Auf Entdeckungsreise im Silicon Valley

Die Cloud nimmt neuen Anlauf

9. September 2011, 6:00 Uhr | Stefan Mutschler/jos

Während einer einwöchigen Tour durch Silicon Valley hatte der LANline-Korrespondent Gelegenheit, die Firmenzentralen einiger technischer Vorreiter aus den Bereichen Storage, Cloud-Storage und Cloud-Management zu besuchen. Die fundamentale Erkenntnis nach den Gesprächen mit dem jeweiligen Top-Management: Auf lange Sicht führt kein Weg mehr an der Cloud vorbei - und als Nächstes wandern die Datenspeicher von Unternehmen im großen Stil in die Wolke.Einmal mehr weist der Blick in die technische Zukunft von IT-Systemen klar in Richtung Cloud. Dies war der Tenor, den unsere kleine Tour zu neun Unternehmen im wieder auferblühten Silicon Valley hervorbrachte: Arkeia und die Seagate-Tochter i365 propagieren das Backup in der Cloud, für Storsimple ist die Cloud gar die natürliche Erweiterung aller Speichersysteme im Unternehmen. Solix hat zwar selbst kein Cloud-Angebot, sieht sich jedoch mit seiner Funktion als "Applikations- und Datenbesen" als Wegbereiter für die Verlagerung der Daten in die Cloud. A10 Networks optimiert den Weg von Applikationen in der Gegenrichtung: Meist in einer Cloud-Umgebung beheimatete Web-Applikationen sollen mit der Technik des Unternehmens bei den Carriern und Providern - beziehungsweise bei großen Unternehmen auch in den eigenen Rechenzentren - für den Benutzer hinsichtlich Verfügbarkeit, Performance und Sicherheit nach vorne gebracht werden. Quantum - mit 30jähriger Unternehmensgeschichte schon ein Urgestein in der Branche - sieht Virtualisierung und Cloud im Zusammenhang mit Storage zwar vergleichsweise kritisch, das eigene Unternehmen aber durchaus als erste Adresse, um die Probleme dort zu lösen. Coraid behauptet, seine Speichernetzwerk-Architektur auf Basis von "Bare Metal Ethernet" sei Dank hoher Flexibilität und Leistung wesentlich besser für Cloud-Umgebungen geeignet als klassische FC-Strukturen. Zscaler hält nicht nur die Cloud an sich für sicher, in deren Konzept ist ein Cloud-Service sogar das Medium zur Steuerung und Durchsetzung der gesamten IT-Sicherheit schlechthin. Auch Librato liefert einen wichtigen Baustein im Cloud-Puzzle: Das Unternehmen hat sich auf das Cloud-In-frastruktur-Management spezialisiert und liefert kostengünstige Instrumente, um die Cloud-Performance zu messen und zu optimieren.

Storage in der Wolke

Vieles spricht dafür, dass Speichersysteme künftig verstärkt in die Cloud wandern - das wissen nicht nur Arkeia, i365, Solix und Storsimple: Es entstehen keine Investitionskosten, der Speicher ist sofort nutz- und bei Bedarf nahezu beliebig erweiterbar. Bei der Kostenrechnung sieht man jedoch sehr schnell, dass Cloud-Storage im Vergleich zu lokalen Disks und noch mehr den Bändern relativ teuer ist. Dies liegt zum einen am rein Disk-basierenden Service in der Cloud, zum anderen und weitaus ausschlaggebender am teuren Transportweg über öffentliche WAN-Verbindungen. Der Schlüssel, um Cloud Storage im Enter-prise-Maßstab zumindest für bestimmte Zielgruppen konkurrenzfähig zu machen, liegt also darin, die zu transportierenden Daten soweit wie möglich zu reduzieren. Dies geschieht im ersten Schritt über die Beseitigung unnötigen Ballasts (Löschen nicht mehr genutzter Anwendungen und Daten - Konsolidieren oder Archivieren von aktiv beziehungsweise passiv genutzten Daten), gefolgt von Deduplikation (jede Information sollte organisationsweit nur genau einmal gespeichert sein) und von Kompression (algorithmische Verdichtung).

Den vielleicht umfassendsten Ansatz bietet in dieser Hinsicht Solix mit seiner Enterprise-Data-Management-Suite (EDMS) beziehungsweise Exapps-Appliance. Die Besonderheit beider Lösungen (die EDMS ist auch Kern der Appliance) liegt darin, dass hier alle Reduktionsjobs über ein einheitliches Werkzeug gesteuert und durchgeführt werden. Gerade das Application Retirement (so der gängige anglistische Begriff für das Ausmustern von Anwendungen) gilt als äußerst komplex und erfordert bei den wenigen Playern, die so etwas überhaupt anbieten (IBM, HP, Informatica und eben Solix) oft schon allein mehrere unterschiedliche Lösungen für verschiedene Plattformen. Eine Sternstunde für Solix schlägt, wenn es gilt, die Datenbestände zweier (oder mehrerer) Unternehmen in eine gemeinsame Datenbank-umgebung zu konsolidieren, wie es nach Zukäufen, Fusionen etc. der Fall ist.

Solix bearbeitet derzeit ausschließlich strukturierte Daten, wie sie typischerweise in relationalen Datenbanken vorliegen. Sollen die Daten einer ausgemusterten Applikation gesichert werden, setzt EDMS diese in ein tabellarisches Format um und dedupliziert sie mit einer Rate zwischen 40 und 90 Prozent - abhängig von der Art der Daten. Vertrauliche Informationen wie beispielsweise die Daten zu Kreditkarten lassen sich dabei über eine Maskierungsfunktion Compliance-konform verschlüsseln. Für Applikationsumgebungen wie Peoplesoft, JD Edwards, Microsoft, Baan, Oracle und Siebel hat Solix eine Abstraktionsebene für Metadaten entwickelt, die den Zugang zu einem gemeinsamen Set an Diensten zur Verfügung stellt.

Storsimple (wie alle anderen Firmen in dieser Runde) bietet in seinen Lösungen kein Application Retirement, dafür sehr effektive Deduplizierung und Kompression. Sie sind Teil der Appliances des Unternehmens, die den Weg zum "Enterprise Cloud Storage" bahnen sollen. Diese sind einerseits mehrstufige Speichersysteme, andererseits WAN-Gateway in die Cloud. Um die Cloud-Seite muss sich der Nutzer selbst kümmern - ein Angebot als Cloud-Storage-Provider gehört nicht zum Geschäftsmodell des Newcomers aus Santa Clara. Dessen Fokus liegt vielmehr darin, eine intelligente Entscheidung zu treffen, welche Daten zu welchem Zeitpunkt in die Cloud ausgelagert werden sollen. Dafür hat Storsimple eine spezielle Technik entwickelt, die sich "Weighted Storage Layout" (WSL - auf Deutsch etwa: gewichtete Speicherplanung) nennt. In Abhängigkeit verschiedener Faktoren wie Nutzungshäufigkeit und Alter der Daten, Referenzzählern und einigen weiteren entscheidet die Appliance in Echtzeit, welche Daten für eine Applikation notwendig sind und welche in die Cloud ausgelagert werden können. Dabei arbeitet WSL auf Blockebene.

Die WSL-Logik korrespondiert mit dem mehrstufigen Speichersystem, das in die Appliances integriert ist. Der insgesamt nutzbare Speicher beträgt im Modell Storsimple 5010 100 TByte, im Modell 7010 200 TByte. Dies sind jedoch nur die Angaben zum insgesamt logisch nutzbaren Speicher (nach Deduplikation und Kompression) - physikalisch löst sich das etwa im Modell 7010 in 1 TByte SSD (Samsung SLC Flash) und 12 TByte SAS-Festplattenspeicher auf. Auf Basis dieser Physik sortiert WSL alle Daten in vier Kategorien: Die "Rohdaten" landen zunächst in einem Teil des Flash-Speichers (Ebene 1). Bereits hier werden die Daten fortlaufend dedupliziert und in einen anderen Bereich des Flash-Speichers (Ebene 2) verschoben. Dort komprimiert sie das System fortlaufend und verschiebt sie auf die Festplatten (Ebene 3). Bevor sie von hier schließlich in die Cloud (Ebene 4) wandern, erfolgen eine Verschlüsselung und eine weitere Optimierung für den WAN-Verkehr. Der Zugriff auf die 3U-Appliances von LAN-Seite erfolgt über iSCSI.

Sofern der jeweilige Service-Provider mitspielt beziehungsweise entsprechende Dienste anbietet, lassen sich über den Cloud-Aspekt in puncto Sicherheit weitere Vorteile erzielen. So erlauben die Appliances etwa ein Instant-Off-Site-Backup zu vergleichsweise niedrigen Kosten - bei hoher Sicherheit (Provider-abhängig) und von überall im Zugriff. Die technischen Funktionen dahinter nennen sich Cloud-Snapshot - ein über eine gängige Backup/Restore-Software gezogene Schnappschusskopie - und Cloud Clone (ein zusätzlich bei einem anderen Provider gespeicherter Snapshot). Backup, Re-store und Disaster Recovery sollen so nicht nur stark vereinfacht werden - nicht zuletzt durch den Wegfall von Bandspeichern und der damit verbundenen Logistik sollen sich auch die Kosten in erheblichem Ausmaß drücken lassen.

Arkeia will Bandspeicher ebenfalls lieber heute als morgen eliminieren - fallende Preise für WAN-Bandbreiten arbeiten langsam, aber sicher für den Online-Transfer zu einem Speichersystem an einem anderen Ort. Da in Zukunft mit einer Zunahme von Katastrophen zu rechnen sei, werde das Off-Site-Backup immer wichtiger. Regelmäßig Bandkassetten auf einen Lkw zu verfrachten und dann durch die Gegend zu kutschieren hält das Unternehmen für antiquiert - zudem zu langsam, fehleranfällig und letztlich auch zu teuer.

Der auf Backup/Restore und Disaster Recovery spezialisierte Anbieter ist besonders stolz auf seine "progressive Deduplizierungstechnik", die das Unternehmen 2009 mit dem Kauf von Kadena Systems erworben hat. Sie soll beispielsweise Daten in Excel- und Powerpoint-Dateien um 50 Prozent reduzieren, während etwa Backup Exec als populärster Mitbewerber hier nur 25 bis 30 Prozent schaffe. Sie ist einer der Kernbestandteile der Network-Backup-Suite, mit der Arkeia verstärkt die Cloud als Backup-Ziel ins Zentrum rücken will. Die aktuell auch in Deutschland angebotene Version Network Backup 9.0.1 unterstützt mit ihrem Medienserver jedoch sehr wohl auch lokale Speicher wie Bandlaufwerke (auch virtuell) und Festplatten. Bevor der Medienserver die Daten reduziert, sammelt ein Backup-Server sie von den zu sichernden Rechnern über einen dort zu installierenden Agenten ein.

Hinweis: Zu vielen besuchten Unternehmen finden Sie ausführliche Einzelartikel auf LANline.de.

Der Autor auf LANline.de: ElCorrespondente

"Den größten Nutzen haben Anwender unserer Appliances mit Applikationen, deren Daten ein hohes Deduplizierungspotenzial haben und für die aktuelle Arbeit klar in heiße und kalte Daten teilbar sind", so Storsimple Chef-Wissenschaftler Joel Christner.

"Während unsere Mitbewerber jeden Teilaspekt des Information-Lifecycle-Managements und Application Retirements mit unterschiedlichen Produkten bedienen, integriert Solix alle Aspekte in ein einziges Produkt, das zudem für heterogene Speicher- und Datenbankwelten ausgelegt ist", so Sai Gundavelli, CEO bei Solix. Foto: Stefan Mutschler
LANline.

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