Satire

Battle der Giganten: Ackermann vs. Zuckerberg

24. März 2015, 15:47 Uhr | LANline/Dr. Wilhelm Greiner

Facebook hat in Aussicht gestellt, Geldüberweisungen bald per Messenger-App zu ermöglichen. Wenn der 800-Pfund-Gorilla des Social Networkings auf die Finanzbranche zustampft, müssen die Banken reagieren. Also Bühne frei für das große Affentheater.

Mitte März gab Facebook bekannt, man werde die hauseigene Nachrichten-App namens „Messenger“ in den kommenden Monaten um Funktionen aufrüsten, die es Facebook-Usern (zunächst nur in den USA) erlauben werden, ihren Freunden Geldbeträge zu überweisen. Also, „Freunden“ im Facebook-Sinne, sprich: praktisch jedem. Der Schritt in Richtung Finanztransaktionsdienstleister lag für Facebook nahe: Warum sollte Amazon der einzige Konzern sein, der haargenau weiß, wie seine Benutzer ihr Geld ausgeben?

Denn in puncto „gläserner Kunde“ hat Jeff Bezos’ Firma Facebook eines voraus: Amazon kennt nicht nur die Vorlieben, sondern in vielen Fällen sogar das komplette Einkaufsverhalten seiner Pappenheimer und -heimerinnen. „Anwender, die ‚Schwangerschaftstest’ mochten, interessierten sich auch für: Umstandsmoden, Pampers, Beziehungsratgeber und das E-Book ‚Social Media nutzen trotz Kindergeplärr’.“

Wenn aber Gelder bald großteils zwischen Facebook-Konten strömen, was wird dann aus den armen, von Finanz- und Vertrauenskrisen gebeutelten Finanzinstituten? Droht ihnen das gleiche Schicksal wie dem kleinen Buchladen um die Ecke, dem Reisebüro um die andere Ecke oder dem Taxifahrer im Uber-überfluteten Verkehrsfluss?

Die Finanzwelt muss zurückschlagen, und zwar schnell! Occupy Facebook!

Und so könnte es funktionieren: Als vor ein paar Monaten die Bankverbindungen von Kontonummer und BLZ zur gefühlt 256-stelligen IBAN wechselten, mussten ermüdend viele Firmen Kunden wie mich über diese wahnsinnig spannende Gleichschaltungsformalität benachrichtigen. Das taten sie auch brav, meist auf dem Postweg. Ein Unternehmen – ich habe vergessen, welches – war so schlau, kein Anschreiben per teurer Snail-Mail zu schicken, sondern mir schlicht 0,01 Euro zu überweisen. Und auf dem Kontoauszug stand dann das übliche Tschüss-BLZ-hallo-IBAN-Gedöns.

Kontoauszüge eignen sich also erwiesenermaßen ganz großartig als Messenger-Dienst. Man muss sich nur beim Web-Interface der Bank seiner Ver- oder zumindest seines geringsten Misstrauens einloggen, den Fans und Followern eifrig Ein-Cent-Beträge überweisen und regelmäßig die Online-Kontoauszüge abrufen – schon kann die Saat eines finanzindustriebasierten Social Networks sprießen.

Natürlich gibt es kleine Tücken: Die Web-Portale der Banken melden den Benutzer nach zehn Minuten Untätigkeit aus Sicherheitsgründen automatisch wieder ab. Doch da der durchschnittliche Facebook-, Twitter- oder Instagram-Nutzer sowieso keine zehn Minuten ohne Status-Updates auskommt, stellt das keine ernsthafte Hürde dar.

Also, liebe Banken: Packt diese Chance beim Schopf! So eine Gelegenheit, Kunden an sich zu binden, kommt vielleicht nie wieder. Ergänzt eure Banking-Apps um Profilbilder, Überweisungen um eine Retweet-Funktion, schafft Transaktions-Timelines und vor allem Bild- und Video-Uploads. Diese Nur-Text-Kontoauszüge sind sooo 1980er!

Bei der nächsten Finanzkrise könnt ihr dann mit Fug und Recht behaupten, dass ihr niemals pleite gehen dürft, weil ihr „systemrelevant“ seid. Denn die über ihrem Nachwuchs helikopternden Pappenheimer von heute kommen zwar mal ein paar Tage ohne Finanztransaktionen aus, aber maximal zwei Minuten ohne Over-Sharenting-Posts wie: „Guckt mal, auf diesem Foto hat der kleine Olaf erstmals auf sein iPad gesabbert! Wie süß!“

Und nächste Woche, liebe Ackermänner, erzählt euch der nette Onkel dann, welches Foto man, um die Kundenbindung im Social Banking noch weiter zu erhöhen, beim Einstecken der EC-Karte am Geldautomaten dynamisch als Hintergrundbild einspeisen sollte. Kleiner Tipp: Es ist ein iPad drauf. Und Olaf.

Mit Facebook Messenger kann man bald Geldbeträge überweisen. In puncto Sicherheit ist das ein großer Fortschritt, denn da kann natürlich nichts schiefgehen. Bild: Facebook

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