E-Mail-Server Kerio Connect 8 im Test

Es muss nicht immer Exchange sein

13. Juni 2013, 6:00 Uhr | Thomas Bär und Frank-Michael Schlede/pf

Die meisten IT-Profis denken an Microsoft Exchange, wenn von E-Mail- und Kommunikations-Servern die Rede ist. Doch gerade für kleinere Unternehmen erweist sich Microsofts Server-Lösung oft als zu teuer und komplex. Für diese Anwender stehen jedoch etliche leistungsfähige Alternativen bereit: Mit Kerio Connect 8 haben wir eine davon in unser Testlabor geholt.Kerio Connect ist ein kleiner E-Mail-Server, der für verschiedene Plattformen bereitsteht und dabei das übliche Leistungsspektrum wie auch Kontakt- und Kalenderverwaltung abdeckt. Neben diesen Basisfunktionen hat der Hersteller Anti-Spam-Techniken, die Antivirenlösung von Sophos, Archivierung sowie eine automatische Backup-Funktion integriert. Da die Preisgestaltung zudem recht moderat ausfällt, ist diese Lösung sicher einen Blick wert, sofern das Unternehmen auf zusätzliche spezielle Features, wie sie etwa Microsoft Exchange bietet, verzichten kann.   Plattformen, Anforderungen und Testumgebung Kerio bietet die Software Connect 8 für die bekannten Plattformen wie Microsoft Windows und die 32-/64-Bit-Linux-Derivate von Red Hat 5, Centos 5 oder Suse 10 an. Zudem steht Connect für Mac OS X ab 10.5 und höher auf der Intel-Plattform bereit. Ferner können Anwender die Lösung auch als virtuelle Appliance in Form einer VMX- beziehungsweise OVF-Datei für VMware Workstation 6.5 beziehungsweise ESX/i 3.5 erwerben. Je nach Installationstyp variiert die Download-Größe zwischen knapp 200 und 660 MByte. Für Microsoft Windows gibt der Hersteller als Minimalvoraussetzung XP SP3 oder höher, eine 1-GHz-CPU sowie 1 GByte RAM an. Je nach geplanter Größe der Umgebung steigen diese Anforderungen auf Quad-Core-Systeme mit 4 GByte RAM und entsprechend ausreichendem Festplattenplatz. Für den Test installierten wir die aktuelle 30-Tage-Version von Kerio Connect 8 auf einem unter VMware ESX5i virtualisierten "Windows Server 2008 R2" mit vier zugewiesenen virtuellen CPUs, 4 GByte Arbeitsspeicher und einer 40-GByte-Festplatte. Weiterhin kamen in unserer Testumgebung verschiedene Client-Systeme und ein ebenfalls auf Windows Server 2008 R2 basierender Domänen-Controller zum Einsatz. Der von uns gewählte Download der Version 8.0.2. umfasst knapp 210 MByte für den Installer. Die Installation selbst dauerte nur einige Minuten, und die wenigen Fragen, die der Administrator im Installshield-Wizard zu beantworten hat, betreffen den Speicherort, das Administrationskonto, die Benennung der lokalen Domäne sowie den Server-Host-Namen. Da der E-Mail-Server über eine interne Benutzerverwaltung verfügt, ist eine Verbindung mit einem LDAP-fähigen Verzeichnisdienst wie beispielsweise Microsoft Active Directory (AD) nicht zwingend erforderlich. In etwas größeren IT-Umgebungen vereinfacht sich jedoch die Administration deutlich, wenn für das Benutzer-Management nur eine einzige Datenquelle wie das AD zum Einsatz kommt. Wer Kerio Connect in ein Active Directory integrieren will, muss dort zuerst eine kleine Erweiterung installieren. Diese ergänzt einerseits das AD-Schema um die Kerio-spezifischen Details und fügt andererseits das Kontextmenü des "AD Benutzer- und -Computer"-Snap-ins der Microsoft Management Console (MMC) hinzu. Im Gegensatz zur restlichen Administrationsoberfläche stellt der Hersteller diese Erweiterung leider nur auf Englisch zur Verfügung.   Erste Schritte und Konfiguration Die Administrationsoberfläche des E-Mail-Servers hat uns sofort gefallen: Die Menü-Baumstruktur ist schlüssig und logisch aufgebaut und die Bedienung im Allgemeinen einfach. So haben die Entwickler unter "Konten" sowohl die einzelnen Benutzerkonten als auch Gruppen, Aliasbezeichnungen, Mailing-Listen und Ressourcen zusammengefasst. Während die Software Konten der lokalen Benutzerdatenbank als "Männchen" symbolisiert, stellt sie die Konten, die aus dem Active Directory stammen, mit dem Symbol "Gesicht an einem Computer" dar ? dies erhöht deutlich die Übersicht. Durch einen Doppelklick auf ein Konto kann sich der Administrator die Detaileinstellungen wie zugewiesene E-Mail-Adressen, optionale SHA-Verschlüsselung (Secure Hash Algorithm), Weiterleitungsregeln, Gruppenzugehörigkeit oder Nachrichten-Größenlimitierungen anzeigen lassen. Beinahe alle Einstellungen der Lösung basieren standardmäßig auf Parametern, die für die gesamte Domäne definiert sind: Dies betrifft beispielsweise auch die Maximalgröße einer ausgehenden Nachricht. Wenn hingegen ein E-Mail-Verantwortlicher für einen einzelnen Benutzer einen bestimmten Wert explizit definiert, so hat diese Einstellung automatisch Vorrang. Auf diese Weise kann ein Administrator problemlos eine Konfiguration realisieren, in der beispielsweise die Marketing-Mitarbeiter größere Dateien versenden dürfen als das Sekretariat. Backups von E-Mail-Servern führen erfahrungsgemäß häufig zu Problemen, da die Sicherung oft mehr Zeit erfordert, als im Betrieb verfügbar ist. Daher ist es sehr praxisnah, dass der Systemverwalter bei Kerio Connect für unterschiedliche Elemente des Datenbestands differenzierte Aufbewahrungszeiten festlegen kann. Dabei unterscheidet das Programm zwischen "Junk-Mail", "Gelöschte Objekte", "Gesendete Objekte" und "Alle Ordner außer Kontakte und Notizen". Je nach der vom Administrator gewählten Vorgabe lässt sich so das permanente Löschen von Objekten gezielt um einen beliebigen Zeitraum (in Tagen) hinauszögern. Wer bereits mit E-Mail-Servern vertraut ist, wird sich in der Administrationsoberfläche von Kerio sehr rasch zurechtfinden. Die Regelwerke für eine Domänen-übergreifende Freigabe von öffentlichen Ordnern innerhalb des Connect-Server-Adressraums sowie die Regeln für IP-Adressgruppen, SSL-Zertifikatverwaltung oder Filter für bestimmte Anhänge erklären sich meist von selbst. IT-Mitarbeitern, die bislang noch nicht mit der Administration von E-Mail-Servern befasst waren, erleichtern die guten Dialoghinweistexte des Programms deutlich den Einstieg. Soll beispielsweise der Server als "Open SMTP Relay" zum Einsatz kommen, so warnt ein Hinweis davor, diese Konfigurationseinstellung bei einer direkten Internet-Verbindung zu aktivieren. Leider ist die Online-Hilfe nur auf Englisch verfügbar, steht aber kontextsensitiv bereit.   Web-Access: Klar strukturierte Oberfläche Beim aktuellen Web-Mailer "Kerio Connect Client" haben die Entwickler im Vergleich zum Vorgängerdesign, auf das der Benutzer immer noch zurückschalten kann, die Darstellung den derzeitigen Gepflogenheiten angepasst: So präsentiert sich der Mailer nicht mehr mit einer Baumstruktur, sondern mit diskreten, größeren Schaltflächen. Die Kontextmenüs, die diese Software beispielsweise zur Bearbeitung von Unterordnern anbietet, stehen unter allen aktuellen Browsern zur Verfügung, wie unsere stichprobenartigen Tests mit Internet Explorer, Firefox und Google Chrome zeigten. Als äußerst angenehm haben wir es empfunden, dass lokale Kontakte oder Informationen aus dem globalen Adressbuch in der Anzeige stets hervorgehoben sind. Bei der Freigabe des eigenen Kalenders steht dem Anwender zwar nur eine dreistufige Freigabe über die Varianten "Ist Besitzer", "Anzeigen möglich" und "Ändern möglich" zur Verfügung, dies dürfte aber in den meisten Fällen ausreichen. Gelegentlich überkommt den Benutzer allerdings das Gefühl, die Entwickler hätten für ihn manches etwas einfacher regeln können: So kann ein Anwender beispielsweise sein Kontaktbild ausschließlich im JPEG-Format hochladen. Dies ist unpraktisch, da viele der häufig genutzten Avatar-Bilder als PNGs vorliegen. Zuweilen sind wir während des Testzeitraums mit dem Programm leider in einer Endlosschleife gelandet. So wollten wir im Testverlauf beispielsweise die Bearbeitung eines Elements abbrechen: Im anschließenden Dialog "Ihre Änderungen gehen verloren" standen allerdings lediglich die Schaltflächen "Trotzdem senden" (wobei ab dem "s" alle Buchstaben verschluckt waren) und "Bearbeitung" zur Auswahl. Unabhängig davon, für welche Schaltfläche wir uns entschieden, kamen wir nicht mehr aus der Maske heraus und mussten den Web-Mailer durch das Schließen des Browser-Fensters zum Abbruch zwingen.   Verbindung mit Outlook: Nur via Connector Wer sich via Outlook mit dem Kerio-Server verbinden will, benötigt für diesen Client einen speziellen Connector. Dazu muss der Anwender die knapp 50 MByte große Software im MSI-Format auf seinem Rechner installieren. Der Benutzer erhält diesen "Kerio Outlook Connector (Offline Edition)", indem er beim Zugriff mittels Web-Client auf den Link "Integration in Windows" klickt. Diese Download-Seite, die auch eine Rubrik für Mac und Linux enthält, bietet neben dem Connector zudem die Möglichkeit, den Kalender zu abonnieren, die Kalenderdatei im ICS-Format oder das SSL-Zertifikat für ein Mobilgerät herunterzuladen. Der Outlook-Connector besteht letztlich aus zwei Dateien: Einem Installationspaket, das zwingend lokale Administrationsrechte erfordert, und einem Skriptjob, der die Konfiguration von Outlook vornimmt. In unserem Test funktioniert die Einbindung von Outlook 2010 auf einem Windows-7-Testrechner ohne Probleme - von einer Fehlermeldung beim ersten Start abgesehen. Outlook arbeitet mit dem Kerio-Server in der auch sonst gewohnten Weise zusammen, hinzu kommen lediglich ein eigener Abschnitt für die Spam-Deklaration sowie ein spezieller Abwesenheitsassistent. Die meisten Anwender dürften beim Einsatz von Outlook in Zusammenarbeit mit Kerio Connect 8 kaum einen Unterschied zum üblichen Verhalten feststellen können.   Mobile Clients und Virenschutz Grundsätzlich stehen die Kommunikationsdienste des Kerio-Connect-Servers auch mobilen Geräten zur Verfügung. Alle gängigen Smartphones, die über Activesync oder OTA-Datenaustausch ("Over the Air") E-Mails, Kalender- oder Kontaktdaten synchronisieren können, arbeiten auch mit dem Connect-Server zusammen. In unserer Testumgebung gelang uns die Synchronisation von E-Mail, Kontakt- und Kalenderdaten sowohl mit einem Smartphone unter Windows Phone 7.5 als auch mit einem Tablet-PC unter Android 4.1.1 ohne Probleme und auf Anhieb. Ein moderner E-Mail-Server muss selbstverständlich auch die Möglichkeit zur Einbindung einer Virenschutzlösung anbieten können. Kerio hat die Antivirensoftware von Sophos direkt in das Produkt integriert. Diese Lösung sucht über das Internet standardmäßig alle sechs Stunden automatisch nach einem Update. Wie mit einer infizierten E-Mail zu verfahren ist, legt der Administrator im Zweig "Inhaltsfilter - Antivirus" der Verwaltungsoberfläche fest. Dabei stehen ihm die Möglichkeiten "Die Nachricht verwerfen" oder "Nachricht nach Entfernen des Virencodes zustellen" zur Verfügung. Damit der E-Mail-Verantwortliche über derlei Vorgänge stets im Bild ist, kann er sich die Originalnachricht oder die bereinigte Nachricht an ein zu benennendes Postfach weiterleiten lassen. Sollte eine Virenanalyse beispielsweise aufgrund der Verschlüsselung eines Anhangs nicht möglich sein, so kann der Administrator eine Regel aktivieren, die veranlasst, dass diese Nachricht wie eine infizierte Datei zu behandeln ist. Im Test konnte Connect den Eicar-Test-String problemlos entdecken und verhinderte wie von uns festgelegt den Versand dieser Nachricht. Auch in das "Security"-Protokoll schrieb der Server eine entsprechende Mitteilung.   Fazit Kerio Connect überzeugt als E-Mail-Server für kleinere und mittlere Unternehmen. Besonders gut haben uns dabei die im Vergleich zu Microsoft Exchange sehr viel einfacherer Inbetriebnahme und Konfiguration des Servers gefallen. Auch die Features der Software hinterließen im Testbetrieb einen recht guten Eindruck. Alle typischen Funktionen, die ein Administrator benötigt, sind ebenso vorhanden wie die modernen Annehmlichkeiten eines leistungsfähigen Web-Clients. Der Hersteller bietet die Server-Software mit Virenschutz auf seiner Website für 452 Euro an. Diese Server-Lizenz umfasst allerdings lediglich fünf Benutzerkonten. Zusätzliche Lizenzen für jeweils fünf Benutzer sind für 138 Euro erhältlich. Der Autor auf LANline.de: BÄR????????? Der Autor auf LANline.de: Frank-Michael Schlede?????????????

Info: Kerio Technologies DETel.: 02171/3636136Web: www.kerio.de/de/connect

Eine Kalenderverwaltung mit unterschiedlichen Kalendern gehört bei Kerio Connect zum Leistungsumfang und ermöglicht die Zusammenarbeit in Gruppen.

Die Anlage eines E-Mail-Kontos ist auch beim Einsatz von Kerio Connect direkt über einen Windows-Domänen-Controller möglich.

Eine kleine Schemaerweiterung bereitet das Active Directory auf das Zusammenspiel mit Kerio Connect vor.

Der Kerio Connect Web-Mailer stellt als E-Mail-Client auf dem Desktop eine gute Alternative zu Microsoft Outlook dar.
LANline.

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Hagemeyer Deutschland GmbH & Co. KG

Matchmaker+