Switches für Industrial Ethernet

Robuste Netz-Manager

3. Dezember 2009, 15:00 Uhr | Uwe Nolte/jos

Ethernet-Netzwerke sind heute für den Datenaustausch in technischen Einrichtungen wie Produktionsmaschinen oder Mess- und Analysesystemen unerlässlich. Die Netze dienen zur Kommunikation der intelligenten Komponenten untereinander, beispielsweise der Steuerung und den Geräten zum Bedienen und Beobachten, doch zunehmend laufen über das Ethernet auch zeitkritische Messwerte und Befehle zur Bewegungssteuerung.

Industrielle Infrastrukturkomponenten, die sich auf DIN-Hutschiene im Schaltkasten montieren
lassen, sind bei den rauen Umgebungsbedingungen im Produktionsprozess besonders gut geeignet (Bild
1). Zentrale Aufgabe der Ethernet-basierenden Infrastruktur im Feld ist es, die Automatisierungs-
oder Messprozesse in Echtzeit sicherzustellen. Gleichzeitig sollen die Komponenten für den
Automatisierer bei der Inbetriebnahme und im Service auch gut handhabbar sein. Über die Funktion
innerhalb des Produktionssystems hinaus bindet das Ethernet jedoch auch das überlagerte
Produktions- oder Hallennetz an und ermöglicht so einen durchgängigen Datenaustausch zwischen der
Maschine und den überlagerten Unternehmensprozessen. Für das Design des technischen Systems sind
daher Echtzeitverhalten, Service- und Diagnoseeigenschaften sowie die Integration in das
Betreibernetz zu betrachten.

Echtzeitübertragung sicherstellen

Die dynamischen Systemeigenschaften – wie etwa die Taktzeit einer Maschine oder das
Abtastintervall eines Messsystems – erfordern Antwortzeiten, die vielfach im Bereich von
Millisekunden liegen. Für eine Fast-Ethernet-Übertragung mit 100 MBit/s ist das kein Problem, da
die Übertragungslatenzzeiten bei typischen Telegrammlängen üblicherweise wenige zehn Mikrosekunden
betragen. Allerdings konkurrieren im Netz Standard-IT-Dienste wie beispielsweise ein Dateitransfer
oder Datenbankzugriffe mit der zeitkritischen Prozessdatenübertragung um den Netzzugriff. Dieser
Konflikt lässt sich sehr gut mit einer prioritätsgesteuerten Weiterleitung der Ethernet-Pakete
durch Switches lösen. Dadurch ist sichergestellt, dass der Datenverkehr höherer Priorität – wie
zeitkritische Prozessdaten – bei hoher Auslastung des Netzwerks nicht durch niedriger priorisierten
Datenverkehr ausgebremst wird.

In modernen Automatisierungsprotokollen wie Profinet RT (Realtime) ist die
Prioritätsinformation zu diesem Zweck bereits gemäß IEEE 802.1Q in den VLAN-Tag (Virtual Local Area
Network) des Ethernet-Datenpakets eingetragen und wird dann von den Switches gemäß der
Traffic-Priorisierung nach IEEE 802.1p ausgewertet. Die Netzwerkkomponenten bedienen dazu neben der
Queue für die Standardkommunikation eine separate Queue für den hochpriorisierten Datenverkehr
(Bild 2). Leider unterstützen nicht alle in zeitkritischen Applikationen eingesetzten Endgeräte und
Anwendungsprotokolle Priority-Tagged-Ethernet-Pakete. Gegenbeispiel: Mit den Smart und Lean Managed
Switches aus der Produktfamilie Factory Line von Phoenix Contact lässt sich die Priorität für
zeitkritische Endgeräte wie Steuerungen oder Sensormodule über den Switch Port-bezogen
konfigurieren. Der Stellbefehl der Steuerung läuft dann netzwerkweit mit eingefügten hohem
Priority-Tag zum Aktormodul. Die Konfiguration erfolgt dabei anwenderfreundlich über den
integrierten Web-Server des Switches (Bild 2b).

Neben Datendurchsatz und Echtzeiteigenschaften bestimmt die gewählte Infrastruktur in
entscheidendem Maße die Netz- und Anlagenverfügbarkeit. Dabei ermöglicht die Verwendung von Managed
Switches redundante und diagnosefähige Netzstrukturen. Die industrielle Eignung messen viele
Anwender auch daran, mit welchem Aufwand sich Infrastrukturkomponenten montieren, anschließen, in
Betrieb nehmen oder im Service-Fall tauschen lassen. Ist ein einzelner Switch noch einfach über den
integrierten Web-Server konfigurierbar, ist bei einer Vielzahl von Geräten ein zentrales Management
wünschenswert.

Servicefreundliche Netze

Software-Tools wie Config+ bieten dazu die gleichzeitige Parametrierung mehrerer Komponenten.
Muss man viele Switches im System mit identischen Parametern versorgen, ergibt sich durch Nutzung
eines speziellen Assistenten für die Multigeräteparametrierung ein erheblicher Zeitvorteil bei der
Projektierung. So können die Techniker die Management-Einstellungen wie Datenpfadredundanz, SNMP
Trap Receiver oder die Topologieerkennung gleichzeitig für alle Switches im Netzwerk konfigurieren.

Doch wie sieht es beim Gerätetausch im Service-Fall aus? Während Unmanaged Switches
prinzipbedingt einfach zu handhaben sind, benötigen Managed Switches beim Gerätetausch
anwendungsspezifische Einstellungen. Unterstützen die Infrastrukturkomponenten jedoch einen
wechselbaren Konfigurationsspeicher, können die Inbetriebnahme und ein möglicher Gerätetausch im
Service-Fall komplett ohne zusätzliche Konfigurationseinstellungen erfolgen.

Integration in das Betreibernetz

Hersteller von Produktionsmaschinen stehen immer wieder vor der Herausforderung, die
IP-Adressen der Endgeräte innerhalb der Maschinen so zu vergeben, dass sich dieser IP-Adressraum in
das Betreiber- oder IT-Netz integriert. In der Regel weist die Betreiber-IT der Maschine freie
IP-Adressen zu. Die individuelle Konfiguration jedes einzelnen Ethernet-Endgerätes ist aber
aufwändig und fehlerträchtig. Mitunter ist sogar eine Änderung der Steuerungsprogramme
erforderlich. Diese Anforderungen stehen daher im Widerspruch zum Wunsch des Maschinenherstellers
nach einer wirtschaftlichen Serienproduktion und dem Einsatz bewährter standardisierter Module.
Sollen baugleiche Maschinen an einen Kunden geliefert werden, die dann in einem Netzwerk gemeinsam
arbeiten, führt dies zu einem hohen unvertretbarem Konfigurationsaufwand (Bild 3).

Eine elegante Abhilfe schafft die 1:1-Network-Address-Translation, kurz 1:1-NAT, bei der die
Adressbereiche innerhalb der Maschine jeweils gleich bleiben, jedoch für das überlagerte
Automatisierungsnetz auf den gewünschten IP-Adressbereich "umrangiert" sind. Dies leisten
Infrastrukturkomponenten, die die 1:1-NAT-Funktion unterstützen. Sie ermöglichen so die Verwendung
mehrerer Systeme, die einen identischen IP-Adressraum in einem übergeordneten Netzwerk belegen.
Damit entfällt für den Maschinenhersteller die aufwändige individuelle Konfiguration von
Serienmaschinen. Lediglich für die Layer-3-Infrastukturkomponente sind noch
Konfigurationseinstellungen notwendig. Besonders wirtschaftlich lässt sich dies mit Switches lösen,
die die 1:1-NAT-Funktion für den Uplink-Port mit der Switching-Funktionalität kombinieren.

Factory Line NAT-Switches

Der FL NAT Switch vereint Routing- und Switching-Funktionen in einem Gerät. Mit dem FL NAT SMN
8TX ist es möglich, einzelne Maschinen mit den stets gleichen IP-Adressen auszustatten und diese
dann einfach in die für die Applikation benötigten IP-Adressbereiche des überlagerten
Unternehmensnetzes umzusetzen. Das 1:1-NAT (Network Address Translation) sorgt für das statische
Mapping einer interne IP-Adresse aus dem LAN auf eine externe IP-Adresse aus dem WAN. Somit
erreicht ein externer Host das interne Gerät, als wären beide im selben Subnetz.

Der NAT Switch bietet Routing und 1:1-NAT für den WAN-Port (Uplink). Als
Standard-Switch-Ports für das unterlagerte Netzwerk dienen die weiteren Ports dem schnellen
Datenaustausch innerhalb der Maschine. Dafür stehen wichtige Daten-Management-Funktionen wie
Priorisierung (Quality of Service), Redundanz und Port-Spiegelung zur Verfügung. Der FL NAT SMN 8TX
lässt sich über einen Web-Server sowie über SNMP (Simple Network Management Protocol)
konfigurieren. Der wechselbare Konfigurationstecker FL MEM Plug soll eine einfache Inbetriebnahme
und den Austausch im Fehlerfall sicherstellen.


Dipl.-Ing. Uwe Nolte ist bei Phoenix Contact Electronics in Bad Pyrmont tätig.


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