Mobile World Congress, Barcelona

MWC: Microsoft hier, Nokia dort

25. Februar 2014, 8:21 Uhr | LANline/Stefan Mutschler

Seit Montagmorgen haben wieder die Pforten des Mobile World Congress (MWC) in Barcelona geöffnet. Das weltgrößte Mobilfunk-Event zieht von Jahr zu Jahr rapide wachsende Aussteller- und Besucherströme in die katalanische Metropole. Bereits am Sonntagnachmittag verkündete Microsoft die nächsten geplanten Schritte in Sachen Windows 8 und Windows Phone.

Der MWC in Barcelona bietet Konstanten, zum Beispiel dass Apple nicht ausstellt, zudem Kuriositäten, zum Beispiel eine App-steuerbare elektrische Zahnbürste von Oral-B, die Putzdaten zur Eigen-, und Zahnarztkontrolle im Smartphone-Speicher ablegt, und sie bietet Überraschungen, zum Beispiel dass Microsoft mal wieder etwas zu sagen hat. Nun, ganz so überraschend scheint letzteres vielleicht nicht – immerhin haben die Redmonder kürzlich den einstigen Handy-Primus Nokia übernommen und ihren Big Boss ausgetauscht. Überraschend ist vor diesem Hintergrund aber, dass der neue Microsoft-Chef dem weltgrößten Mobile-Event fern blieb – und dass während der Pressekonferenz kein Wort über Nokia verloren wurde.

Die Begründung für die Nokia-Ignoranz folgte auf Nachfrage: Solange die Kartellbehörden noch nicht ihr OK gegeben hätten, sei der Deal nicht abgeschlossen und Nokia damit weiter ein unabhängiges Unternehmen, das tun und lassen könne was es wolle – ohne  dass Microsoft das Recht hätte, irgendetwas davon zu kommentieren. Das Verhältnis sei aber durchaus sehr vertrauensvoll und konstruktiv.

So habe Nokia sich mit seinen Plänen für ein Android-Smartphone eng mit Microsoft abgestimmt – statt den üblichen Icons sieht der Nutzer tatsächlich eine Kacheloberfläche, mit der Nokia das Google-Betriebssystem extrem Microsoft-artig gestaltet hat. Und die Cloud-Schnittstelle führt nicht in Googles Wolke, sondern ebenfalls in die von Microsoft – App-Store inklusive. Joe Belfiore, Corporate Vice President und Manager für das Windows-Phone-Programm, konzentrierte sich im Rahmen seiner Ansprache auf das, was es eben von Microsoft-Seite zu vermelden gab. Und das waren News zu Windows 8.1 und Windows Phone (WP).

Nach diversen Erhebungen bei Anwendern hat offenbar jetzt auch Microsoft selbst gemerkt, dass gerade in der Business-Welt das Kachel-Windows nicht so recht Fuß fassen kann. Und auch die Ursache haben die hauseigenen Marktforscher messerscharf ausgemacht: In der Business-Welt sind Touch-Screens noch absolute Rarität – ohne Touch-Screens aber sei „die Benutzererfahrung mit Windows 8/8.1 noch nicht optimal“. Manch ein Anwender findet da drastischere Worte.

Immerhin: Microsoft lenkt ein  und kündigt noch für das Frühjahr ein Update für Windows 8.1 an, das unter anderem auf eine Vereinfachung der Betriebssystem-Handhabe mit Maus und Tastatur abzielt. Konkret soll nicht zuletzt der Start-Button wieder eine echte Funktion bekommen – vor allem die grundlegenden Steuerfunktionen, die Anwender von Windows 7 eben gewohnt sind.

Mit dem 8.1-Update kam der Start-Knopf zurück, dessen einzige Funktion aber das Umschalten mit der Maus vom klassischen Windows-Desktop in die Kacheloberfläche ist. Außerdem will Microsoft die zentrale Verwaltung von Windows-8-Rechnern für Unternehmen vereinfachen. Weiteres Kernelement des Updates sind neue Funktionen, welche die Kompatibilität von Internet Explorer 8 und Internet Explorer 11 maßgeblich verbessern sollen.

Insgesamt geht es natürlich um ein verbessertes Standing von Windows 8, dessen Kern in PCs, Laptops, Tablets und Smartphones mit Windows Phone identisch ist. In diesem Zuge hat Microsoft mit Lenovo und LG zwei weitere wichtige Hardwarepartner gewonnen, die künftig neben HTC, Nokia und Samsung Smartphones mit Windows Phone anbieten wollen.

Auch will Microsoft die bislang sehr rigiden Hardware-Vorgaben für WP-Smartphones lockern – zum Beispiel sollen statt physischen Tasten auch Softkeys zugelassen sein. Die Tatsache, dass es den Facebook-Messenger nun auch für WP geben soll, bekommt bei Microsoft eine Schlagzeile – anderswo ist das banale Selbstverständlichkeit. Wenn man bedenkt, wie lange Microsoft gebraucht hat, um überhaupt eine halbwegs vernünftige Facebook-App anzubieten, mag das nachvollziehbar sein.

Schon eher wirklich eine bedeutende News ist sicherlich, dass WP mit dem nächsten Update auch Dual-SIM-Slots unterstützt. Und auch hier sollen die Business-Funktionen gestärkt werden – etwa in Form eines verbesserten Device-Managements von zentraler Stelle aus sowie durch Unterstützung von S/MIME und VPN. Ebenfalls mit dabei sein soll ein unternehmensgerechtes Zertifikats-Management.

Natürlich versäumte es Belfiore nicht, seinen Schützling auch Marketing-technisch ins rechte Licht zu rücken. So sei die Zahl der verkauften WP-Smartphones 2013 gegenüber dem Vorjahr um 91 Prozent gestiegen – wenig spektakulär allerdings, wenn die Ausgangsbasis klein ist. Zudem treibt der herausragende Erfolg eines Low-Cost-WP-Modells von Nokia im asiatisch-pazifischen Raum den Schnitt nach oben – in Westeuropa lag das Wachstum bei lediglich 59 Prozent, in den USA gar bei nur neun Prozent.

Im App-Store von WP gäbe es inzwischen 245.000 Anwendungen, täglich kämen 500 neue dazu. Und täglich würden im App-Store zwölf Millionen Transaktionsvorgänge bearbeitet, die von Benutzern angestoßen sind. Das klingt nach viel, Vergleiche fehlen hier freilich.

Fest steht allerdings, dass Microsoft sein aktuelles Windows mit aller Macht für alle Geräte in den Markt drücken will – immerhin zum Teil auch mit signifikanten Verbesserungen für Anwender. Auf lange Sicht setzt Microsoft klar auf den Touch-Screen, nur damit mache Windows wirklich Spaß.

Microsoft sucht nach neuen Zielmärkten für sein Windows-System. Hier wurde der Softwareriese fündig: Die Freisprechanlage des Fiat 500 soll künftig über das Kachelbetriebssystem gesteuert werden. Es soll unter anderem ankommende Telefonate direkt auf den Lautsprecher legen. Bild: Stefan Mutschler

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