WebRTC: Standard für Echtzeitkommunikation

UCC via Web-Browser

29. April 2014, 6:00 Uhr | Jan Schumacher/pf, Geschäftsführer von Iant, www.iant.de.

WebRTC zählt zu den zukunftsträchtigen Techniken für Unified Communications und Collaboration (UCC). Als offener Standard bietet WebRTC (RTC - Real-time Communications) vor allem Unternehmen einige wichtige Vorteile: geringere Kosten, Plattformunabhängigkeit, eine höhere Prozesseffizienz und mehr Flexibilität. Die Integration in bestehende IT-Infrastrukturen ist dank Herstellerunabhängigkeit besonders einfach: Benötigt wird lediglich ein WebRTC-fähiger Browser.Im Kern ist WebRTC ein offener Standard für Echtzeitkommunikation, der auf HTML 5 und Javascript basiert. In eine UC-Infrastruktur integriertes WebRTC ermöglicht dem Anwender unkompliziert, ohne Zusatzsoftware oder Plug-ins Voice- und Videokommunikation in Echtzeit - wenn gewünscht auch in HD-Qualität. Um WebRTC zu nutzen, benötigt der Anwender auf Benutzerebene nur einen WebRTC-fähigen Browser wie Chrome oder Firefox, ein Headset sowie eine Kamera. Alles Weitere ist bereits im Browser implementiert beziehungsweise im UC-System - beispielsweise einer Software-TK-Anlage.   Kostenvorteil Die immer schneller voranschreitende technische Entwicklung und die Verfügbarkeit von hohen Bandbreiten zu günstigen Preisen haben in den vergangen Jahren das Nutzungsverhalten sowohl im privaten wie auch im Unternehmensumfeld gründlich verändert. Die harte Trennung zwischen Desktop-Arbeitsplatz, Notebook und Telefon weicht immer mehr auf - zugunsten von Collaboration-Lösungen, die vergleichsweise preisgünstig ausfallen. Bislang liegt der Kostenanteil bei mittelgroßen IP-TK-Installationen allein für Endgeräte noch bei zirka 70 bis 80 Prozent. UCC-Lösungen mit WebRTC generieren im Vergleich dazu nur sehr geringe Kosten, da die Softphone-Anwendungen bereits nativ im Browser integriert sind (HTML 5). Zusätzliche Installations- und Anschaffungskosten für Software entfallen damit. WebRTC-Lösungen passen perfekt in ITK-Landschaften, in denen bereits alle wichtigen IT-Anwendungen Cloud-basierend im Browser laufen.   Mehr Arbeitsproduktivität Im Hinblick auf die Arbeitsproduktivität ist die Workflow-Integration verschiedener IP-Dienste von Vorteil. So kann etwa eine auf offenen Standards basierende Software-TK-Anlage, die auf VoIP (Voice over IP) basiert, die Effizienz von Prozessen deutlich erhöhen: Erfolgt beispielsweise ein Kundenanruf bei einem Support-Center, dann ist der Mitarbeiter noch vor dem ersten Kundenkontakt in der Lage, alle relevanten Daten des Kunden für den Support-Wunsch abzufragen. Auch landet der Anruf dank automatischer Anrufverteilung gleich beim richtigen Ansprechpartner. Darüber hinaus ist es möglich, dem Mitarbeiter zeitgleich zum Anruf alle relevanten Daten zur konkreten Anfrage wie Kundendaten, Vertragsdaten oder technische Hinweise zur Verfügung zu stellen. Damit lässt sich eine parallele Bearbeitung des Kundenproblems ohne Verzögerung realisieren. In der alten ISDN-Welt war dies zwar auch umsetzbar, aber nur mit proprietären Protokollen.   Einfachere Bedienbarkeit VoIP-Telefone oder Softphones sind den klassischen Telefonen häufig noch sehr ähnlich, obwohl dies für die Funktion nicht nötig wäre. In der Welt von Voice over IP sind grundsätzlich keine Telefonnummern mehr erforderlich. Stattdessen gibt es Identitäten, die E-Mail-Adressen gleichen, die SIP-URIs (SIP - Session Initiation Protocol). Diese sorgen für die Adressierung von Teilnehmern SIP-basierender Gespräche. Obwohl alle Open-Standards-VoIP-Anlagen SIP nativ "sprechen", wählt dennoch der Benutzer in den meisten Fällen nach wie vor eine Telefonnummer. Bei der Suche nach Kontakten im Internet muss er diese beispielsweise nach wie vor anschließend mühsam in sein Telefon eingeben. WebRTC geht in dieser Hinsicht einen Schritt weiter: Das Suchergebnis wird zwar ebenfalls als Telefonnummer abgebildet, aber gleichzeitig auch als Link präsentiert. Mit einem Klick öffnet sich ein Telefon im Browser, übernimmt die Telefonnummer und der Anruf kann starten.   Mit dem Browser telefonieren Über das Potenzial eines reinen VoIP-Telefons oder Softphons hinaus bietet ein Browserphone die Möglichkeit, Telefonie nahtlos in einen bestehenden Web-Kontext zu integrieren. So ist ein erweitertes Kontaktformular denkbar, das neben dem Senden von Textnachrichten auch den direkten Aufbau einer Sprach- oder Videoverbindung via "Click to Dial" ermöglicht. Alternativ lässt sich eine Click-to-Dial-Funktion auch direkt in den Kontext einer Web-Seite einbetten. Surft beispielsweise ein Kunde auf der Web-Seite eines Unternehmens, so ist er in der Lage, direkt Kontakt aufzunehmen, ohne zum Kontaktformular navigieren zu müssen. Die Telefoniefunktion ist mit WebRTC vollständig an das Look and Feel des Web-Auftrittes anpassbar, und für den Benutzer entfällt zusätzlich das lästige Handling von Telefonnummern. Darüber hinaus ist ein WebRTC-Phone ohne weitere Softwareinstallation nutzbar. Alle erforderlichen Softwarekomponenten sind bereits im jeweiligen Browser integriert. Lediglich eine Zugriffsfreigabe auf Audio-/Videohardware ist bei der Nutzung eines Browserphones erforderlich.   SIP und Websocket Ein WebRTC-Browserphone und ein VoIP-Softphone können optisch und funktionell komplett identisch sein, technisch arbeiten sie jedoch unterschiedlich. Zwei Softphones bauen mithilfe von SIP zunächst eine Sitzung auf ("Invite"-Nachricht) und handeln für die Telefonie erforderliche Parameter aus. Wenn der Telefonanruf erfolgreich zustande gekommen ist, ermöglicht RTP (Real-time Transport Protocol) den Austausch von Sprach- und Videodaten. Das Beenden der Sitzung findet erneut mit SIP ("Bye"-Nachricht) statt. Die Übertragung der erforderlichen Nachrichten erfolgt IP-basierend mit UDP- oder TCP-Paketen. Üblicherweise kommt für SIP der Port 5060 zum Einsatz. Der Port für RTP wird beim Verbindungsaufbau als ein Parameter für die Sitzung ausgehandelt. Zwei Browserphones agieren zwar grundsätzlich ähnlich. Auch in diesem Fall erfolgt der Verbindungsaufbau mit SIP, der Datenaustausch erfolgt über RTP und der Verbindungsabbau findet wiederum mit SIP statt. Im Unterschied zur Kommunikation zwischen zwei VoIP-Softphones erfolgt die Übertragung der SIP-Nachrichten hier jedoch als Websocket-Nachrichten, deren Versand anschließend IP-basierend über eine Server-Instanz - wie beispielsweise Openuc - erfolgt. Der für das Websocket-Protokoll verwendete Port ist der Standard-HTTP-Port 80. Der Nutzdatenaustausch über RTP-Pakete geschieht direkt zwischen den Browsern (Peer to Peer). Dabei sind Browser ursprünglich als Web-Clients nur für die Kommunikation mit einem Web-Server ausgelegt. WebRTC baut jedoch eine Peer-to-Peer-Verbindung direkt zwischen zwei Browsern auf, über die der Austausch von Audio- und Video- oder auch ganz beliebigen Daten stattfindet.   Optionale Funktionsmodule VoIP-TK-Anlagen für offene Standards wie beispielsweise Sipxecs oder Openuc, die auf der SSOA (SIP Service Orientated Architecture) basieren, sind modular aufgebaut. Optional ergeben sich durch das Hinzufügen neuer Module weitere Funktionen. Dieser modulare Aufbau ermöglicht die schnelle Integration eines WebRTC-Moduls, um ein UC-System komfortabel mit allen Vorteilen von WebRTC auszustatten. Die Kommunikationsanbindung an das UC-System kann dann - neben Telefonen und Softphones - auch über den WebRTC-fähigen Browser erfolgen. Darüber hinaus erlaubt ein spezielles WebRTC-Modul den Teilnehmern, von überall her Browser-basierend den Zugriff auf das UC-System. Die Kommunikation zum UC-System hin findet gesichert über Websocket statt. Abgehende Verbindungen sind - je nach gewähltem Endpunkt - ebenfalls über Websocket oder klassisch SIP-basierend übertragbar.   Übertragungssicherheit mit TLS In puncto Sicherheit gewährleistet die Kommunikation über die Websocket-Verbindungen eine sichere Übertragung, da Signalisierungs- und Nutzdaten laut Standard zwingend - etwa über TLS und SRTP - zu sichern sind. TLS-Verbindungen zwischen Browser und Web-Server sind heute gängige Praxis - WebRTC macht sich diesen Umstand zunutze und produziert so keinen größeren Aufwand. Dennoch bietet es dem Anwender eine vollständig von Ende zu Ende gesicherte Kommunikation. Dabei ist es irrelevant, ob sich der WebRTC-Anwender im Unternehmensnetz befindet oder ob er von außerhalb eine Verbindung aufbauen will.   Herstellerunabhängigkeit Die Kombination von Computer und Telefonie bietet für Unternehmen, Mitarbeiter und Anwender eine vollständige Workflow-Integration, die Prozesse unterstützt, Teilaufgaben automatisiert und optimiert. Die Nutzung des offenen Standards WebRTC bindet ein Unternehmen in der Wahl seiner Techniklandschaft nicht an einen Hersteller. Eine Komplettlösung für ein Unternehmen ist so individuell an die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter anpassbar - auch herstellerübergreifend. Zusätzlich stellt WebRTC einen komplett plattformunabhängigen Standard dar. Die Adaption an verschiedene Betriebssysteme und (mobile) Endgeräte übernimmt der Browser, indem er HTML 5 und Javascript nutzt sowie WebRTC zur Kommunikation. Damit ist WebRTC letztlich auf jeder Plattform einsatzfähig, auf der ein Browser mit WebRTC-Implementierung läuft. Abhängig von den Endgeräten lässt sich dabei eine bestmögliche Kommunikation realisieren, die der jeweils vorhandenen Bandbreite dynamisch angepasst ist. Mit WebRTC geht Unified Communications den nächsten Schritt in Richtung herstellerunabhängiger Zukunft.

UC-Infrastruktur mit WebRTC: Ein SBC (Session Border Controller) ermöglicht als Back-to-Back User Agent (B2BUA) die nahtlose Integration der WebRTC-Komponenten in eine auf offenen Standards basierende IP-TK-Anlage wie Openuc. Bild: Iant

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