Huawei European Innovation Day 2017, London

Europa muss mehr in digitale Infrastruktur investieren

21. Juni 2017, 7:56 Uhr | Von Timo Scheibe.

Auf seinem jährlich stattfindenden European Innovation Day hat der chinesische IT-Konzern Huawei dieses Jahr in London einen Einblick in seine aktuellen Pläne gegeben, wie er die Digitalisierung in Europa weiter vorantreiben möchte. Dabei setzt der Netzwerk- und TK-Ausrüster auf die Zusammenarbeit mit hiesigen Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie auf verschiedene Projekte mit lokalen Partnern aus der Industrie. Ziel sei ein offenes digitales Ökosystem, das sämtliche Bereiche der Industrie und Wirtschaft umfasst, wie Ken Hu, Huaweis Deputy Chairman and Rotating CEO (siehe Bild oben), während seiner Keynote in der britischen Hauptstadt erläuterte.

In der digitalen Gesellschaft der Zukunft wird laut Hu alles vermessen, vernetzt und intelligent sein. Auf den Weg dorthin will Huawei die dafür benötigten Technologien liefern. Dabei fokussiert sich der Hersteller vor allem auf die Bereiche Devices (Vermessung), Netzwerk (Vernetzung) und Cloud (Intelligenz). So hat das chinesische Privatunternehmen etwa gemeinsam mit der Deutschen Telekom 2016 die Open Telekom Cloud gestartet. Mittlerweile nutzen laut Huawei bereits über 300 Großkunden das Cloud-Angebot. Zudem haben beide Unternehmen in diesem Jahr auf der CeBIT angekündigt, vor allem im Bereich IoT das Portfolio an Cloud-Services auszubauen.

In seiner Keynote nahm Hu jedoch auch die EU in die Pflicht. Damit Europa seine geplanten Ziele in puncto Konnektivität bis 2025 auch erreicht, sind laut dem "Europe?s Digital Progress Report 2017" der Europäischen Union Investitionen von 345 Milliarden Euro notwendig, so Hu. Davon sei man jedoch noch weit entfernt. So fehlt laut Hu noch eine Summe von 155 Milliarden Euro, um das benötigte Gesamtinvestment zu erreichen.

Schon jetzt hinke Europa beim Breitbandausbau anderen Ländern wie Japan oder Südkorea deutlich hinterher - vor allem in ländlichen Gebieten. Dort liegt die Versorgung mit einem Internetzugang von über 30 MBit/s gerade mal bei 40 Prozent. In Städten beträgt die Abdeckung immerhin 76 Prozent, wie der Huawei-CEO unter Berufung auf die EU-Studie weiter ausführte.

Ein weiteres Problem sieht Hu in den fehlenden digitalen Fähigkeiten der Europäer. "2020 werden 90 Prozent der Jobs digitale Fähigkeiten voraussetzen", erklärte Hu. Laut dem Digital-Report waren in Europa 14 Prozent der Einwohner noch nie im Internet. Während 44 Prozent immerhin geringe digitale Fähigkeiten besitzen, verfügen 19 Prozent über keinerlei Know-how auf diesem Gebiet.

Hier müsse Europa entgegenwirken und seine Bewohner auf die Zukunft vorbereiten. Huawei bietet beispielsweise in Großbritannien das "Get Started Program" an, das Jugendliche dabei helfen soll, erste digitale Fähigkeiten zu erwerben. Darüber hinaus unterstützt der chinesische Netzwerkausrüster verschiedene Förderprogramme an europäischen Universitäten, um die IT-Talente von morgen zu finden und auf diese Weise den Fachkräftemangel zu reduzieren.

Mit der Forderung nach einem Ausbau der Breitbandinfrastruktur in Europa ist Hu natürlich nicht ganz uneigennützig. Schließlich macht Huawei - unterteilt in die drei Geschäftsbereiche Carrier (TK-Ausrüstung), Enterprise (Unternehmens-IT) und Consumer Business (mobile Endgeräte) - als Netzwerkausrüster den Großteil seines Geschäfts auf diesem Gebiet und würde somit von einem Ausbau der digitalen Infrastruktur profitieren. In Europa sieht Hu vor allem in den Bereichen 5G, Glasfaser und IoT die größten Wachstumsfelder.

Besonders der neue Mobilfunkstandard 5G mit Geschwindigkeiten von bis zu 10 GBit/s pro Funkzelle, Latenzen von weniger als einer Millisekunde und einer Million Verbindungen pro Quadratkilometer soll nach Meinung von Dr. Peter Zhou, Chief Marketing Officer Huawei Wireless Solutions, das Fundament der Digitalisierung sein. Bereits jetzt haben unterschiedliche Anbieter erste Technologien auf den Weg gebracht. Dabei handele es sich aber noch um Vorstufen von 5G, dessen kommerzielle Einführung für das Jahr 2020 erwartet wird.

Huawei rechnet damit, dass der Standardisierungsprozess des LTE-Nachfolgers im nächsten Jahr abgeschlossen sein wird. Aus diesem Grund können die bereits vorgestellten 5G-Lösungen nur ansatzweise auf dem neuen Mobilfunkstandard basieren, so Huawei. Die bereits auf dem Markt mit dem Label 5G eingeführten oder angekündigten Lösungen verschiedener Carrier halten demnach also nur bedingt das ein, was das neue Mobilfunknetzwerk in etwa drei Jahren an Eigenschaften und Performance bieten soll.

Zhou rechnet damit, dass 2019 die ersten Smartphones auf den Markt kommen, die 5G unterstützen. "Smartphones werden auch der erste 5G-Use-Case sein, danach folgen (autonome, d. Red.) Autos oder das Internet of Things", erklärt der Huawei-Manager.

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Dr. Peter Zhou, Chief Marketing Officer Huawei Wireless Solutions, rechnet damit, dass 2019 die ersten Smartphones 5G unterstützen. Bild: Huawei

An den einzelnen Business Cases arbeitet Huawei bereits heute in den eigenen "Open Labs" und in weiteren Programmen mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft zusammen. 2016 hat Huawei in Europa nach eigenen Angaben beispielsweise 160 Millionen Euro in das eigene Huawei Innovation Research Programm (HIRP) investiert, das über 120 Forschungseinrichtungen in über 20 Ländern umfasst.

Im November letzten Jahres hat der Netzwerkausrüster außerdem die neue Forschungsplattform X Labs angekündigt, die Netzbetreiber, Technologieanbieter und Partner aus verschiedenen Branchen zusammenbringen soll. Während HIRP eher technische Innovationen voranbringen soll, geht es den X-Lab-Teilnehmern in erster Linie um die gemeinsame Entwicklung von Anwendungsfällen des neuen Mobilfunkstandards. Forschungsschwerpunkte sind in diesem Jahr laut Huawei die Bereiche Wireless VR/AR (Virtual Reality/Augmented Reality), Connected Drones, Connected Cars und Wireless Robotics. In Europa sind die X-Lab-Schwerpunktthemen darüber hinaus autonomes Fahren, Smart Factory und Health Care.

Mit den Bestrebungen versucht Huawei, die kommenden Herausforderungen mithilfe eines offenen Ökosystems und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern zu stemmen. So hieß es unter anderem auf dem European Innovation Day in London, "dass kein Unternehmen die Digitalisierung alleine schaffen kann." Dabei denkt der Netzwerkausrüster nicht nur an technische Innovationen, sondern hat bereits die ersten Anwendungsfälle fest im Blick. Als Hersteller der Infrastruktur will Huawei seinen Erfolg in Europa weiter ausbauen und von dort aus global ausweiten.

Timo Scheibe ist Redakteur bei der LANline.

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