Interview mit Markus Nispel, Extreme Networks

6E statt 5G

4. November 2022, 7:00 Uhr | Wilhelm Greiner
© Extreme Networks

Extreme Networks rüstet eine Sportarena nach der anderen mit Funktechnik aus, vom Minor League Baseball in den USA bis zum FC Liverpool. Die wenigsten Unternehmen betreiben aber ihr eigenes Fußball- oder Baseball-Stadion. LANline sprach deshalb mit Markus Nispel, CTO EMEA des US-Netzwerkausrüsters, über die Vorteile von Wi-Fi 6E für Unternehmen, die Konkurrenz des Wireless LANs mit 5G-Mobilfunk und Cloud-basiertes Netzwerk-Management.

LANline: Herr Nispel, mal abgesehen von Sportstätten mit Zehntausenden Besuchern – von welchen WLAN-Neuerungen profitieren ganz normale Unternehmen am meisten?

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„Wir fokussieren stark auf Wi-Fi 6E“, sagt Extremes EMEA-CTO Markus Nispel.
„Wir fokussieren stark auf Wi-Fi 6E“, sagt Extremes EMEA-CTO Markus Nispel.
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Markus Nispel: Wir fokussieren hier stark auf Wi-Fi 6E, denn 6E nutzt neben dem 2,4- und 5-GHz- auch den 6-GHz-Frequenzbereich und erhöht so die Gesamtkapazität. Der 6-GHz-Bereich ist sehr interessant, weil er sehr breit ist: In Europa sind 480 MHz freigegeben, das sind 24 Kanäle und verdoppelt damit die Bandbreite, die bis dato für Wi-Fi verfügbar war. In den USA ist dieses Band übrigens sogar 1,2 GHz breit. Es gibt Bestrebungen, dieses Frequenzband auch in anderen Teilen der Welt freizugeben, aber dort arbeiten teils schon andere Applikationen. Man müsste es also erst freiräumen, aber dann geht das. Die hier freigegebenen 480 MHz waren vorher nicht genutzt, es ist also ein sehr sauberes Frequenzband. Außerdem unterstützt Outdoor-6E eine Frequenzallokierung: Sobald man sich registriert – das macht der Access Point automatisch –, ist das Band in diesem Bereich für andere blockiert. Eine Verdoppelung des verfügbaren Frequenzbands mit Frequenzallokierung für Outdoor-Deployments – das ist ein riesiger Fortschritt. Deshalb empfehlen wir unseren Kunden, auf Wi-Fi 6E zu gehen.

LANline: Wer benötigt Wi-Fi 6E am dringendsten?

Markus Nispel: Brauchen kann 6E jedes Unternehmen, bei dem die WLAN-Bandbreite nicht mehr ausreicht oder das ganz aus dem kabelgebundenen Netz aussteigen will. Denn 6E erleichtert das Wireless Meshing und erlaubt eine höhere Gerätedichte, wichtig etwa im IoT-Bereich und im kabellosen Büro. Spannend ist zudem die Frage: Brauche ich künftig wirklich Private 5G im Unternehmensnetz oder reicht WiFi 6E langfristig? Das ist eine spannende Debatte, da Wi-Fi-Access-Points deutlich günstiger sind als 5G-Equipment und die Vorteile von Private 5G mehr und mehr schwinden. Die 6E-Access-Points sind jetzt am Markt, und wir empfehlen, auf diese neueste WLAN-Technik zu setzen. Aktuell gibt es schon über 650 Laptops und über 60 Smartphones mit 6-GHz-Chip.

LANline: Extreme verwaltet Netze per Cloud. Bei welchem Hyperscaler läuft die Software?

Markus Nispel: Wir können ExtremeCloud IQ auf Amazon, Azure oder Google betreiben und entscheiden uns je nach Land für einen Provider. In Deutschland läuft ExtremeCloud IQ in Frankfurt auf Amazon, in der Schweiz auf Azure, in Holland haben wir eine Google-Plattform und so weiter. Es kommt stark darauf an, welcher Hyperscaler wo seine PoPs (Points of Presence, d.Red.) unterhält. Und wenn ein Provider zu stark an der Kostenschraube dreht, können wir jederzeit migrieren. Diese Flexibilität ist nur möglich durch ein entsprechendes Applikationsdesign, und das erhöht natürlich die Entwicklungskosten. Beispiel Containerorchestrierung: Wer hier die Tools des Cloud-Providers nutzt, ist wieder vom Provider abhängig. Also muss man sich mit dem Amazon Kubernetes Service ebenso auskennen wie mit dem Azure Kubernetes Service und der Google Kubernetes Engine.

LANline: In welchem Maße eignet sich das für den Edge-Einsatz?

Markus Nispel: Seit Anfang 2022 haben wir die Möglichkeit, ExtremeCloud IQ auf einer Edge-Plattform als Distributed Cloud laufen zu lassen. Wir haben auch Netzwerk-Management-Lösungen für Air-Gap-Netzwerke, zum Beispiel für Kunden oder Partner, die unsere Cloud-Plattform im eigenen Datacenter betreiben wollen. Damit bleiben dann auch die Telemetriedaten in deren RZ. Die Gründe, das Netzwerk-Management lokal zu betreiben, sind vor allem der Wunsch nach Kontrolle über die eigenen Daten, zudem Fragen der Datenverfügbarkeit, Provider-Abhängigkeit und Latenz. Die Latenz ist in unserem Fall aber nicht so entscheidend, weil es hier nur um Management-Datenverkehr geht. Wir decken jedenfalls Edge ebenso wie Cloud ab und denken darüber nach, das Portfolio noch zu erweitern.

LANline: Wie steht es um die Compliance bei der Speicherung von Telemetriedaten in der Cloud?

Markus Nispel: Die Frage, ob Netzwerk-Management-Daten in Deutschland verbleiben, kommt immer wieder auf. Darauf haben wir eine Antwort: Unsere Data Processing Agreements, kurz DPAs, gibt es auch in deutscher Fassung. Zudem haben wir eine ausführliche Dokumentation, wie Daten verarbeitet werden. So ist zum Beispiel unsere Management-Applikation – unabhängig vom Provider – gemäß ISO 27001 und SOC 2 (Service Organization Control 2, d.Red.) zertifiziert. Und natürlich besteht die Möglichkeit, Daten löschen zu lassen.

LANline: Eignet sich der Ansatz damit sogar für Behörden?

Markus Nispel: Neben der Option für Edge – Distributed Cloud – können wir gegenüber Behörden klar darlegen, welche Daten wie lange gespeichert werden, wie man sie löschen kann, wie die Zugriffe auf diese Daten aussehen etc. Damit ist es teilweise auch im Behördenbereich möglich, Cloud-gemanagte WLANs umzusetzen. Unserer Erfahrung nach geht es meist darum, dass die Verantwortlichen unseren Ansatz erstens transparent dargestellt haben wollen, und dass zweitens eine Dokumentation inklusive Zertifizierung vorliegt. Ein Thema ist dann höchstens noch die Datenverfügbarkeit: Manche produzierende Unternehmen oder Krankenhäuser wollen aus diesem Grund die Daten lokal vorhalten, aber dafür haben wir ja ebenfalls die entsprechende Lösung.

LANline: Herr Nispel, vielen Dank für das Gespräch.


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