WLAN im industriellen Umfeld

Mit Messung zum Erfolg

16. Juli 2018, 7:00 Uhr | Thomas Passlack

IT-Netzwerke sind aus modernen Geschäftsprozessen nicht mehr wegzudenken. Drahtlose Verbindungen gewinnen auch im industriellen Umfeld zunehmend an Bedeutung. Umso wichtiger ist es daher, eine optimierte WLAN-Abdeckung im Unternehmen zu erreichen.

Eine kabellose Netzwerkinfrastruktur ist mittlerweile in industriellen Umgebungen ein geschäftskritischer Faktor geworden und wird auch in Zukunft weiter an Bedeutung zulegen. Sollen Kommissionierungsroboter in Hochregallagern innerhalb eines großen Aktionsradius flexibel agieren können, stößt kabelgebundene Netzwerktechnik ebenso schnell an ihre Grenzen wie bei hallenübergreifenden Anforderungen, etwa beim mobilen Scannen von Barcodes. Daher steuern eine wachsende Zahl an drahtlosen Systemen Fertigungsstraßen, Förderbänder und andere automatisierte Abläufe. Moderne Ortungssysteme weisen Gabelstaplern und Flurförderfahrzeugen ihren WLAN-gesteuerten, optimierten Weg durch den Produktionsprozess. Auch die mobile Telefonie kann über WLAN flexibler sein, wenn eine flächendeckende Erreichbarkeit im gesamten Betriebsgelände über Büro-, Hallen- und Lagergrenzen hinweg gewährleistet sein soll.

Um die WLAN-Abdeckung innerhalb eines Unternehmens, einer Produktions- oder Lagerhalle zu optimieren, ist jedoch eine professionelle Planung notwendig. Ein Aufwand, der sich rechnet. Denn ein funktionierendes WLAN-System entlastet die Mitarbeiter der IT-Abteilung, die deutlich weniger Zeit für Troubleshooting aufwenden müssen. Und letztlich sparen Unternehmen auch Kosten bei der Hardwareanschaffung ein, denn nur die wirklich benötigten Access Points (APs) kommen zum Einsatz.

Probieren geht nicht über Studieren

Reicht die vorhandene WLAN-Abdeckung im Betriebsgebäude nicht aus, wird daraus oft die falsche Konsequenz gezogen: In einen Bereich mit schlechter Abdeckung zwischen zwei APs positioniert man einfach ein zusätzliches Gerät, ohne die Ursachen zu analysieren. In vielen Fällen löst dies das Problem nicht, sondern verschärft es sogar, wenn etwa Kanalüberschneidungen und Signalstörungen die Leistung bis dahin funktionierender APs beeinträchtigen. Mehr Access Points = bessere Abdeckung: Diese Gleichung stimmt nur bedingt.

Im schlimmsten Fall müssen die IT-Verantwortlichen anschließend alle Access Points neu positionieren und hierzu möglicherweise Decken öffnen sowie Kabel neu verlegen. Ob das Ergebnis im Anschluss besser ausfällt, bleibt mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Spätestens jetzt wird klar, dass professionelle WLAN-Planung mit der "Probieren geht über Studieren"-Methode nicht zum Erfolg führen kann.

In den letzten Jahren hat sich in Unternehmen deshalb die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine professionelle WLAN-Planung nur mittels einer softwaregestützten Simulation erfolgen kann oder man eine Ortsbegehung (Site Survey) durchführen muss, um die Schwächen und Fehler eines existierenden WLANs zu beheben.

Für ein gutes WLAN-Planungsergebnis gilt es, im Vorfeld einige wichtige Fragen zu klären, allen voran die bauliche Situation und die räumlichen Gegebenheiten. Hierfür ist ein Gebäudeplan, ein Grundriss, eine CAD-Zeichnung etc. unerlässlich. Sinnvoll ist der Hinweis auf weitere Besonderheiten, die nicht aus dem Plan hervorgehen, wie beispielsweise verbaute Materialien oder das Inventar. Alles, was die Ausbreitung der WLAN-Signalstärke beeinträchtigt, muss bei der Planung Berücksichtigung finden.

Zudem sind weitere Parameter im Vorfeld zu besprechen: Welche Vorgaben hinsichtlich Signalstärke, Datenrate, Anzahl der Access Points, Signalrauschabstand, Kanalüberschneidung etc. sind zu erfüllen? Und nicht zu vergessen: die grundlegend verschiedenen Dämpfungswerte innerhalb der unterschiedlichen Umgebungen. Während in Bürogebäuden meistens niedrige Decken und Leichtbauwände vorzufinden sind, breitet sich das WLAN-Signal in Industrieumgebungen ganz anders aus. Hallen und Hochregallager mit einer Höhe von über zehn Metern, massive Stahl- und Betonkonstruktionen, das Dämpfungsverhalten gelagerter Ware oder großer Maschinen - das alles gilt es im Rahmen einer professionellen WLAN-Planung zu berücksichtigen. Das ist möglich, setzt allerdings einige Erfahrung voraus.

Punktuelle Messungen im Gebäude

Die Planung von kabellosen Netzwerken per Simulation lässt sich mit hoher Genauigkeit durch eine Referenzmessung stützen. Hierzu führt man punktuelle Messungen in einem repräsentativen Gebäudeteil durch und vergleicht die Messergebnisse mit der Simulation, um die Richtigkeit der angenommenen Dämpfungswerte zu verifizieren. Eine weitere sinnvolle Ergänzung für höchste Genauigkeit ist die provisorische Installation der Access Points im Gebäude und anschließende Vermessung. Die Interpretation der Messergebnisse ermöglicht eine Optimierung der Installationspunkte und Kanäle. Abschließend werden die Access Points an den dokumentierten Positionen fest installiert. Eine Kontrollmessung des fertig installierten WLANs kann zusätzlich erfolgen. Dieses Verfahren ist am aufwändigsten und eignet sich vor allem für komplexe Gebäudearchitekturen.

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Für eine genaue Fehleranalyse vermisst und visualisiert man das WLAN im Betrieb während einer Begehung (Site Survey) des gesamten relevanten Bereichs. Bild: Avanis

Eine WLAN-Planung, die auf Basis einer Softwaresimulation erfolgt, setzt natürlich voraus, dass noch kein solches existiert. Ist bereits ein drahtloses Netzwerk implementiert, das aber den Ansprüchen nicht genügt oder sich störanfällig zeigt, muss eine genaue Fehleranalyse erfolgen. Hierzu vermisst und visualisiert man das WLAN im Betrieb während einer Begehung des gesamten relevanten Bereichs.

Ortsbegehung

Zu diesem Zweck begeht ein mit Laptop sowie Messadaptern ausgerüsteter Site-Survey-Ingenieur gleichmäßig das zu vermessende Areal. Die kalibrierten Messadapter zeichnen dabei alle relevanten Signale auf. Die anschließende Analyse der Feldstärke, des Signal-Rauschabstands, der Interferenzen, Kanalüberschneidungen und der vorliegenden Datenrate mittels einer Durchsatzmessung ermöglicht das Auffinden von Störquellen und/oder Funklöchern. Die abschließende Dokumentation gibt dem Betreiber die Möglichkeit, Fehlerquellen zu beseitigen und die korrekte Funktion wiederherzustellen. Eine Kontrollmessung des modifizierten WLANs kann zusätzlich erfolgen.

Die Möglichkeiten, die ein perfekt geplantes WLAN eröffnet, reichen weit. Ein möglicher Zusatznutzen ist die sogenannte Echtzeitortung. Ob Betriebsmittel oder Komponenten in Fertigungshallen, Paletten in Warenlagern, geparkte Fahrzeuge im Logistikterminal - mit Echtzeitortungssystemen lassen sich gesuchte Objekte problemlos lokalisieren. Defekte Geräte kann ein Mitarbeiter auf Knopfdruck melden und so die Ausfallzeiten minimieren. Wertvolle Betriebsmittel kann das Unternehmen kostengünstig gegen unerlaubtes Entfernen oder Diebstahl sichern. Die Liste lässt sich erweitern: automatisierte Zählfunktionen, Bewegungssensoren zur Optimierung innerbetrieblicher Laufwege und Routine-Checks sind ebenfalls möglich. Ganz besonders dem Schutz der Mitarbeiter kommt ein Sicherheits-Monitoring über das WLAN zugute, etwa an abgelegenen Einzelarbeitsplätzen und in sauerstoffreduzierten Server-Räumen oder Archiven. Bereitschaftsdienste, Nachtschichten oder Wach- und Sicherheitsdienste lassen sich durch Ortungssysteme ebenfalls effizient absichern.

Fazit

Die Abhängigkeit von drahtlosen Netzwerken wird in Zukunft weiter steigen - auch im industriellen Umfeld, wo die Rahmenbedingungen besonders anspruchsvoll sind. Umso wichtiger ist es, das WLAN professionell zu planen und auf seine Tauglichkeit bezüglich der gestellten Anforderungen zu überprüfen. Das finnische Unternehmen Ekahau hat mit der Software "Ekahau Site Survey" (ESS) ein Planungs-Tool entwickelt, das heute als Industriestandard gilt. Doch die Anwendung will gelernt sein. Wem die Einarbeitung in das Programm zu aufwändig ist oder wer die Investition in die Software scheut, der kann einen Dienstleister mit der Planung beauftragen.

Thomas Passlack ist Geschäftsführer von Avanis, www.avanis.de.


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