Satire

Das LOLcat-Foto und seine Beziehung zum Unerreichten

26. Juni 2014, 6:55 Uhr | LANline/Dr. Wilhelm Greiner

Wenn sich eines Tages eine Expedition (sicher eine Strafexpedition) archäologisch interessierter Außerirdischer auf unseren bis dahin gut erwärmten, aber menschenleeren Planeten verirrt, werden sie sich wohl ganz schön wundern. Oder auch nicht.

Die glibbrig-grünen Gastarchäologen werden weltweit verstreut ein Sammelsurium primitiver Zivilisationsanfänge vorfinden, von Stein- und Stahlbetonruinen bis hin zu Siliziumchips – „Hach, guckt mal, die hatten ARM-Prozessoren!“ – und einem globalen Wirrwarr an Kupferkabel- und Glasfaserleitungen. Und die Forscher werden feststellen: „Die Gattung Homo Primitivus hatte die Basis dafür geschaffen, weltweit ihr gesamtes Wissen in Lichtgeschwindigkeit auszutauschen. Aber sie haben diese Infrastruktur im Wesentlichen dazu genutzt, offenbar witzig gemeinte Fotos von Jungtieren der Gattung Felidae („Katze“) zu posten und/oder sich gegenseitig zu beschimpfen.“

Dann werden die Besucher ein paar Steinbrocken von Pyramiden und Hochhäusern einsammeln, sich aus der Ruine eines Google-Rechenzentrums ein paar respräsentative LOLcat-Fotos und die 17. Staffel von „House of Cards“ herunterladen und wieder abdüsen. Und die Horden herumstreunender, verwilderter Hauskatzen mit der Frage zurücklassen, woher denn die Vorliebe des Homo Primitivus für das Foto Felidarum Humoristicus rührte.

Theorien, was der Mensch witzig findet, gibt es so viele wie Theoretiker, die sich mit dieser Frage befassen: von Platon und Aristoteles über Sigmund Freud („Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“) bis zu den zahllosen aktuellen Humortheorien. Unter den paar Bruchstücken dieser Theorien, die zu lesen ich nicht vermeiden konnte, scheint eine gewisse Einigkeit zu herrschen, dass es das menschliche Gehirn amüsiert, unvermittelt zwei getrennte gedankliche Ebenen zusammenzuführen.

Also zum Beispiel:
1. „Das ist das Foto eines Kätzchens.“
2. „Kätzchen liegen normalerweise nicht in Geschenkpapier verpackt unter einer Marihuanapflanze.“
3. Folge: spontane Erkenntnis, gekitzeltes Zwerchfell

Es handelt sich also offenbar um die gleiche Art unvermittelter Erkenntnis, die auch geniale Erfindungen oder zumindest funktionierenden Softwarecode produziert. Geistesblitz in klein: Pointe; Geistesblitz in groß: Nobelpreis. Wie weit hätte es die Menschheit doch bringen können, hätte Alfred E. Lolcat nicht die nach ihm benannten Bilder erfunden!

Was von der Menschheit übrigbleibt. Bildquelle: de.wikipedia.org/wiki/Lolcat#mediaviewer/Datei:Wikipedia-lolcat.jpg

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Qlogic

Weitere Artikel zu Atos IT Solutions and Services

Matchmaker+