte zurück. worauf die Universität jedoch
nicht einging.

Inzwischen hat die amerikanische TV-Anstalt CBS den Fall publiziert.Daraufhin sah man sich bei
Northrop Grumman doch noch zu einer Stellungnahme gezwungen – wenn auch nur in kurzer schriftlicher
Form: "Wir haben sehr detaillierte Anweisungen, wie bei der Entsorgung von sensitiven Informationen
vorzugehen ist. Basierend auf den uns vorliegenden Informationen ist davon auszugehen, dass diese
Festplatte bei einem unserer Entsorgungspartnern gestohlen wurde. Kein Unternehmen kann sich
hundertprozentig gegenüber solchen kriminellen Machenschaften schützen", hieß es aus der
Konzernzentrale in Los Angeles.

Inzwischen ermittelt das FBI in diesem Fall und hat herausgefunden, dass das System ursprünglich
von einem Mitarbeiter in der Vertragsabteilung im Fairfaxer Büro in Virginia genutzt wurde. Von
dort aus wurde der PC tatsächlich einem Entsorgungsunternehmen zugeführt. Um welche Firma es sich
dabei handelt, wurde jedoch nicht veröffentlicht.

Harald Weiss/dp


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