Branchen- und applikationsübergreifender Verbund für Single-Pair-Ethernet-Technik

SPE System Alliance will IIoT vorantreiben

23. April 2020, 12:20 Uhr | Von Dr. Jörg Schröper.

Die Technikpartnerschaft der Unternehmen Phoenix Contact, Weidmüller, Reichle & De-Massari (R&M), Fluke Networks sowie Telegärtner für das Single Pair Ethernet (SPE) hat sich zu einer SPE System Alliance entwickelt. In dieser Gruppe haben sich nun mehrere Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Anwendungsbereichen zusammengeschlossen, die ihr SPE-Know-how bündeln und zielorientiert austauschen wollen. Die Partner der System Alliance verfolgen nach eigenen Angaben das Ziel, SPE für das Industrial Internet of Things (IIoT) weiter voran zu treiben und in angrenzende Bereiche einzuführen. Der System Alliance sind jetzt auch Dätwyler, Kyland, Microchip Technology, Rosenberger, Sick, O-Ring, Draka/Prysmian Group und University4Industry beigetreten.

Das Netzwerk diene der Zusammenarbeit an technischen Herausforderungen bei der Umsetzung von SPE in IIoT-Anwendungen, so eine Mitteilung. Die Unternehmen haben das Ziel, den eigenen Know-how-Aufbau für die SPE-Technik zu beschleunigen und darüber eine schnellere und zuverlässigere Implementierung in ihre Produkte zu ermöglichen. Durch die Ausrichtung zu einer branchen- und applikationsübergreifenden Austauschplattform kommen daher Unternehmen aus allen zukünftigen SPE-Ecosystemen zusammen, heißt es seitens der Allianz weiter. Der Blick sei dabei nicht auf Einzelaspekte wie die Anschlusstechnik fokussiert. Es gehe um Fragestellungen und Herausforderungen, die im Zusammenhang mit SPE bei vielen Marktteilnehmern nach wie vor bestehen. Regelaustauschformate und gemeinsame Projektaktivitäten bieten Raum für enge Kooperationen. Die Mitglieder arbeiten bereits in ersten Subcommunities zusammen, unter anderem in den Bereichen der Anschlusstechnik, Normung, SPE-Use-Case-Beschreibung oder auch für Kabellösungen.

Zu den Themen gehört zum Beispiel SPE im Bereich Automotive, denn in den heutigen Fahrzeuggenerationen kommen Ethernet-Systeme in wachsendem Maße zum Einsatz. Durch die Vernetzung von Steuergeräten und Sensoren lassen sich weitere Innovationen in den Bereichen Fahrerassistenzsysteme, wie LiDAR, hochauflösende Displays, autonomes Fahren, 4K Kameras und Infotainment realisieren. Die Entwicklung des automobilen Ethernets hat zu zwei IEEE-Standards geführt: 100Base-T1 (100 MBit/s basierend auf BroadR-Reach-Technik) sowie 1000Base-T1 (1 GBit/s). Aus den Anforderungen an den Gesamtkanal wurden Grenzwerte für die Steckverbinder und Kabel sowie damit einhergehende Messverfahren definiert. Das Partnerunternehmen Rosenberger beteiligte sich federführend an der Standardisierung in beiden Gremien in den Bereichen Automotive-Steckverbinder-Design, Signalintegrität und EMV.

Ein weiterer Punkt ist SPE für Building Automation. Smarte Gebäude und Fabriken lassen sich durch das Internet of Things (IoT) einfacher und günstiger realisieren. Mit dem IP-Protokoll lassen sich LED-Lampen, Schalter, Sensoren, Thermostate, Maschinensteuerungen oder Motoren für Jalousien über das lokale Datennetz und die Cloud mit dem Gebäude-Management-System verbinden. Anwendungsspezifische Feldbus-Systeme entfallen und damit auch Gateways, komplexe Schnittstellen und unterschiedliche Protokolle. Mit der strukturierten Deckenverkabelung (Digital Ceiling) lässt sich die intelligente Gebäudeautomation nahtlos via IP vereinen. Dies vereinfacht Installation, Wartung und Netzwerk-Management. Hohe Datenraten sind meist nicht nötig, dafür eine hohe Anschlussdichte. SPE wird als ideale Ergänzung zur strukturierten Deckenverkabelung angesehen. Die existierende Verkabelung kann einfach mit SPE erweitert werden, um eine höhere Anschlussdichte für Geräte zu erreichen. R&M und Telegärtner bieten Lösungen für die strukturierte Deckenverkabelung an und können aufzeigen, wie sich SPE in eine solche Lösung integrieren lässt.

Zudem geht es um SPE in der passiven Industrieverkabelung. SPE bietet dort eine durchgängige IP-Kommunikation von der Feld- bis in die Unternehmensebene und damit vom Sensor bis in die Cloud. Als Alternative zu den heutigen Feldbussen soll die Technik die industrielle Datenübertragung revolutionieren, so die Alliance. Die Grundlage für die barrierefreie Vernetzung verschiedener Komponenten und Geräte bilden normierte Steckgesichter. Phoenix Contact, Weidmüller, R&M, Rosenberger und Telegärtner entwickeln kompakte Geräte- und Kabelsteckverbinder nach den normierten und vollständig kompatiblen Schnittstellen nach IEC 63171-2 (IP20) und 63171-5 (IP67). Das Steckgesicht ist demnach in alle marktgängigen und normierten Steckervarianten (M8/M12) integrierbar und erlaubt durch hohe Packungsdichte und geringen Platzbedarf eine effiziente und zukunftssichere Verkabelung.

SPE in der Sensorik soll ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Sensoren als intelligente Datenlieferanten werden neben der klassischen Automatisierungstechnik heute immer mehr über Ethernet-Netzwerke in IIoT-Applikationen eingebunden, so die Allianz. Durch die mit SPE einhergehende Miniaturisierung der Anschlusstechnik ließen sich auch kleinere und kompakte Sensoren an Ethernet-Netzwerke anschließen. Ein weiterer Vorteil ergebe sich durch die Kombination von SPE mit der Energieeinspeisung über die Datenleitungen. Zusätzliche Steckverbindungen zur Spannungsversorgung können dabei entfallen. Der Einsatz von SPE als Standardschnittstelle ermöglicht es den Geräteherstellern zudem, ein schlankes Geräteportfolio mit weniger Varianten anzubieten. Sensoren in einer Maschine oder Anlage lassen sich einfacher verkabeln und reduzieren beim Anwender den Installationsaufwand.

SPE-Kabel und -Leitungen: In den Anwendungsbereichen von SPE sind die Übertragungskanäle aus verschiedenen Kabeln und einer unterschiedlichen Anzahl von Steckverbindungen aufgebaut. Während die Übertragungskanäle mit den Übertragungsparametern wie Bandbreite, Dämpfung, Rückflussdämpfung und Schirmungsmaß in den Systemnormen festgelegt sind (beispielsweise ISO/IEC Normenreihe 11801), müssen Steckverbinder und Kabel angepasst an den jeweiligen Kanal zugeschnitten werden. Führend sind hier die Arbeiten im Komitee IEC46C. Zur Verfügung stehen Kabel mit 20 MHz Bandbreite für die feste Verlegung und Anschlussleitungen passend zu den 10BaseT1-Kanälen sowie Kabel mit 600 MHz Bandbreite für 100BaseT1 und 1000BaseT1 (Normenreihe IEC 61156-11 und folgende).

Ein Vorteil von SPE ist die gleichzeitige Übertragung von Signalen und von Leistung auf der einpaarigen Leitung, etwa vom Switch zum Sensor. In der Gebäudeverkabelung ist dies als PoE bekannt, bei SPE heißt die einpaarige Leitung dann PoDL (Power over Data Line). Abgestimmt auf die Querschnitte und Kanallängen sind mit PoDL-Leistungen bis etwa 15 W übertragbar. Aus den unterschiedlichen Umgebungsbedingungen in der Industrie und im Gebäude ergeben sich Anforderungen an die mechanische, chemische, thermische, brandtechnische oder auch elektromagnetische Widerstandsfähigkeit. Datwyler und die Draka Prysmian Group sind hier die Systempartner, die ihre Erfahrungen einbringen.

Ethernet allgemein und SPE im Besonderen spielen laut der Alliance folglich eine zentrale Rolle für die Etablierung des Industrial Internet of Things. Häufig werde bei der Einführung einer solchen Technik jedoch der Weiterbildungsbedarf der Mitarbeiter nicht berücksichtigt. In diesem Umfeld soll die University4Industry mit Online-Lerninhalten aus verschiedenen Bereichen des IIoT weiterhelfen, beispielsweise zum Thema Ethernet-APL.

Detailinformationen und Möglichkeiten, um mit der System Alliance in Kontakt zu treten, finden Interessierte auf www.singlepairethernet.com.

Dr. Jörg Schröper ist Chefredakteur der LANline.

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