WAN-Bündelung zur Standortvernetzung

Mix unterschiedlicher Kanäle

7. Mai 2013, 6:00 Uhr | Achim Lanser/pf, Marketing-Manager bei Viprinet Europe.

Das Übertragungsmedium spielt bei der Standortvernetzung eine gewichtige Rolle: Es entscheidet über Bandbreite, Ausfallsicherheit und Kosten. Als Alternative zu kostspieligen Hochleistungsverbindungen bietet sich die WAN-Bündelung mehrerer preiswerter Kommunikationskanäle an. Mit der richtigen Technik lassen sich dabei auch leitungs- und funkbasierende Internet-Zugänge unterschiedlicher Provider beliebig kombinieren.Im Februar 2011 äußerte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Thema Breitbandversorgung wie folgt: "Wir wollen, dass drei Vierteln der Bevölkerung bis 2014 das Internet mit einer Übertragungsrate von 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung steht. Dafür müssen wir noch viel investieren." Heute, im Jahr 2013, weiß niemand genau, wie weit die Breitbandversorgung mittlerweile gediehen ist, da die Informationslage diffus erscheint. Experten gehen davon aus, dass das geäußerte Ziel nicht annähernd zeitgerecht erreichbar ist. 25 Prozent der Bevölkerung bleiben bei diesem Plan bis auf Weiteres ohnehin nur "grundversorgt", das sind gut 20 Millionen Bürger. Das angesprochene "Breitband-Internet" in seiner untersten Entwicklungsstufe bietet - abseits der besser angebundenen urbanen Gebiete - Bandbreiten zwischen 384 kBit/s und 2 MBit/s. Die Verfügbarkeit solcher Anbindungen liegt bei zirka 97 Prozent. Dies bedeutet, dass das Internet an knapp elf Tagen jährlich nicht verfügbar ist. Als Abhilfe aus der Bandbreiten- und Verfügbarkeitsproblematik stehen Unternehmen Standleitungen und MPLS-Anbindungen zur Verfügung - je nach Lage und Bandbreite einige tausend Euro im Monat teuer und ohne zusätzliche kostenintensive Service-Verträge nur zu 98,5 Prozent verfügbar. Dies sind immer noch fünf Tage im Jahr, an denen das Unternehmen keine IT-Verbindung zur Außenwelt hat, was ein hohes wirtschaftliches Risiko darstellt.   Kombination preisgünstiger Zugänge Abhilfe für solche Szenarien schafft die so genannte WAN-Bündelung, die mehrere unterschiedliche Verbindungen - seien sie leitungs- oder funkbasierend - zu einer virtuellen Standleitung mit hoher Bandbreite und Ausfallsicherheit zusammenschaltet. Innerhalb jeder Verbindung wird dabei ein sicherer VPN-Tunnel erzeugt. Da sich für die Bündelung günstige Endkundenangebote verwenden lassen, ergibt sich damit eine wirtschaftliche Internet-Anbindung, die praktisch überall realisierbar ist und durch die Kombination verschiedener Übertragungswege eine Verfügbarkeit von fast 100 Prozent aufweist. Damit ist diese Technik besonders für Unternehmensnetzwerke und Standortanbindungen geeignet. Beim IP-gesteuerten Datenverkehr werden die Daten bekanntlich in Pakete aufgeteilt und diese sequenziell über eine Leitung transportiert. In der Praxis bedeutet dies, dass eine einzelne DSL-Leitung, über die IP-basierender Datenverkehr läuft, wie eine "einspurige" Übertragungsstrecke wirkt. Fällt diese Leitung aus, findet stoppt der Transport. Die maximale Übertragungsgeschwindigkeit einer solchen Einzelverbindung ist zudem aus physikalischen oder vertraglichen Gründen begrenzt. Diese Restriktionen lassen sich auf der Basis des Standard-IP-Protokolls nicht umgehen, sie gelten damit für alle herkömmlichen Techniken zur WAN-Beschleunigung wie Load Balancing und WAN-Optimierung. Anders verhält es sich bei der WAN-Bündelung: Mithilfe eines erweiterten IP-Stacks, der die Verteilung von zu übertragenden Datenströmen auf mehrere parallel verlaufende WAN-Verbindungen ermöglicht, lassen sich mehrere unterschiedliche Transportspuren wie eine einzige breite Transportspur nutzen. Die Übertragungsgeschwindigkeit wächst dabei annähernd auf die Summe der Einzelbandbreiten der gebündelten Verbindungen. Die verschiedenen WAN-Links treffen dann auf einem so genannten Hub in einem Rechenzentrum wieder zusammen, der die Daten in die richtige Reihenfolge bringt und zu ihrer endgültigen Zieladresse im Internet oder via VPN-Tunnel verschlüsselt in die Unternehmenszentrale weiterleitet.   Getrennte Wege über unterschiedliche Provider Fasst die WAN-Bündelung beispielsweise zwei ADSL-Leitungen unterschiedlicher Provider zusammen, so ergeben sich gleich mehrere technische Herausforderungen. Da die POPs (Points of Presence) der Provider an unterschiedlichen Orten angesiedelt sind, bedeutet dies allein durch die verschiedenen Entfernungen unterschiedliche Signallaufzeiten. Hinzu kommen Unterschiede aufgrund anderer beteiligter Netzwerkkomponenten (Router, Switches oder Medien) auf den jeweiligen Routen. Eine einfache Verteilung der Daten auf die WAN-Verbindungen genügt daher nicht, der Datenstrom ist an einem Endpunkt auch wieder in der richtigen Reihenfolge zusammenzusetzen. Dieser Vorgang muss zudem in beiden Richtungen möglich sein. Daher besteht eine WAN-Bündelungsstrecke immer aus mindestens zwei korrespondierenden Komponenten. Bei mehr als zwei Objekten lässt sich eine Sternstruktur bilden. Ein Beispiel aus der Praxis: Die WAN-Bündelung soll zwei leitungsgebundene ADSL-Verbindungen mit einer LTE-Mobilfunkverbindung kombinieren. Die DSL-Verbindungen verfügen beispielsweise über eine nominelle Bandbreite von jeweils 3 MBit/s (also zirka 3 MBit/s im Downstream und 300 kBit/s im Upstream) sowie eine Latenz von 20 ms. Die LTE-Verbindung wiederum bietet einen Upstream von theoretisch 5,7 MBit/s und einen Downstream von theoretisch 21,6 MBit/s mit einer Latenz von 75 ms. "Theoretisch" übrigens deshalb, weil Mobilfunk ein Shared Medium darstellt, und die individuell erreichbare Bandbreite maßgeblich von der Bandbreite der Anbindung der Funkzelle, der Anzahl der eingebuchten Benutzer sowie deren Datenverkehrsaufkommen beeinflusst ist. Ziel der WAN-Bündelung ist auch unter solchen Praxisbedingungen eine für Einzelanwendungen nutzbare Gesamtbandbreite, die in etwa der Summe der Einzelbandbreiten entspricht. Professionelle WAN-Bündelungssysteme analysieren daher permanent, welche Übertragungskapazitäten welche Leitung aktuell zur Verfügung stellt. Anhand der Ergebnisse über die verfügbare Bandbreite und die aktuelle Latenz steuert das System die Übertragung. Zudem gilt es den zu übertragende Datenverkehr hinsichtlich seiner Beschaffenheit zu analysieren. So benötigen zum Beispiel VoIP-Datenpakete oder Datenpakete, die Informationen für zeitkritische, interaktive Anwendungen enthalten, eine priorisierte Zuteilung von Transportkapazität auf den Verbindungen mit niedriger Latenz. Anderer Datenverkehr benötigt eventuell Garantien auf Mindestbandbreiten oder soll bevorzugt auf Verbindungen mit günstigen Transportkosten erfolgen. Diese Zuordnung muss verbindungsübergreifend möglich sein, im Unterschied zum verbindungsabhängigen Load Balancing, das dies nicht leistet. Zwei unterschiedliche Mechanismen gewährleisten bei der WAN-Bündelung die adaptive und dynamische Verteilung von Daten auf die geeigneten Leitungen: Traffic Shaping nach Datentyp sowie Quality of Service zur Regelung der Verteilung von Datenarten anhand definierter Regeln.   Einsatz bei mobilen Außenstellen Der Schwierigkeitsgrad steigt, wenn sich die Charakteristik gebündelter Verbindungen innerhalb kürzester Zeiträume unabhängig voneinander verändert, so zum Beispiel bei der Anbindung sich bewegender Fahrzeuge über Mobilfunk, der ja auf vielen kleinen Funkzellen basiert. Die Verbindungsgüte variiert mit zahlreichen Einflussfaktoren wie Geschwindigkeit des Fahrzeugs, Witterung, Ablenkung von Signalen durch Gebäude, Entfernung zur Funkzelle, Wechsel zwischen Funkzellen inklusive eventuell notwendiger Protokollwechsel und noch einigen anderen. Die WAN-Bündelung adaptiert dabei die sich schnell ändernden Gegebenheiten. Bestimmte Betriebsarten in der Datenübertragung wie zum Beispiel Video-Streaming bedingen spezielle Übertragungsmodi, sei es hinsichtlich optimaler Übertragungsrate mit Null-Fehler-Toleranz oder der Minimierung des "Videoruckelns" aufgrund Taktzitterns (Jitter), indem die erneute Übertragung verlorener Pakete verhindert wird. Auch dies muss eine WAN-Bündelung leisten.   Bandbreite plus Ausfallsicherheit Durch die Aggregierung der Einzelbandbreiten verschiedener WAN-Medien aus dem Gesamtangebot, bestehend aus xDSL, Kabel, 3G, 4G/LTE, Wimax und Satellit in der geeigneten Kombination lässt sich - unabhängig vom Einsatzort - die jeweils maximal verfügbare Bandbreite erreichen - und dies bei niedrigen Kosten. Dank der Kombination unterschiedlicher WAN-Verbindungen, die sowohl leitungs- als auch funkbasierend sein können und über verschiedene Provider laufen, ist eine sehr hohe Ausfallsicherheit auf Verbindungsebene gewährleistet. Geräte für die professionelle WAN-Bündelung bieten zusätzlich sowohl auf der Seite der anzubindenden Standorte als auch im Rechenzentrum höchstmögliche Ausfallsicherheit durch redundante Systeme, die einander im Schadensfall ersetzen. Dies kann sogar RZ-übergreifend erfolgen. Auch die Datensicherheit ist bei WAN-Bündelung gewährleistet, da für jede einzelne WAN-Verbindung jeweils ein eigener VPN-Tunnel mit Hardwareverschlüsselung aufgebaut wird. Dies bietet in Verbindung mit einem proprietären IP-Stack und einer zufälligen Verteilung der Daten auf verschiedene WAN-Verbindungen höchste Sicherheit. Selbst wenn jemand einen einzelnen VPN-Tunnel erfolgreich hacken sollte, findet er dort nur unbrauchbare Datenfragmente der Gesamtübertragung. Alles zusammengenommen erweist sich WAN-Bündelung damit als leistungsfähige Technik, die schlechte Breitbandversorgung, unzureichende Ausfallsicherheit oder mangelnde Wirtschaftlichkeit einzeln oder in beliebiger Problemkombination auf einen Schlag behebt - gleichgültig ob im stationären oder mobilen Einsatz.

Standortvernetzung: Die Kommunikation zwischen den Standorten sowie der Zugriff auf die Server im RZ laufen bei der WAN-Bündelung immer über den zentralen VPN-Hub. Auch der Zugang zum Internet erfolgt für beide Standorte über den VPN-Hub.
LANline.

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