Multi-Cloud-Architekturen

Resilienz und Innovation

1. September 2021, 7:00 Uhr | Helmut Weiss/wg
© LANline

Viele Unternehmen nutzen zwei oder sogar mehr Cloud-Infrastrukturanbieter parallel, beispielsweise die bekannten Hyperscaler. Das stärkt die Resilienz der Geschäftsprozesse und im Idealfall auch die Innovationsfähigkeit – vorausgesetzt, die Unternehmen achten dabei auf den sicheren Cloud-Betrieb.

Die letzten zwölf bis 18 Monate haben dem Cloud Computing in der deutschen Wirtschaft einen deutlichen Schub gegeben. Laut dem aktuellen Cloud Monitor 2021 von Bitkom Research setzen aktuell acht von zehn Unternehmen die Cloud ein. Parallel dazu verbreitet sich die Multi-Cloud. Bereits in der Vorjahresstudie gab ein Drittel der befragten Unternehmen an, ein Multi-Cloud-Konzept zu nutzen. Multi-Cloud-Computing bedeutet: Ein Unternehmen nutzt mindestens zwei Public Clouds, meist die Lösungen der großen Hyperscaler. Damit überträgt es einen großen Teil des Betriebsaufwands an Spezialisten und entlastet das IT-Budget. Zudem bieten die Hyperscaler den einfachen Zugriff auf innovative Techniken wie Industrial IoT, Data Analytics, Machine Learning, Sprachverarbeitung sowie andere KI-Verfahren. Diese sind vor allem für mittelständische Unternehmen nur per Cloud erreichbar. Häufig führt der Einsatz dieser Techniken zu einem Multi-Cloud-Szenario.

Ein realitätsnahes Beispiel aus der produzierenden Industrie: Ein größerer Mittelständler mit mehreren Standorten in Europa will sämtliche Fertigungsanlagen per Industrial IoT vernetzen. Dafür stattet er die Anlagen mit Sensoren aus und nutzt die ermittelten Daten für eine Anomalie-Erkennung. Dies erfordert auf Seiten der Cloud mindestens drei Komponenten: erstens eine IoT-Plattform für den Anschluss der Maschinen an allen Standorten; zweitens eine Analytics-Anwendung, um die Daten aufzubereiten und in Dashboards zu visualisieren; drittens eine KI-Lösung, die lernfähige Algorithmen anbietet, um Anomalien frühzeitig zu erkennen. Generell bieten alle großen Cloud-Provider die dafür notwendige Infrastruktur. Doch bei Themen wie IoT oder KI setzt jeder Anbieter unterschiedliche Schwerpunkte. Letztlich müssen die Unternehmen sich die technischen Rahmenbedingungen anschauen und die Clouds in Pilotprojekten vergleichen. Die Konsequenz kann sein, Leistungen von drei Providern zu beziehen. Denn letztlich ist es unerheblich, ob die geeignete Lösung aus einer Hand oder drei Händen kommt.

Gretchenfrage: Was ist mit der Datensicherheit?

Mit einer Multi-Cloud entstehen neue Sicherheitsfragen. Zwar liefern alle Anbieter Tools, um Daten zu schützen, doch diese erfordern spezifisches Know-how. Hier entsteht in vielen Unternehmen die Gefahr der Überforderung. Es ist bereits schwierig, mit der Weiterentwicklung nur eines einzelnen Providers Schritt zu halten. Mit jedem weiteren Anbieter steigen Komplexität und Risiko. Die Administrationsteams müssen jeden neuen sicherheitsrelevanten Service optimal auf Security und Verfügbarkeit trimmen.

Sicher betrieben stärken Multi-Cloud-Szenarien die Business Resilience. Zwar bieten alle Hyperscaler und die Mehrheit der kleineren Provider georedundante Rechenzentren als Service an. Katastrophenszenarien wie Großbrände, großflächige Stromausfälle, Überflutungen und Terroranschläge sollten also kein Problem sein – eigentlich. Doch Murphy’s Law kann kräftig zuschlagen: Es gab in der jüngsten Vergangenheit vollständig niedergebrannte Rechenzentren und kurze Störungen mit weltweiten Folgen. Solche Probleme setzen die gesamte Infrastruktur eines Unternehmens über Stunden oder Tage außer Gefecht. Hier bietet sich die Multi-Cloud als Fallback-Lösung an.

Doch es gibt noch weitere Aspekte, die für eine Multi-Cloud sprechen. Ein typisches Kriterium ist die maximale Netzwerklatenz. Hier machen ein paar hundert Kilometer weiter vom oder näher am Produktionsstandort durchaus einen Unterschied. Die Verteilung der Cloud-Region kann für Anwendungen im Industrial IoT ein K.-o.-Kriterium sein, und es ist wirtschaftlich sinnvoll, den besten Provider zu buchen. In vielen dieser Szenarien kommt außerdem noch eine vierte Komponente hinzu: Edge Computing mit Rechenkapazität vor Ort, am „Rand“ des Netzwerks. IoT-Anwendungen analysieren und speichern häufig die Daten zehntausender Sensoren. Dabei entsteht ein enormer Datenstrom, den man nicht ungefiltert in die Cloud senden kann. Es ist hilfreich, wenn der Cloud-Provider passende Infrastruktur und Software für die Edge anbietet – das senkt den Entwicklungsaufwand für die Lösung.

Ein weiterer Aspekt schließlich sind die Kosten. Auch hier müssen die Unternehmen abwägen: Auf der einen Seite bedeutet der Einsatz mehrerer Provider, dass die Kostenverhandlungen einfacher sind – das Unternehmen kann jederzeit wechseln. Verteilen sich die Umsätze über mehrere Provider, erreicht es womöglich bei keinem den Bereich, in dem individuelle Preisabsprachen möglich sind.
 

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Resilienz und Innovation
  2. Zielkonflikt

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Bedrohungsabwehr

Weitere Artikel zu CPA Computer Process Automation GmbH

Weitere Artikel zu SPI Systemberatung, Program- mierung, Industrieelektr. GmbH

Weitere Artikel zu ADASYS GmbH

Weitere Artikel zu Exclusive Networks Group

Matchmaker+